Kottingwörth
Mit Leib und Seele Puppenspieler

07.01.2010 | Stand 03.12.2020, 4:21 Uhr

Ludwig Richter zu Hause mit seinem gewitzten Kasperl und dem bösen Zauberer. - Foto: Wittmann

Kottingwörth (jwt) "Ich brauche mein Kasperlspiel." Auch mit inzwischen 70 Jahren denkt Ludwig Richter aus Kottingwörth noch lange nicht ans Aufhören. Seit 43 Jahren ist er mit Leib und Seele Puppenspieler und will die Kinder noch möglichst lange mit seinen über 30 Handpuppen erfreuen.

Ludwig Richter wurde vor sieben Jahrzehnten in Berlin-Neukölln geboren. Mit vier Geschwistern wuchs er in der Puppenspieler- und Schaustellerfamilie Richter auf. Hier hat er von Kindesbeinen an das Schauspielern auf der Wanderbühne erlernt, später hat er das Spiel mit Handpuppen zu seinem Beruf gemacht – und es noch keine Minute bereut, wie er selbst ohne Zögern sagt.

Kasperl im Stadel

Anfang der 60er Jahre kam die Familie nach Kottingwörth. Hier lernte Ludwig Richter Gertrud Hirl kennen, die er 1967 heiratete. Drei Söhne und sechs Enkelkinder gehörten mit zur großen Schar der Gratulanten bei der Geburtstagsfeier mit Familienmitgliedern, Verwandten, Freunden und Vertretern der Kottingwörther Vereine. Denn seit Jahrzehnten ist der nun 70-Jährige Mitglied beim FSV, beim Kriegerverein, bei der Freiwilligen Feuerwehr, beim Obst- und Gartenbauverein und beim Verein für Tradition und Kultur in Kottingwörth. Dessen Vorsitzende Brigitte Frauenknecht bedankte sich im Namen des Vereins und des Dorfes für das jährliche unentgeltliche Kasperltheater beim Dorffest. Diesen Termin hält sich Ludwig Richter jedes Jahr in seinem Kalender frei. Die Kinder wissen das und können es kaum erwarten: Zu ihrer großen Freude kommt beim Dorffest am Sonntagnachmittag immer um 14 Uhr der Kasperl in den Treffer-Stadel und entführt sie in eine faszinierende Welt.

Ansonsten besucht Ludwig Richter vor allem Kindergärten. "Die Konkurrenz ist groß, aber ich habe eine treue Stammkundschaft. Eigentlich habe ich nur in den Ferien längere Pausen", sagt der Herr über drei Koffer voller Puppen schmunzelnd. Darunter sind einige Erbstücke, aber auch von kunstfertigen Schnitzern hergestellte Holzfiguren. Eingekleidet wurden sie von Ehefrau Gertrud. Auch auf die inhaltliche Ausgestaltung der einzelnen Geschichten mit Kasperl, Hexe, Zauberer, König, Prinz, Prinzessin, Krokodil, Drache und vielen mehr nimmt sie Einfluss. Beide achten darauf, dass die Stücke unterhaltsam, abenteuerlich und auch lustig sind. Die Kinder wollen keine allzu lehrreichen Geschichten mit dem berühmten erhobenen Zeigefinger, meint Ludwig Richter aufgrund seiner langjährigen Erfahrungen. Wichtig ist ihm, dass sie nicht nur einfach ruhig dasitzen, sondern mitmachen, den Kasperl vor Gefahren warnen, die Hexe schmähen. So sei jede Aufführung anders, weil ein guter Puppenspieler auch auf die Reaktionen der Kinder eingehe.

Auf Tournee

Immer mit dabei sein muss der Kasperl, der Liebling der Kinder – und auch seiner. Auf seine Stimme muss Ludwig Richter besonders achten. Sie ist ebenso wichtig wie die Puppen und die unterschiedlichen Kulissen für seine Stücke. Die verschiedenen Stimmlagen der einzelnen Figuren sowie die nötige Lautstärke ohne Mikrofon und Lautsprecher strapazieren sie gewaltig. Aber sie hat ihn noch nie im Stich gelassen. Da die Weihnachtsferien zu Ende sind, geht der Puppenspieler mit Leib und Seele wieder auf Tournee: "Zu Hause wird es mir schnell langweilig. Ich brauche mein Kasperlspiel", sagt er spitzbübisch.