Thalmässing
Mordkomplott räumt bei Thalmässinger Kurzfilmtagen ab

Münchner Fünf-Minuten-Komödie gewinnt ersten Preis - Umfrage fürs Jubiläum

13.05.2018 | Stand 23.09.2023, 3:12 Uhr
Gebannt verfolgt das Publikum den Siegerfilm „Die neue Brille“. Die Auswertung einer Umfrage, deren Fragebögen eifrig abgegeben worden sind, soll Impulse für das kommende Silberjubiläum liefern. −Foto: Leykamm

Thalmässing (HK) Schlechtes Sehen beflügelt die Mordfantasie, gutes hingegen erhöht die Chance auf Verwirklichung. Der eigene erfolgreich Besuch beim Optiker kann für einen anderen also tödlich sein. So die sarkastische Botschaft des Siegerfilms der 24. Thalmässinger Kurzfilmtage. An beiden von ihnen füllte sich das Gemeindezentrum Bunker, in dem die Gäste eine große stilistische und thematische Bandbreite erlebten.

Insgesamt 27 Filme mit einer Länge von 106 Sekunden bis zu einer Viertelstunde gab es zu sehen. Das Rennen machte ein Werk namens "Die neue Brille" mit gut fünf Minuten. Doch die haben es in sich. Eine harmlose Alltagsbeschäftigung wie ein Brillenkauf entwickelt sich zu einer tödlichen Angelegenheit. Ein Ehemann lässt erst die Schikanen seiner Frau über sich ergehen, bevor er mit der Optikerin im Zwiegespräch finstere Pläne ausheckt.

"Ohne Brille nimmt die Fantasie zu", sagt der Gatte. Und die dreht sich bei ihm darum, mit seiner Frau als Beifahrerin im Auto gezielt gegen einen Baum zu fahren. Doch das braucht natürlich ein präzises Vorgehen, damit er überlebt und sie eben nicht. Deswegen müssen neue Sehgläser her. Statt sich zu empören, geht die Brillenexpertin auf die Gedanken des Kunden ein - und gesteht ähnliche Ambitionen bezüglich ihres Chefs. Das Ende bleibt offen - mit der Tendenz zum Unheil.

Nichtsdestotrotz bereitete es den Besuchern der Kurzfilmtage großes Vergnügen, sich diesen Streifen anzusehen, dessen Autor das Mordkomplott gekonnt und witzig in eine Alltagsszenerie gepackt hatte. "Letztendlich sind es immer Verbündete, die in schwierigen Zeiten Hilfe gewährleisten", rang in seiner Laudatio Bürgermeister Georg Küttinger dem Film aber auch noch eine sehr positive Botschaft ab. Sein Macher konnte die "Olga" als Thalmässinger Pendant zum "Oscar" auch persönlich entgegennehmen. Mit verschmitzten Lächeln schritt der aus München angereiste freie Videoproduzent Richard Westermaier aufs Podium. "Jetzt bin ich motiviert für weitere Filme", zeigte er sich dankbar für die Auszeichnung. Er fühle sich ermuntert, nun auch mit anderen Filmformen zu experimentieren.

Den zweiten und damit den Publikumspreis durfte Jürgen Leykamm im Namen des Hilpoltsteiner Kurier Alexander Conrads zusprechen, der am Abend allerdings verhindert war und - wie viele seiner Kollegen - per Video das Wort an die Versammelten richtete. Bei seinem Film "Sardinien" handelt es sich ebenfalls um eine Komödie. Diesmal geht es nicht um ein altes Ehe-, sondern ein junges Liebespaar. Als er mit seinen Kumpels Urlaub machen will, entdeckt sie Kondome in seinem Kulturbeutel. Damit ist Zoff programmiert, der sich am witzigen Ende allerdings wieder unverhofft auflöst.

Der Streifen ist ein toller Beweis dafür, dass sich auch mit "low budget" im extremen Sinne herrliche Filme machen lässt. Denn das Werk wurde in den Räumen der Wohngemeinschaft des Filmemachers gedreht, der der Protagonistin dazu auch noch das eigene T-Shirt auslieh.

Der dritte Preis - und somit der Preis des Teams der Kurzfilmtage - ging an "die Abreise" (Milan Bath). Die Vorbereitungen zum Auszug einer Frau aus einem Mietshaus bekommen hier eine äußerst böse, zynische Note, als die Hintergründe deutlich werden. Und die haben mit dunkelster deutscher Geschichte zu tun. Die Laudatio auf diesen Film hielt Günter Netter, Leiter der Sparkasse Greding-Thalmässing, der seine persönliche Premiere bei der Veranstaltung feiern durfte, die er als spannend würdigte.

Gespannt durfte man auch sein, wer die beiden sogenannten "Horizonte"-Preise erhielt, welche die Medienzentralen der sieben katholischen Bistümer Bayerns und der einen evangelischen Landeskirche vergeben. Klaus Ploth als Leiter der protestantischen Bildungseinrichtung zeigte sich erfreut darüber, das die ausgewählten Preisfilme wichtige Impulse für die Bildungsarbeit lieferten und somit auch ins Programm genommen würden. Bei "Overrun" (Sandra Schröder) etwa steht der Überlebenskampf einer Ameise im Mittelpunkt - als Allegorie auf die Lebensfragen des Menschen.

"Schwarm" (Evgheni Merher) hingegen bietet eine Fülle von Thematiken: Verantwortung, Schuld, Mitläufertum, Freundschaft, Mobbing. Und nicht zuletzt fordert er auf, die Konsequenzen des eigenen Handelns zu überdenken. Im Film selbst erlegt ein Junge einen Vogel, um Kameraden zu imponieren. Doch das Tier lebt nach dem vermeintlich tödlichen Schuss verletzt weiter. Als es dann endlich von seinem Leiden erlöst wird, werden auch die Karten der Clique neu gemischt.

Nach dem letzten Abspann konnten sich die Organisatoren der Kurzfilmtage zufrieden zeigen. Für Stefanie Singer, Benedikt Seidl und Team ging damit ein knappes halbes Jahr Arbeit zu Ende. Denn im Dezember geht es jeweils mit dem Sichten der Filme los. Über 430 eingesandte Streifen galt es zuletzt auszuwerten. Das Material für das Festival verschlingt dabei etwa 400 Gigabyte Speicherplatz.

Doch die Mühen lohnen sich. Die Kurzfilmtage sind bei den Besuchern wie den Filmemachern gleichermaßen wertgeschätzt. "Thalmässing hat für uns einen guten Klang - eigentlich ein Pflichtfestival." So war es unter anderem zu hören.Per Umfrage will das Team noch mehr von seinen Gästen erfahren, die Daten auswerten, um dann gut vorbereitet dem kommenden Silberjubiläum entgegenzugehen.
 

Jürgen Leykamm