Musikalische Kostbarkeiten längst vergangener Tage

12.10.2009 | Stand 03.12.2020, 4:35 Uhr

Virtuoser Klang gepaart mit kunstvoller Optik: Mit ihren barocken Instrumenten unternahmen Stefan Baier (v.l.), Jakob David Rattinger und Samuel Manzano im Casino der Volksbank eine musikalische Zeitreise an den Hof des Sonnenkönigs. - Foto: Rattinger

Schrobenhausen (tsj) Ein begeisterndes Barock-Konzert, wie man es in Schrobenhausen nicht alle Tage zu hören bekommt: Gambist Jakob David Rattinger und seine beiden Musikerkollegen Stefan Baier am Cembalo sowie Samuel Manzano (Barockgitarre und Theorbe) entführten musikalisch aus dem Casino der Volksbank an den Hof des französischen Sonnenkönigs.

Gerade zwei Monate nach seinem ersten Konzert in Schrobenhausen im Rahmen der Tage der Alten Musik lud Jakob David Rattinger erneut ein zum Gambenkonzert am Hofe Ludwigs des XIV.: Ähnlich wie sich die Aristokratie am Hof zu Versailles über die Klänge von Gambe, Cembalo, Theorbe und Barockgitarre erfreute, taten es ihnen die Zuhörer im Casino der Volksbank über 300 Jahre später gleich. Stücke und Suiten von Marin Marais, dem langjährigen Sologambisten des Sonnenkönigs, dominierten das Programm des genussvollen Abends. Abgerundet durch Marais‘ Zeitgenossen Couperin, Kapsberger, Piccinini und Corbetta entstand ein authentischer Eindruck der höfischen Kammermusik. Egal ob Solo, als Duo oder im berauschenden Trioklang: die drei Musiker verstanden zu überzeugen. Eine wohlige Verbindung aus klarer Interpretation, hingebungsvoller Musikalität und Empfindung machte den Abend zu einer raren Kostbarkeit.

Auf vielfachen Publikumswunsch aus dem Augustprogramm aufgenommen: Variationen aus der Folia eines Marais. Zwischen Melancholie und galoppierender Raserei musikalisch changierend wurde beeindruckend demonstriert, wie ein von Tollheit gerittener Temperamentsausbruch im barocken Sinne wohl ausgesehen haben mag.

Vielsaitig: Hier der Österreicher Rattinger, der mit mal sanft pulsierendem, mal kraftvollem Bogenstrich seine Viola da Gamba mit dem kunstvoll gearbeiteten Kopf zum Klingen brachte. Mit Demachys Prelude zeigte der gebürtige Grazer beeindruckend das gesamte Klangspektrum der Gambe. Da der Spanier Samuel Manzano, der seine Finger in atemberaubender Geschwindigkeit im fliegenden Wechsel mal über die Theorbe, mal über die zehnsaitige Barockgitarre behände tänzeln ließ. Als Deutscher in dem international besetzten Ensemble bereicherte Stefan Baier das historische Trio.

Fast schon ehrfürchtig lauschte das Publikum den überaus weichen Klängen des barocken Instrumentariums. Mag es die wohltuende Wirkung der Musik sein oder die Perfektion, mit der die drei Musiker ihre Instrumente beherrschten, die verzückte Züge über die Gesichter huschen ließ. Im Casino gab es zum Dank für die Musiker lang anhaltenden Applaus eines begeisterten Publikums und einen edlen Tropfen aus Damenhand. Die mit Nachdruck erklatschte Zugabe durfte natürlich nicht fehlen: ein Prelude für den Sonnenkönig.

Einer der romantischsten Gründe überhaupt: Die Liebe zu seiner Christiane habe ihn in die Lenbachstadt gelockt, wie Jakob David Rattinger erzählt. Rattinger hat sein Basislager erst vor wenigen Monaten von seiner Heimatstadt Graz nach Schrobenhausen verlegt, um von der neuen Wahlheimat aus Tourneen und Engagements nachzugehen. Klar ist: Rattinger gibt der Schrobenhausener Kulturszene ein neues Format. Neben der Verfolgung der eigenen nationalen und internationalen Karriere plant der österreichische Gambist für Sommer 2010 die zweite Auflage der Tage der Alten Musik. "Es wird ein internationales Festival mit fünf Konzerten", schwärmt der junge Macher des neuen Veranstaltungsformats in Schrobenhausen.