München
Naturgewalt in München

Turbulenter Auftritt der amerikanischen Metal-Macht Slipknot in der Münchner Olympiahalle

10.02.2020 | Stand 23.09.2023, 10:31 Uhr
Gruselige Show: Corey Taylor von Slipknot bringt Stimmung in die Olympiahalle. −Foto: Prager

München - Draußen herrscht die Ruhe vor dem Sturm, "Sabine" hat München noch nicht erreicht. In der Olympiahalle aber bricht ein wahrer Klangorkan über das Publikum herein. Die weltweit extrem erfolgreiche Nu- und Alternative-Metalband Slipknot fegt durch die ausverkaufte Location. Bereits um 19.30 Uhr wird es finster.

 

Behemoth, benannt nach dem Ungeheuer aus der jüdisch/christlichen Mythologie, eröffnen den Abend mit einer brutalen Mischung aus Black- und Death-Metal. Mit genretypischer Gesichtsschminke entfachen die Polen ein metaphorisches und tatsächliches Feuer. Zu den satanischen Sounds züngeln immer wieder Flammen über die Bühne in Ruinen- und Friedhofsoptik. Die Musik der 1991 in Danzig gegründeten Formation ist etwas sperrig und nicht unbedingt eingängig, treibt den anwesenden Fans aber immer wieder ehrerbietig die Fäuste in die Höhe. Zu einer Nummer setzt sich Sänger Nergal eine dunkle Mitra auf, was wohl kaum als kirchliche Respektbezeugung gemeint ist. Der optische und eher okkulte Effekt ist unbestreitbar.

Nach etwa 40 Minuten ist der Spuk wieder vorbei und die Horrorshow beginnt. Nicht nur ein kleines bisschen, denn nach einer dreiviertelstündigen Umbaupause wird in Sachen Mensch und Maschine richtig aufgefahren. Die Bühne hat sich mittlerweile in ein gigantisches Etwas zwischen verlassener Industriehalle mit großen Ventilatoren und leerem Schwimmbad verwandelt. Auf mehreren Ebenen mit Treppen- und Laufstegverbindungen tummeln sich zahlreiche Akteure bzw. Musiker. Alle natürlich wie typisch für die Band, die schon seit den 90er-Jahren aktiv ist, mit den unterschiedlichsten Horrormasken. Vom Gruselclown über den Stachelkopf bis hin zum Wahnsinnigen ist alles dabei, was stark wirkt. Auf identische Overalls verzichtet die Truppe, zu der neben einem Schlagzeuger - Jay Weinberg, Sohn von Bruce Springsteens E-Street Band-Drummer Max Weinberg - ein DJ, ein Sampler und gleich zwei Perkussionisten gehören, inzwischen. Gerade Letztere verleihen dem Ganzen zusätzlich Wucht, wenn sie auf ihren Türmen wie Irre herumturnen und auf die Pauken hauen.

Bei aller rhythmischen und perkussiven Gewalt liegt das Hauptaugen- und Ohrenmerk aber auf Sänger Corey Taylor, der Songs wie "Nero Forte" und "New Abortion" gnadenlos nach vorne treibt. Sattes Volumen und eine mächtige Lightshow tun ein Übriges, um die Halle nicht nur zum Fäusterecken anzustacheln. Die Moshpits in der Arena weiten sich zusehends aus, und immer wieder müssen Crowdsurfer von den zahlreich vor der Bühne stehenden Ordnern aus der Menge gezogen werden. Die Intensität und Energie der Grammygewinner aus Des Moines in Iowa ist unbestritten. Die stilistische Vielfalt bleibt auf Dauer der nahezu zwei Stunden allerdings leicht auf der Strecke. Meist agiert das gruselige Ensemble im Vollgasmodus und ständig ist auf irgendeinem Teil der Bühne Bewegung. Mal hüpft einer der Perkussionisten nahe am Rand seines Pults herum und mal drischt der andere mit einer Fackel auf ein Blechfass.

Gesang und Gitarren vervollständigen das abgefahrene und atemberaubende Szenario. Mit Explosionen und "Surfacing" vom 1999er-Debüt erlischt dieses, und zumindest dieser Sturm ist erst mal vorüber.

DK

Martin Buchenberger