Hilpoltstein
Mit Söder im Hybridraumschiff ins All

Grünen-Chef Robert Habeck in Hilpoltstein - Unerwarteter Besuch von der "Heute-Show"

07.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:35 Uhr
Für Grünenchef Robert Habeck (rechts) interessiert sich auch Fabian Köster (2.v.r) von der ZDF-Satire "Heute-Show". −Foto: Tschapka

Hilpoltstein (HK) Kleine grüne Windräder drehen sich im Biergarten des Hilpoltsteiner Café Grimms, denn ein prominenter Gast aus dem hohen Norden leistet dort Schützenhilfe für die hiesigen Grünenpolitiker. Robert Habeck aus Schleswig-Holstein, der mit Annalena Baerbock seit Anfang des Jahres das Spitzenduo von Bündnis 90/Die Grünen bildet, steht Rede und Antwort.

Dessen Besuch in der Burgstadt lockt aber auch noch andere neugierige Fragesteller an. Denn noch bevor der erste Sprecher des Hilpoltsteiner Ortsverband Christoph Leikam alle begrüßt, steht auf einmal ein Kamerateam der ZDF-Satiresendung "Heute-Show" im Biergarten, um ein kurzes Interview mit dem Grünenchef zu führen. "Aber bitte kein inhaltsvolles", bittet ihn ZDF-Reporter Fabian Köster, aber den Gefallen tut ihm Habeck nicht. Zwar lässt er nach Kösters Aufforderung ein paar grüne Kalendersprüche vom Stapel, betont aber auch, dass die Grünen leidenschaftliche, positive und fröhliche Politik machen würden, und keine griesgrämige und spalterische wie die CSU.

Zum Thema "Bavaria One" fordert er Ministerpräsident Söder auf, "ab zum Mond" zu fliegen. Söder habe ihm übrigens einmal in der Talkshow "Anne Will" seine Hand auf den Unterarm gelegt, was Köster gleich als "ersten Beweis für Schwarz-Grün" deutet. Dann müsse Söder aber mit einem Hybridraumschiff ins All fliegen. Auch auf die Vergangenheit Habecks als Schriftsteller kommt Köster zu sprechen. "Sie wissen aber schon, dass für ihre Romane Bäume sterben müssen?", versuchte er Habeck aus der Reserve zu locken. "Die gibt es aber auch als e-books, darum brauchen wir in Bayern flächendeckendes Internet", kontert Habeck schlagfertig.

Mit ihrem gesammelten Material, was voraussichtlich nächsten Freitag nach dem Heute-Journal im ZDF zu sehen sein wird, zieht das Kamerateam weiter und es wurde wieder "seriös" im Grimm'schen Biergarten. Bevor Habeck seine grünen Ansichten zur Bundes- und bayerischen Landespolitik zum Besten gibt, stellen sich die beiden Grünen-Kandidaten kurz vor. Andreas Hofmann für den Landtag und Mario Engelhardt für den Bezirkstag werben gleichermaßen für eine transparente, offene und ehrliche Politik, die das Land nötig hätte.

Das sieht Habeck ähnlich. "Eine Durchlüftung der bayerischen Politik kann nach der jahrzehntelangen CSU-Dominanz nicht schaden", so Habek, laut dem es auch nichts machen würde, wenn nach der Landtagswahl bis zu sieben Fraktionen im Landtag sitzen würden. "Die Folge wäre es, miteinander reden zu müssen - das sei kein GAU, sondern der Normalfall der Demokratie". Die CSU, die nicht zuletzt durch den "Raufbold Seehofer" die demokratische Mitte für den Rechtspopulismus geöffnet habe, müsse sich angesichts der Umfragen an den Gedanken gewöhnen, dass Wahlen auch verloren gehen könnten.

Der 49-Jährige, in bester grüner Tradition ganz leger gekleidete Spitzenpolitiker, beantwortet auch viele Fragen aus dem Publikum. Neben regional relevanten Themen wie die Situation der Milchbauern oder der geplante Trassenbau drehte es sich unter anderem um die Durchlässigkeit des Schulsystems, über bezahlbaren Wohnraum, Betonflut und exorbitanten Flächenverbrauch bis hin zur angedachten Plastiksteuer oder dem bayerischen Polizeiaufgabengesetz (PAG), welches die CSU heuer verabschiedet hatte. Zu letzterem Thema macht er klar, dass die Aufgaben der Polizei darin bestünden, die Kriminalität zu bekämpfen, und nicht Daten über alle Bürger zu sammeln und diese mittels DNA auch noch in Bevölkerungscluster einzuteilen.

Auch die Vorbeugehaft ohne Anklage von bis zu drei Monaten kritisiert er scharf, "wobei diese Kritik nicht exklusiv grün ist, auch viele andere Parteien sind strikt dagegen", sagt Habeck. Beim Thema Integration seien Fehler auf beiden Seiten gemacht worden. Falsch wäre es jedenfalls, das Grundrecht auf Asyl einzuschränken oder in ganz Europa wieder Zäune zu bauen. "Stattdessen müssten wir endlich die unfaire Handelspolitik der EU ändern, die eine der wesentlichsten Fluchtursachen ist". Insgesamt macht Habeck klar, dass man seiner Meinung nach in der Politik nicht immer nur in kleinen Schritten denken solle. "Es müssen auch radikale Ideen her, die pragmatisch umgesetzt werden."

Tobias Tschapka