Oberhausen (DK) Zum Leben zu wenig, zum Sterben (noch) zu viel. Treffender ist die Situation des FC Ingolstadt nach dem mageren 1:1 am Freitag bei Rot-Weiß Oberhausen kaum zu beschreiben. Wieder einmal verpassten es die Schanzer, im Abstiegskampf der 2. Fußball-Bundesliga einen "big point" zu landen und gaben zum siebten Mal in dieser Saison eine Führung aus der Hand.
Wie es geht, zeigten die Konkurrenten. Osnabrück feierte mit einem Kopfballtreffer in letzter Sekunde einen "dreckigen" 1:0-Sieg in Aue. Der Karlsruher SC holte sich gegen Cottbus – ebenfalls mit einem 1:0 – drei Punkte und kletterte damit sogar auf Platz 15. Der Abstand zum rettenden Ufer beträgt für den Tabellen-17. FC Ingolstadt, der nun schon sechs Spiele ohne Sieg ist, bereits sechs Zähler.
"Wir hatten das Spiel nach dem Ausgleich 25 Minuten lang nicht mehr unter Kontrolle", gestand Sportdirektor Harald Gärtner (Foto) im Rückblick auf die Partie bei RWO. "Nach dem Gegentor haben wir Oberhausen aufgebaut und nicht genug gekämpft. Bei unseren Aktionen hat auch der klare Pass gefehlt oder eben mal eine Einzelaktion", meinte Gärtner, wollte aber vor der richtungweisenden Partie am kommenden Sonntag gegen Schlusslicht Bielefeld nicht auf die Mannschaft einschlagen. "Wenn man es positiv sieht, haben wir einen Punkt mitgenommen. Aber wir wissen auch, dass es schwer wird, die Klasse zu halten, wenn wir keine Spiele gewinnen. Gegen Bielefeld müssen jetzt drei Punkte her", meinte Gärtner, der dann auf einen Schub hofft. "Wir werden die Situation nicht mit einem Spiel bereinigen, sondern müssen den längsten Atem haben."
Obwohl sich der 42-Jährige nach außen hin bemühte, ruhig in die so wichtige Partie im Niederrhein-Stadion zu gehen, konnte er die Anspannung nicht lange verbergen. Demonstrativ gelassen lümmelte sich Gärtner zunächst auf der Tribüne in den eiskalten Plastikschalensitz. Die scheinbare Gelassenheit war jedoch schnell dahin. "Mensch Karl", brüllte Gärtner schon beim ersten Fehlpass und zuckte hoch, um sich gleich wieder in den Sitz zu zwingen. Zum Glück für seine Nerven ging der FC 04 dann in Führung. Markus Karls schönen Flankenwechsel nahm Stefan Leitl auf und vollendete sicher zum 1:0 (27. Minute). Mit einem lang gezogenen "Jaaaa" und geballten Fäusten sprang Gärtner auf und ließ seinen Gefühlen freien Lauf. Frohen Mutes ging der Siegener in die Halbzeitpause. "Wir haben nicht viel zugelassen und hatten die Partie nach dem Tor im Griff. Die Mannschaft muss jetzt weiter kämpfen", sagte er, nicht ahnend, dass die Schanzer im zweiten Durchgang wieder einmal ziemlich enttäuschen würden.
Denn kaum hatte sich Gärtner, ganz in schwarz gekleidet, nach dem Seitenwechsel wieder auf seinen Platz gepresst, schreckte er schon wieder auf. "Mann, das darf doch nicht wahr sein", schrie sich Gärtner nach dem 1:1 durch Ronny König (47.) den Frust aus dem Leib, flüchtete in den Innenraum und ward nicht mehr gesehen. "Ich musste einfach weg, mich bewegen. Ich konnte da nicht mehr ruhig sitzenbleiben", erklärte Gärtner erst am Tag danach.
Nach den Ergebnissen vom Wochenende dürfte das Nervenkostüm des FC-Sportdirektors noch mehr strapaziert werden. Zumal auch die Möglichkeiten hinsichtlich Verstärkungen ausgeschöpft sind. "Wir forcieren im Moment nichts mehr. Außerdem haben wir in allen Mannschaftsteilen etwas gemacht. Die Spieler müssen jetzt ihre Klasse zeigen", sagte Gärtner. Viel Zeit zum Reagieren bleibt ohnehin nicht mehr. Heute Abend läuft die Wechselfrist im deutschen Profifußball ab.
Dann wäre allerdings auch die Chance vertan, sich nochmals nach Verstärkung umzusehen, falls Artur Wichniareks Versuche, fit zu werden, fehl schlagen. Erst am Mittwoch soll sich der 33-Jährige nach seinem Bandscheibenvorfall und dann dreiwöchiger Behandlung einem abschließenden Medizincheck unterziehen, der darüber entscheiden wird, ob der FC 04 weiter auf den Neuzugang baut oder nicht. "Die Chancen stehen 50:50", meinte dazu Gärtner.
Artikel kommentieren