Ingolstadt
Mit Geige und Bogen gegen den Krieg

Das Georgische und das Ingolstädter Kammerorchester geben ein Solidaritätskonzert für die Ukraine

10.03.2022 | Stand 23.09.2023, 0:08 Uhr
Song für den Frieden: Die Schülerin Sina Leyrer sang "Imagine", das Orchester leitete Artem Lonhinov. −Foto: Schaffer

Ingolstadt - Kriege sind nicht nur meist überflüssig, sie brechen meist auch zur Unzeit aus.

Dann, wenn es überhaupt nicht passt. Etwa für ein dringend nötiges Solidaritätskonzert für die Ukraine. Sehr kurzfristig wurde dieses Konzert organisiert von den Musikern des Georgischen Kammerorchesters (GKO) und dessen Freundeskreis. Und auch ein anderes wichtiges Ingolstädter Orchester, das Ingolstädter Kammerorchester (IDO), wirkte mit.

Was nicht erreicht wurde, war ein großes Ingolstädter Symphonieorchester zu bilden. Dazu waren derzeit zu wenige Musiker abrufbar, viele waren nicht im Land, erkrankt oder konnten aus anderen Gründen nicht teilnehmen. Am Ende fanden sich 22 Streicher zusammen, ein ziemlich bunt zusammengewürfeltes Ensemble aus ehemaligen und noch aktiven Mitgliedern des GKO und einigen Instrumentalisten des IKO. Eine Besetzung mit einer erstaunlich starken Bratschengruppe und eher wenigen Celli. Ein Orchester, das unter ungünstigen Voraussetzungen, nach nur einer einzigen Probe am Dienstagabend im Ingolstädter Festsaal auftrat - und doch vieles wettmachte durch Elan, durch Einsatz, durch Liebe zur Musik.

Auf dem Programm standen meist ruhige, schwelgerische Stücke. Werke, die die Musiker des Ingolstädter Kammerorchesters beherrschten, weil sie in den Konzerten der vergangenen Jahre bereits gespielt worden waren. Allerdings ein Repertoire, das das eher kleine Publikum im Festsaal anrührte. Eröffnet wurde der Abend von den getragenen Klängen von Jean Sibelius "Andante festivo". Dann folgten zwei neobarocke Tanzsätze aus der Holberg-Suite von Edvard Grieg (Sarabande und Gavotte) und von Edward Elgar der ebenfalls etwas altertümlich-ritterlich wirkende Kopfsatz der Streicherserenade. Den Abschluss bildete das hochromantische Nocturne des georgischen Komponisten Wascha Asaraschwili (Jahrgang 1936).

Natürlich, bei einem solchen Anlass ist es vielleicht nicht das Wichtigste, wie gut musiziert wird. Es geht eher darum, ein Zeichen zu setzen. Und wohl auch die richtigen Worte zu finden. Bei einem Grußwort, das der Ingolstädter Oberbürgermeister Christian Scharpf übernommen hatte, erinnerte er an die Gräuel des Zweiten Weltkriegs, daran, dass der derzeitige Angriffskrieg nicht ein Krieg des russischen Volkes sei, sondern von Putin und dass auch im Georgischen Kammerorchester Russen mitwirken. Er erwähnte zudem, dass die Bürger Georgiens seit Jahren unter einer permanenten russischen Bedrohung leben müssen.

Dennoch: Musiziert wurde verblüffend. Vieles ist dabei dem kurzfristig engagierten jungen ukrainischen Dirigierstudenten Artem Lonhinov zu verdanken, der mit großartiger Souveränität, fast schon überdeutlicher Zeichengebung und Leidenschaft die ungewöhnliche Streicherformation zusammenhielt und führte. Und die spielte wunderbar: In den romantischen Stücken vibrierten die Töne vor Enthusiasmus, die unerfahrenen Laienmusiker des IKO ließen sich mitreißen von den erfahrenen GKO-Musikern. Eine differenzierte, dynamische, ziemlich homogene Spielweise entstand, eine weiche musikalische Waffe gegen den Unfrieden in der Ukraine.

Aber wirkliche Begeisterung kam erst danach auf, als die Schülerin Sina Leyrer vom Gnadental-Gymnasium den John-Lennon-Song "Imagine" sang. Ja, der Friede ist derzeit ein Traum von vielen. Und es werden immer mehr.

DK


Jesko Schulze-Reimpell