Riedenburg
Naturschutz mit der Motorsäge

Eine groß angelegte Rodung soll am Lintlberg Platz für bedrohte Tier- und Pflanzenarten schaffen

21.05.2014 | Stand 02.12.2020, 22:40 Uhr

Wichtige Landschaftspfleger: Schafe und Ziegen, hier eine Herde bei St. Agatha, tragen mit ihrem Appetit dazu bei, dass Sträucher und Hecken die Magerrasenarten nicht verdrängen. Im Naturschutzprojekt Altmühlleiten spielen die Tiere eine große Rolle - Foto: Rast

Riedenburg (sja) Die Natur rund um Riedenburg ist dank des Projekts Altmühlleiten weiter auf dem Vormarsch. In den nächsten Jahren geht die Initiative in ihr Finale – mit unübersehbaren Folgen. Die heuer geplante Maßnahme am Lintlberg umfasst eine Fläche von rund vier Hektar.

Das Kleine Knabenkraut lugt unübersehbar aus dem grünen Grasteppich hervor, die Blüten der Zypressen-Wolfsmilch setzen gelbe Akzente in der Landschaft, und auch die längst verblühten Küchenschellen machen im Morgendunst optisch noch etwas her. Sie alle sind nur drei von vielen seltenen Pflanzenarten, die zum Gesamtbild der Riedenburger Natur beitragen. Und sie alle sollen bereits im nächsten Winter noch mehr Platz zur Entfaltung bekommen – dem Naturschutzgroßprojekt Altmühlleiten sei dank.

Im Zuge der millionenschweren Initiative laufen momentan die Vorbereitungen für eine der größten landschaftspflegerischen Maßnahmen, die Riedenburg seit dem Zweiten Weltkrieg erlebt hat. Vor der Haustür der Dreiburgenstadt, im Schambachtal und unweit des Weilers Lintlhof, plant der Kelheimer Landschaftspflegeverband VöF, eine rund vier Hektar große Fläche zu roden. Beim fraglichen Gebiet am Hang neben der Staatsstraße handelt es sich laut dem zuständigen Fachmann Andreas Frahsek um eine für die Natur der wertvolle Flächen. „Der Bereich ist sehr warm, sehr trocken und obendrein sehr flachgründig“, erklärt er. Im Klartext: Nur eine dünne Erdschicht bedeckt den felsigen Untergrund. Beste Voraussetzung also, dass sich an dem Südhang bald wieder ein blühender Magerrasenteppich ausbreitet.

Doch zuvor müssen die Bäume verschwinden. Geplant ist dazu eine rund vier Hektar umfassende Rodung, die im Herbst und Winter ablaufen soll. „Die Baumentnahme ist in diesem Gelände zwar schwierig, in wenigen Wochen sollte aber alles erledigt sein“, schätzt Frahsek. Alles in allem sollen rund 100 Bäume verschwinden, vor allem Schwarzkiefern sind betroffen. Dass diese Maßnahme nicht nur auf Gegenliebe stoßen wird, ist den VöF-Experten durchaus bewusst. Sie verweisen jedoch auf den Nutzen für viele vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Frahsek nennt mehrere Orchideen- und Enziansorten sowie einige Schmetterlinge, für die der Magerrasen lebenswichtige Biotope darstellen.

Nach Aussage der Experten sind die üppig bewaldeten Hänge ohnehin ein Ergebnis fehlender Beweidung. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs seien die einst für die Landwirtschaft benötigten Flächen rund um Riedenburg oft brachgelegen, erinnert sich der frühere Bürgermeister Michael Schneider, der noch dem VöF-Vorstand angehört. In Folge der fehlenden Bewirtschaftung eroberte sich der Wald die Gebiete nach und nach zurück, mit teils fatalen Folgen für die Tier- und Pflanzenwelt. „In den vergangenen 100 Jahren haben wir im Großraum Riedenburg fast 90 Prozent der Wacholderheiden verloren“, weiß VöF-Geschäftsführer Klaus Blümlhuber.

Damit das nicht wieder passiert, bauen die Landschaftspfleger auf Schafe. Die Herden sollen die fraglichen Flächen in Zukunft dauerhaft waldfrei halten. Ganz ohne den Menschen geht es in den nächsten Jahren zwar noch nicht, wie Frahsek sagt. Doch mit Hilfe von Ziegen wollen die Experten auch den treibenden Gehölzen Einhalt gebieten. „Wir sind sehr optimistisch, bald wieder eine typische Wacholderheide zu erhalten“, betont Blümlhuber. Er geht davon aus, dass es nach Abschluss der Maßnahme eine der größten zusammenhängenden Heidelandschaften im Altmühltal in Riedenburg gibt.

Doch zuvor wird die Stadt Riedenburg im Sommer noch die betroffenen Felspartien absichern. Schneider, in dessen Amtszeit die Maßnahme beschlossen wurde, nennt ein Gesamtpaket mit Kosten von rund 100 000 Euro. Als dritter Baustein am Lintlberg haben die Fachleute bedrohte Baumarten angepflanzt. Auf einem Hektar wachsen mehrere Hundert Eiben und Elsbeeren, mit einem Zaun zum Schutz vor hungrigen Tieren.