Riedenburg
"Mögliche Verstöße bei der Stimmabgabe"

Staatsanwaltschaft Regensburg ermittelt im Fall der Ortssprecherwahl in Prunn

26.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:54 Uhr

Riedenburg (DK) Die Staatsanwaltschaft Regensburg hat strafrechtliche Ermittlungen im Fall der Ortssprecherwahl in Prunn eingeleitet. Möglicherweise habe es Verstöße bei der Stimmabgabe gegeben, bestätigt Pressesprecher Markus Pfaller gegenüber unserer Zeitung.

Das für gewöhnlich eher unspektakuläre Prozedere einer Ortssprecherwahl hatte Ende November völlig unerwartet hohe Wellen geschlagen. Ein Ehepaar mit Hausverbot im entsprechenden Wirtshaus bekam auch außerhalb des Wahllokals die Möglichkeit, seine Stimmen abzugeben.

Gegen wen konkret ermittelt wird, gibt die Staatsanwaltschaft Regensburg noch nicht bekannt. "Wir wahren die Persönlichkeitsrechte", erklärt Pressesprecher Markus Pfaller. Schließlich könne es sein, dass das Verfahren eingestellt wird. Zum jetzigen Zeitpunkt wolle man Vorverurteilungen vermeiden, falls sich die Vorwürfe als nicht haltbar erweisen. Es gilt die Unschuldsvermutung. Er bestätigt allerdings, dass es bei den Ermittlungen um die Ortssprecherwahl im Riedenburger Ortsteil Prunn geht. Konkret um "mögliche Verstöße bei der Stimmabgabe".

Zunächst müssten aber die Details geprüft werden, um festzustellen, ob ein strafrechtlich relevantes Vergehen vorliegt und nachgewiesen werden kann. Im Dezember war die Anzeige bei der Staatsanwaltschaft eingegangen. Diese wurde geprüft, anschließend wurden die Ermittlungen eingeleitet, beschreibt Pfaller den Vorgang. "Weil es Anhaltspunkte dafür gibt, dass ein strafbares Verhalten vorliegen könnte." Es gebe also einen Anfangsverdacht. Weitere Angaben wollte er noch nicht machen, da sich der Sachverhalt als "noch zu vage" darstellt und er Spekulationen keinen Raum geben möchte.

Wie lange die Ermittlungen dauern werden, kann Pfaller noch nicht einschätzen, er geht von mehreren Wochen aus. Erhärtet sich der Anfangsverdacht nach Abschluss der Ermittlungen, gebe es mehrere Möglichkeiten: Es kann ein Strafbefehl erlassen werden, oder zu einer Anklage kommen - oder es gibt eine Einstellung des Verfahrens verbunden mit einer Geldauflage. Wird der Anfangsverdacht in den Ermittlungen entkräftet, wird das Verfahren eingestellt.

"Es wurde offenbar eine anonyme Anzeige erstattet, deren konkreten Inhalt wir aber noch nicht kennen", erklärt Riedenburgs Bürgermeister und damit auch Leiter der Stadtverwaltung, Siegfried Lösch, in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber unserer Zeitung. Fakt sei, dass die Rechtsaufsichtsbehörde am Landratsamt festgestellt habe, dass bei der Ortssprecherwahl in Prunn die beiden Stimmen des Ehepaars mit Hausverbot im Wahllokal ungültig und nicht zu werten seien, dass aber daraus kein anderes Wahlergebnis folge und die Wahl daher gültig sei. "Eine Wiederholung der Wahl ist daher rechtlich ausgeschlossen", so Lösch weiter. "Eine Absicht zur Wahlfälschung lag nach meinen Erkenntnissen bei keinem der etwa Beteiligten auch nur ansatzweise vor, vielmehr sollte verhindert werden, dass die Wahl durch den Ausschluss des besagten Ehepaars anfechtbar wird. Wir haben in der Sache nun anwaltschaftliche Vertretung veranlasst." Und weiter: "Ob wir unsererseits rechtliche Schritte gegen den oder die anonymen Anzeigenerstatter einleiten, wird geprüft." Der Dienstbetrieb im Rathaus laufe wie üblich weiter.

Hintergrund des Ganzen sind Ungereimtheiten bei der Ortssprecherwahl in Prunn. Wie berichtet, war Ende Dezember der CSU-Kandidat Tobias Schweiger in Prunn zum Ortssprecher gewählt worden. Im ersten Wahldurchgang bekam der CWG-Kandidat Sebastian Ernst 35 Stimmen, Schweiger 33. In der Stichwahl, die wegen der fehlenden absoluten Mehrheit notwendig war, siegte der CSU-Kandidat mit 41 von 74 Stimmen.

Zwei Tage später meldete sich der CWG-Fraktionsvorsitzende Thomas Zehetbauer bei unserer Zeitung und wies auf einen Vorfall während der Stichwahl hin. So habe Bürgermeister Lösch zusammen mit der Wahlleiterin das Wahllokal verlassen. "Nach etwa fünf Minuten kam er wieder zurück und nach einiger Zeit auch seine Wahlleiterin. Diese übergab dem Bürgermeister mehrere Stimmzettel, die von ihm in die Wahlurne geworfen wurden", so Zehetbauer. Diese stammten von einem Prunner Ehepaar, das unbedingt von seinem Wahlrecht Gebrauch machen wollte, die Gaststätte aber nicht betreten wollte, weil deren Eigentümer ein Hausverbot gegen beide Personen verhängt hatte. Um "eine Eskalation zu vermeiden", aber andererseits den Bürgern zu ihrem Wahlrecht zu verhelfen, habe man dem Ehepaar die gleichen Stimmzettel zukommen lassen, wie den Wahlberechtigten im Lokal, so Lösch in einer früheren Stellungnahme.

Die Kommunalaufsicht hatte zwar einen "schwerwiegenden Wahlverstoß" festgestellt, der Ausgang der Wahl sei dadurch aber nicht "entscheidend verfälscht" worden. Eine Wiederholung der Wahl sei somit unnötig. Das Gremium unter dem Dach des Landratsamts gab den Vorgang zur endgültigen Prüfung und Entscheidung an die Regierung von Niederbayern weiter. Auch die Rechtsaufsicht in Landshut sah keine Notwendigkeit für die Aufhebung des Wahlergebnisses, wie Landrat Martin Neumeyer (CSU) mitteilte.

"Das ist keine schöne Entwicklung", sagt Thomas Zehetbauer. Auch in Hinblick auf die Außenwirkung der Stadt. Doch nun müsse man erst einmal abwarten, was die Ermittlungen ergeben.