Ingolstadt
Nichts als Lügen

Schwarze Komödie: Jochen Schölch zeigt "Frohes Fest" im Großen Haus

27.11.2018 | Stand 23.09.2023, 5:13 Uhr
Klassisches Clowns-Duo: Sascha Römisch und Ulrich Kielhorn spielen die Polizisten Gobbel und Blunt. −Foto: Fischer

Ingolstadt (DK) Ausgerechnet am Abend vor Weihnachten müssen die Polizisten Blunt und Gobbel eine Todesnachricht überbringen: Eine junge Frau kam bei einem Autounfall ums Leben - und jetzt stehen sie vor dem Haus der Corners und streiten darum, wer klingeln soll.

Nach diversen Anläufen schaffen sie es endlich. Doch als die Tür geöffnet wird, gerät das Duo - voller Sorge um den Gesundheitszustand des ältlichen Ehepaares - in einen Strudel von Missverständnissen und Halbwahrheiten, der in ein riesiges Chaos mündet. Mrs. Connor flüchtet sich in den Wahnsinn, Mr. Connors Herz ist zu schwach für dieses Drama. Und dann mischen da auch noch ein Pastor, die nachbarschaftliche Bürgerwehr und ein Hund mit. "Frohes Fest" hat Anthony Neilson seine 2002 am Royal Court Theatre in London uraufgeführt Komödie genannt, die so schwarzhumorig, tieftragisch, hochkomisch ist, wie nur die Briten das fertigbringen.

2007 hat Jochen Schölch das Stück auf die Bühne seines Metropoltheaters gebracht. Jetzt inszeniert er es noch einmal im Großen Haus des Stadttheaters Ingolstadt. Warum? "Weil es ein gutes Stück ist. Königsklasse! Manchmal gibt es Stücke, die sind nach einer Inszenierung noch nicht erledigt. Und das ist so eins", sagt Jochen Schölch. "Da sind einfach noch viele Fragen offen geblieben. Und natürlich hat man ja auch an Erfahrung über Timing, Rhythmus, Musikalität von Texten gewonnen. "

Es gibt viele Weihnachtskomödien, man denke etwa an Alan Ayckbourns "Schöne Bescherungen", an Gilles Dyreks "Weihnachten auf dem Balkon" oder Patrick Barlows "Messias", aber Anthony Neilsons unterscheidet sich von diesen, weil er nicht nur sozialkritische Themen aufgreift, sondern auch Tabus bricht - und das alles in einem perfekt gebauten Slapstick-Stück. "Ich mag diesen bösen Humor sehr", sagt Jochen Schölch. "Die Briten können das. Weil sie über sich selber lachen können. Da tun sich die Deutschen immer noch schwer. Weil sie fast ausschließlich über andere lachen. "

Aber - räumt er ein: "Man bewegt sich auf einem schmalen Grad. Die größte Herausforderung ist, dass man das Stück komplett ernst nehmen muss - und nicht der Versuchung erliegen darf, hier und da könnte man noch einen Lacher einbauen. Unser Thema ist, wie irreal sich Menschen verhalten, wenn sie komplett überfordert sind. "

Ausgerechnet an so einem emotional überfrachteten Tag wie Weihnachten so eine schlimme Nachricht überbringen zu müssen - das erschwert die Situation zusätzlich. "Wenn man ein empathischer Mensch ist und noch nicht ganz abgestumpft, dann kann einen das schon in eine große Not bringen", erläutert der Regisseur. "Aus dieser Not erwächst der Konflikt. Die großen Konflikte entstehen ja aus dem Wunsch, Konflikte zu vermeiden. Dadurch beginnen die schlimmen Dinge im Leben. "

Im Zentrum findet sich mit dem Polizistenduo Blunt und Gobbel ein Klassiker der Spaßmacher: Weißclown und dummer August, Stan & Ollie, Wladimir und Estragon. Der eine versucht seriös, arrogant, auch ein bisschen eitel und besserwisserisch die Welt mit Ratio zu bewältigen, der andere als sein Gehilfe macht in seiner Kindlichkeit, seiner Neugier, seinen impulsiven Reaktionen, seiner Tölpelhaftigkeit alles wieder kaputt. Sascha Römisch und Ulrich Kielhorn sind Gobbel und Blunt - "zwei erfahrene Schauspieler, die wissen was sie tun", sagt Jochen Schölch.

"Frohes Fest" ist seine achte Produktion in Ingolstadt. Und wieder arbeitet er mit Kostümbildnerin Andrea Fisser und Bühnenbildner Fabian Lüdicke zusammen. Und wie sieht die Bühne aus? "Der Raum ist ein realistisches englisches Wohnzimmer, sonst würde das Stück nicht funktionieren", meint Jochen Schölch. "Man muss den Eindruck bekommen: Das könnte wirklich passieren. "

Premiere ist am Donnerstag, 29. November, um 19.30 Uhr im Großen Haus des Stadttheaters Ingolstadt. Kartentelefon (0841) 30547200.

Anja Witzke