Eichstätt
"Neuwahlen letzte Option"

Nach Jamaika-Aus: Lokalpolitiker halten Minderheitsregierung nicht für die schlechteste Lösung

20.11.2017 |
FDP-Kreisvorsitzender Otto Hauf. − Foto: K. Heimisch

Eichstätt (EK) Was tun nach dem Aus der Jamaika-Sondierung? Doch eine große Koalition, lieber Neuwahlen oder eine Minderheitsregierung? Bei den lokalen Politikern schält sich jedenfalls ein relativ deutliches Meinungsbild heraus.

CSU-Kreisvorsitzende und Landtagsabgeordnete Tanja Schorer-Dremel zeigte sich gestern "ein bisschen überrascht" vom Scheitern der Sondierung: "Wir haben vergangene Woche noch im Kreisvorstand darüber diskutiert und eigentlich hoffnungsvolle Signale wahrgenommen." Jetzt einen Schuldigen festzumachen, hält Schorer-Dremel für verfrüht: "Es wurde lange und intensiv diskutiert. Da muss man alle Seiten hören."

Wie es nun weitergehen soll? Neuwahlen seien für sie die "letzte Option", stellt die Politikerin klar. Ein erster Schritt könne jetzt sein, an die SPD zu appellieren, doch in die Verhandlungen für eine mögliche große Koalition einzutreten: "Der Wählerauftrag lässt sich ja nicht wegdiskutieren." Auch eine Minderheitsregierung hält Schorer-Dremel für "durchaus spannend" und eventuell für machbar: "Das hatten wir noch nie. Auch darüber muss man intensiv sprechen."

Inwieweit das Sondierungs-Aus das Ende der Kanzlerschaft von Angela Merkel einläutet, vermochte Schorer-Dremel nicht zu beurteilen: "Dazu müsste ich in die Glaskugel schauen können." Allerdings: "Ich hätte mir mehr von ihr zu hören gewünscht in den vergangenen Wochen." Dazu, dass jetzt die Personaldiskussion bei der CSU noch mehr befeuert wird, wollte sich die Kreisvorsitzende nicht äußern: "An Spekulationen beteilige ich mich nicht."

 

Nicht sonderlich erstaunt über den Abbruch der Verhandlungen ist FDP-Kreisvorsitzender Otto Hauf : "Ich war eher verwundert, dass Parteichef Christian Lindner nicht schon früher die Notbremse gezogen hat. Ich stehe voll hinter seiner Entscheidung." Knackpunkt sei wohl die Flüchtlingspolitik gewesen, hier sei offensichtlich kein Übereinkommen mit den Grünen möglich. Davon, dass die FDP in dieser Frage die AfD "rechts überholt", wie es verschiedentlich heißt, will Hauf nichts wissen: "Die FDP hat ihre Positionen und schielt nicht auf die Stimmen der AfD." Neuwahlen halte er "nicht unbedingt" für die beste Lösung, eher eine Minderheitsregierung - unter Umständen eine schwarz-gelbe: "Aber einfach wird auch das nicht." Eine große Koalition sei für ihn unwahrscheinlich: "Die SPD bleibt bei ihrer Meinung."

 

Aus der Sicht des Unterbezirksvorsitzenden der Sozialdemokraten, Sven John, tut sie das auch. Von der Regionalkonferenz-Süd am Sonntag in Nürnberg habe er von den Teilnehmern mitgenommen: "Auf keinen Fall" solle sich die SPD wieder zu einer großen Koalition breitschlagen lassen. "Wir sind bei der Bundestagswahl abgewählt worden, und wir gehen in die Opposition", bekräftigt John. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Parteispitze irgendwann umfällt." Für ihn seien Neuwahlen keine Option: "Dabei wird nicht recht viel anderes herauskommen als bei der letzten Bundestagswahl." Für "nicht schlecht" halte er eine Minderheitsregierung - und die müsse nicht unbedingt schwarz-gelb oder schwarz-grün heißen: "Das kann die Union ja auch alleine machen." Diese müsse dann eben um Mehrheiten werben, so John weiter, was dem Parlamentarismus und der Debattenkultur seiner Ansicht nach guttäte.

 

Derselben Meinung ist die Kreisvorsitzende von Bündnis90/Die Grünen, Manuela Knipp-Lillich : "Eine Minderheitsregierung kann die Demokratie beflügeln." In anderen Ländern wie Norwegen klappe das ja auch. Es müsse jeweils um Lösungen gerungen werden, für die Bürger könne die parlamentarische Arbeit dadurch "spannender und transparenter" werden. Auch für die Abgeordneten bedeute dies eine Umstellung, weil sie dann genauer unter Beobachtung stünden: "Wer ist unabhängig, und wer lässt sich von Lobbyisten leiten?" Als Beispiel führt Knipp-Lillich das Thema Glyphosat an.

Gleichwohl sieht sie die SPD "in der Verpflichtung", sich doch noch in Richtung große Koalition zu bewegen. Union und SPD hätten bei der Wahl schließlich über 50 Prozent der Stimmen erhalten. Neuwahlen seien "nicht das größte Drama, aber viele fürchten sich davor".

Zur Sondierung meint sie: "Hier standen die Positionen diametral zueinander." Insofern sei das Scheitern auch nicht verwunderlich.

Artikel kommentieren