Beilngries
Nicht jammern, sondern helfen

Kooperation unterzeichnet: Fachdienst für lern- und entwicklungsauffällige Kinder nimmt im Herbst seine Arbeit auf

12.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:33 Uhr |

Unterschrift gesetzt: Schulamtsdirektor Rudolf Färber (von links), Jugendamtsleiter Siegmund Hammel und die Beilngrieser Grundschulrektorin Monika Bäumler unterzeichneten die Kooperationsvereinbarung für den Fachdienst, der im Herbst seine Arbeit aufnimmt. - Fotos: M. Schneider

Beilngries/Eichstätt (DK) Mit ihren Unterschriften haben der Jugendamts- und Schulamtschef sowie die Schulleiterin die Zusammenarbeit besiegelt: An der Beilngrieser Grundschule fiel der offizielle Startschuss für den Fachdienst für lern- und entwicklungsauffällige Kinder.

Auffälligkeiten bei Kindern im Lernfortgang oder im sozialen und emotionalen Verhalten möglichst früh erkennen, durch geeignete lern- oder gruppentherapeutische Hilfen möglichst bald eingreifen und so seelische Behinderungen bei den Betroffenen vermeiden: Das ist das Ziel dieses Kooperationsprojektes zwischen Jugend- und Schulamt im Landkreis Eichstätt. Nach einer dreijährigen Modellphase geht es im Herbst richtig los - an sieben Schulen im Kreis. Neben den Schulen aus der Erprobungszeit (Lenting, Gaimersheim und St. Walburg/Eichstätt) stoßen nun Altmannstein, Kösching, Pförring und Beilngries dazu. An letzterer wurde im Beisein von Regierungsschulrätin Manuela Strobl die Kooperationsvereinbarung offiziell unterzeichnet.

"Wir wollen Bürokratie zum Wohle der Kinder abbauen", sagte Schulamtsdirektor Rudolf Färber. So könne man verhindern, dass sich komplexe Situationen bei den Kindern aufbauen, die nach Jahren nur schwer in den Griff zu bekommen seien, hob Jugendamtsleiter Siegmund Hammel hervor. Auslöser, sich über die Kooperation zwischen Jugend- und Schulamt Gedanken zu machen, war die steigende Zahl der Kinder in Hilfsmaßnahmen des Jugendamtes. 2005 wurden insgesamt 107 Kinder vermittelt, 2015 waren es bereits 224, wie Hammel erläuterte. 80 Prozent dieser Kinder kämen aus einem verheirateten Elternhaus und hätten einen IQ im Normalbereich, also zwischen 85 und 115. 90 Prozent hätten keinen Migrationshintergrund. "Wir wollten nicht jammern, wir wollten etwas tun", sagte Schulpsychologin Monika Redl.

Der Fachdienst, den Christiane Wander und Sabine Bierner bilden, soll "ein schneller Weg zu den entsprechenden Hilfen für die Arbeit mit dem Kind" sein, erklärte Schulpsychologin Susanne Tratz. Zunächst sei es möglich, kurzfristig einzugreifen und so einer möglichen Verfestigung der vorhandenen Auffälligkeiten entgegenzuwirken. Bei manchen Kindern, die in der Pilotphase durch den Fachdienst unterstützt wurden, brauche es etwa zehn bis 20 Förderstunden. Rund 50 Schüler der ersten und zweiten Klasse seien in den drei Testjahren aufgefangen worden. Das Resultat: Gut ein Drittel war nach dem Auslaufen der Hilfe auf einem gefestigten Niveau. Bei anderen Kindern hätte es einer weiteren Hilfe bedurft - die aber durch die Vernetzung rasch gefunden sei, so Wander, die das Pilotprojekt begleitet hatte.

Es gehe aber nichts ohne Eltern: Die würden von Anfang an eng in die Beratung und Therapieplanung eingebunden. Zudem würde der Fachdienst nur eingeschaltet, wenn die Erziehungsberechtigten entsprechend zustimmten.

Die Beilngrieser Grundschulleiterin Monika Bäumler erhofft sich von der intensiven Zusammenarbeit und der Präsenz des Fachdiensts eine Schärfung des Schulprofils und, "dass wir gute Hilfe leisten können", betonte sie.

Die Regierung von Oberbayern begleitet das Projekt wachen Auges: Regierungsschulrätin Manuela Strobl erhoffte sich, dass es ein ansteckender Weg wird, den man im Landkreis Eichstätt nun beschreitet. "Alles, was präventiv ist, ist billiger, als was wir hinterher reparieren müssen." Dass Jugend- und Schulamt zusammenarbeiten, sei eine wunderbare Sache. In drei Jahren will man dem Jugendhilfeausschuss Bericht erstatten.

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