Zum Bericht "Große Pläne" (DK vom 3. August) über ein in Wettstetten geplantes Holzenergiewerk:Mit Interesse habe ich den ausführlichen Bericht gelesen.
Das heißt, ich habe ihn zweimal gelesen, da ich als ein mit 33-jähriger Berufserfahrung durchaus fachlich mit dem Thema vertrauter Bürger dies zuerst für einen verspäteten Aprilscherz gehalten habe.
Da wird ein Bürgermeister und Gemeinderat mit einem Genehmigungsverfahren für ein Kraftwerk konfrontiert und soll schnellstmöglich natürlich einem Verkauf von 60 Prozent (2,7 Hektar) eines "Edel-Gewerbegebietes" an einen einzigen Privatunternehmer verkaufen, der bei einem vorherigen Versuch (Großmehring und Kösching/Interparkgelände) von den dortigen Gemeinderäten abgelehnt wurde.
Eine Anlage in dieser Dimension (140000 Tonnen naturbelassenes Holz/33000 Tonnen A1- und A2-Holz) mit Anlieferverkehr (12200 bis 18200 Lkw-Bewegungen pro Jahr) bringt für das Umfeld von Wettstetten eine Belastung mit sich, die für eine erhebliche Verschlechterung der Lebensqualität nicht nur für die Bürger von Wettstetten, sondern auch für die angrenzenden Gemeinden führen wird.
Allein die vom Investor vorgestellten Schadstoffwerte im Abgas (wobei hier nicht mitgeteilt wird, ob es sich um Halbstunden-, Tages- oder Jahresmittelwerte handelt), werden zum Beispiel im Vergleich zur MVA Ingolstadt um das Vielfache überschritten; siehe Staub, Kohlenmonoxid, Stickoxide. Bei einer Windenergieanlage ist die 10H-Regelung einzuhalten. Bei den derzeit üblichen Masthöhen wäre hier eine Windkraftanlage aufgrund des Abstands zur Wohnbebauung nicht genehmigungsfähig. Ein Kraftwerk mit einem schadstoffbelasteten Abgasvolumen von über 700 Millionen Kubikmetern pro Jahr soll hier aber genehmigt werden! Allein die Tallage und die in unserem Gebiet oft langanhaltenden Inversionswetterlagen verbieten dies im Sinne eines Schutzes der Bevölkerung.
Man ködert die Gemeinde mit geplanten (! ) Gewerbesteuerzahlungen (2023 bis 2037 durchschnittlich rund 450000 Euro pro Jahr, also vermutlich ungefähr zwei Jahresgehälter einer Führungskraft bei Audi) und 30000 Euro Grundsteuer pro Jahr (ungefähr die Bruttolohnkosten einer Halbtageskraft im öffentlichen Dienst), von den damit verbundenen Folgekosten für Bürger und Gemeinde spricht jedoch derzeit keiner.
Allein das Thema Straßenverschleiß - ein Lkw mit zehn Tonnen Achslast belastet Straßenkörper und -oberfläche mit dem 160000-fachen eines Pkw - ist erheblich. Da mutet die vom Investor angepriesene Grundsteuer von 30000 Euro pro Jahr eher als mildtätige Gabe zur Reparatur von Infrastruktur an die Gemeinde an.
In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass eine ähnliche Anlage im Interpark vor Jahren insolvent wurde und die Holzverbrennung in Pfaffenhofen nur mit einer gemeinsamen Anstrengung von örtlich ansässigen Firmen und der Kommune, die Wärme-Großabnehmer waren, am Leben erhalten wurde. Das wirtschaftliche Risiko für eine solche Anlage ist nicht unbeträchtlich, Holzpreise und Holzmenge schwanken stark, fehlende Erträge werden durch schadstoffbelastetes A2-Holz ausgeglichen - so einfach ist das.
Ferner wird blumig die Möglichkeit einer Fernwärmeversorgung des Orts erwähnt - obwohl jeder, der sich mit Fernwärme auskennt, weiß, dass dies unter Berücksichtigung der bestehenden Struktur der Wohnbebauung (Gas/Heizöl/Holz) in Wettstetten aufgrund der Erschließungs- und Betriebskosten eines Fernwärmenetzes wirtschaftlich illusorisch ist - außer man will Geld verbrennen. Eine fachlich fundierte Wärmbedarfsberechnung mit einer realistischen Aussage über die tatsächlich anschlusswilligen Haushalte/Gewerbebetriebe fehlt.
Der echte Mehrwert für die Bürger in Wettstetten - um die geht es schließlich - ist für mich jedenfalls nicht erkennbar.
Die Gemeinderäte und der Bürgermeister sollten wirklich abwägen: Geld oder Belastung der Bürger? Die Amtskollegen aus Kösching und Großmehring haben sich jedenfalls für den Bürger entschieden - bravo! Quo vadis, Wettstetten?
Gerhard Meier, Wettstetten
