Neuburg
Mit Genickschuss gedroht und Würgehölzer daheim gelagert

66-Jähriger aus dem südlichen Landkreis Neuburg-Schrobenhausen steht vor Gericht - Urteil: Acht Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung

14.05.2020 | Stand 02.12.2020, 11:21 Uhr
  −Foto: Schanz, DK-Archiv

Neuburg - Da musste selbst Richter Christian Veh ein paar Mal ordentlich schnaufen: Fast eine dreiviertel Stunde lang ließ sich ein Angeklagter am Donnerstagvormittag zu den ihm gemachten Vorwürfen ein - und erzählte nebenbei seine ganze Lebensgeschichte inklusive schwerer Kindheit.

 

Dabei unterstellte das Gericht allerdings durchaus, dass der Mann nicht ungefährlich sein könnte: Die Polizei war mit zwei Streifenbeamten im Saal vertreten. Der 66-Jährige aus dem südlichen Landkreis soll im Mai vergangenen Jahres bei einem Anruf im Finanzamt geäußert haben, dass er "beim nächsten Mal" einen "Genickschuss" gegen einen Mitarbeiter des Hauses richten werde. Bei einer daraufhin erfolgten Hausdurchsuchung entdeckten Polizisten Wurfsterne und Würgehölzer sowie 39 Schuss Munition Kaliber 30.

"Ich fühle mich hier ungerecht behandelt", moserte der Mann, der mit einem guten Dutzend Bücher im Gerichtssaal angerückt war, die allerdings nichts mit der Anklage an sich - die lautete auf Bedrohung und unerlaubten Waffen- und Munitionsbesitz - zu tun hatten. Vielmehr fanden sich darin ein Blindenbuch, ein Schott-Messbuch ("ich bin katholisch"), Zeitschriften und ein Kruzifix. Das hatte er schon einmal vorsorglich mitgebracht, um die Mitarbeiterin des Finanzamts im Zeugenstand möglicherweise vereidigen zu lassen.

Er habe sowieso den Eindruck, dass das Ganze nur benutzt werde, um die Karriere einer Beamtin voranzutreiben. Und die Munition, "das hat man früher bei Quelle und Neckermann bestellen können", die Wurfsterne und Würgehölzer seien aus seiner Lausbubenzeit. "Sie haben auch eine Waffe", wandte er sich an Richter Veh, "einen Kugelschreiber". Er sei ein "unbescholtener Bürger", man wolle ihn "an die Wand fahren", machte der Angeklagte deutlich. Er habe mehrere Geschwister gehabt, da sei auch geschlagen worden, holte er bis in die Kindheit aus und wurde von Veh ermahnt, bei der Sache zu bleiben. "Ich verteidige mich hier nur", monologisierte der 66-Jährige weiter. Er war ohne Rechtsanwalt erschienen, da ihm kein Pflichtverteidiger zustand.

"Ich wäre in den Krieg gezogen für euch und alle", und jetzt müsse er sich diese Sache vor Gericht gefallen lassen. Diakon habe er werden wollen, er sei Mitglied im Dritten Orden und der Männerkongregation. "Und dann kommen Sie daher und wollen mir solche schmutzigen Gedanken unterstellen. " So etwas habe er noch nie gedacht geschweige gesagt. "Niederträchtig ist das. "

Die Finanzamtsmitarbeiterin machte in ihrer Zeugenvernehmung klar: "Ich kann mich an den Satz genau erinnern. " Sie habe das Gefühl gehabt, dass er es ernst meine. Der 66-Jährige habe bereits ein Hausverbot in einem anderen Finanzamt, sei auch im Servicecenter auffällig geworden. Ein Polizeibeamter, der bei der Hausdurchsuchung dabei war, bestätigte im Wesentlichen, dass die Waffen und Munition nicht zum täglichen Gebrauch gelagert waren. Den Besitz der Wurfsterne, Würgehölzer und Munition räumte der 66-Jährige ein, die Bedrohung bestritt er bis zuletzt. "Nur weil das eine Amtsfrau ist, wird der mehr geglaubt als mir", wetterte er.

Der Mann ist einschlägig vorbestraft ist (jeweils einmal wegen Bedrohung und Beleidigung), Staatsanwältin Carola Sciurba sah keinen "großen Belastungseifer" der Zeugin. Aber: "So viel Uneinsichtigkeit hat selten ein Angeklagter an den Tag gelegt. " Sie forderte neun Monate ohne Bewährung.

Christian Veh blieb leicht unter der Forderung Sciurbas und verhängte acht Monate Freiheitsstrafe, setzte diese aber auf drei Jahre zur Bewährung aus und machte eine Geldauflage von 2000 Euro zugunsten des Kinderdorfs Marienstein bei Eichstätt. "Beim nächsten Mal schepperts", mahnte Veh. Er habe keinen Grund zum Zweifeln an der Zeugenaussage, so der Richter. "Ich werde mir das nicht gefallen lassen", kündigte der Angeklagte Einspruch gegen das Urteil an.

smo