Pfaffenhofen
Mehr als nur der "Vize"

Anton Westner blickt auf zwölf Jahre als Zweiter Landrat zurück - Über drei Jahre die Amtsgeschäfte geführt

19.05.2020 | Stand 23.09.2023, 12:04 Uhr
Nach zwölf Jahren als Zweiter Landrat, in denen er über drei Jahre lang als amtierender Landrat einspringen musste, lässt es Anton Westner jetzt etwas ruhiger angehen. Dem Kreistag, dem er schon 36 Jahre lang angehört, bleibt er allerdings erhalten. −Foto: privat

Pfaffenhofen - Alles neu macht der Mai - und das gilt auch für den Kreistag und die Führung des Landkreises.

Nicht nur direkt an der Spitze gab es einen Wechsel von Martin Wolf (CSU) zu Albert Gürtner (FW), sondern auch bei den Stellvertretern des Landkreischefs. Seinen Abschied vom Amt nahm so jetzt auch Zweiter Landrat Anton Westner (CSU), der als mit 75 Jahren ältestes Mitglied des Kreistages am Montag noch dem neuen Landrat den Amtseid abnahm (DK berichtete). Mit Westner, der weiter dem Kreistag angehört, rückt jetzt ein Kommunalpolitiker ins zweite Glied, der zwölf Jahre lang, von 2008 bis 2020, als Stellvertreter des Landrates im Einsatz war und dabei - und das hat deutschlandweit Seltenheitswert - über drei Jahre lang die Amtsgeschäfte führte und auf dem Chefsessel im Landratsamt saß.

Zweimal am 2. April

Westner nützte die konstituierende Sitzung des Kreistages, dem er schon 36 Jahre angehört, für einen persönlich gehaltenen Rückblick "auf eine recht bewegte, besondere Zeit" in seinem Leben. Er kann sich noch gut an den 2. April 2009 erinnern: Da wurde das Mittagessen mit seiner Frau durch den Anruf eines Redakteurs des Pfaffenhofener Kuriers unterbrochen, der ihn fragte, ob er denn schon wisse, dass er ab sofort Landrat sei. Westner verneinte zunächst, bekam aber wenig später einen weiteren Anruf: von der Regierung von Oberbayern, die ihn über die Suspendierung des damaligen FW-Landrats Josef Schäch informierte. "Ich fuhr dann am gleichen Nachmittag ins Landratsamt und übernahm die Amtsgeschäfte und alle Termine", blickt der heute 75-Jährige zurück. Und amtierender Landrat sollte er eine ganze Weile bleiben: Bis 1. August 2011. Erst dann durfte er wieder in seine angestammte Rolle als Stellvertreter schlüpfen.

Genau acht Jahre nach seiner Premiere als amtierender Landrat, am 2. April 2017, einem Sonntag, bekam Westner wieder einen Anruf, der seine Planungen gehörig durcheinanderwirbeln sollte: Die Polizeiinspektion Pfaffenhofen informierte ihn darüber, dass Landrat Martin Wolf mit dem Motorrad verunglückt war und sich schwerste Verletzungen zugezogen hatte. "Am Montag, dem 3. April, war ich um 8 Uhr im Landratsamt und übernahm alle Termine", so Westner. Zum Auftakt musste er noch am gleichen Tag eine Kreistagssitzung leiten, in der unter anderem der Haushalt beschlossen wurde. Bis 10. Dezember 2017 dauerte Westners zweite "Amtszeit" als Chef der Kreisbehörde.

"Ich möchte diese Zeit nicht missen. Sie war gelegentlich anstrengend, aber in hohem Maße erfüllend", sagte Westner bei der konstituierenden Kreistagssitzung. Er freue sich, rückblickend feststellen zu können, "dass wir gemeinsam unseren Landkreis sehr erfolgreich gestalten und weiterführen konnten". Die hervorragenden Rankingdaten bei der Wirtschaftskraft und die niedrige Arbeitslosenzahl sprächen ja für sich. Diese positive Entwicklung sei natürlich nicht alleine das Verdienst des Kreistags oder des Landrates, sondern daran seien viele Bürger und die Betriebe und Firmen beteiligt, die Arbeitsplätze geschaffen und Mehrwert generiert hätten, sagte Westner: "Sie sind das starke Rückgrat unseres Landkreises. "

Der langjährige Kreispolitiker erinnerte an einige der vielen Maßnahmen, die während seiner Zeit als Landratsvertreter oder amtierender Landrat angestoßen oder durchgeführt wurden. Unter anderem führte er dabei die Generalsanierung der Dreifachsporthalle an der Realschule Manching an, die energetische Sanierung der Berufsschule Pfaffenhofen, die Generalsanierung des Hallenbades an der Manchinger Realschule und der Dreifachsporthalle am Schyren-Gymnasium sowie den Neubau der Anton-Wolf-Mehrzweckhalle in Geisenfeld.

"Fiasko" verhindert Einen Punkt hob Westner in der Bilanz seiner Amtszeit ganz speziell hervor: Es freue ihn besonders, dass er verhindert habe, dass die bereits beschlossene "Generalsanierung" der Ilmtalklinik "zu einem Fiasko wird": Im August 2017 hätten ihn die Ilmtalklinik-Geschäftsführer darüber informiert, dass die beschlossene vermeintliche Generalsanierung letztlich nur eine Teilsanierung sei, da wesentliche Teile wie etwa die Radiologie und der Keller ausgeklammert worden seien. Bis dahin waren laut Westner rund 70 Millionen Euro für die Sanierung veranschlagt und der Zeitraum auf zehn Jahre festgelegt. "Ich ließ errechnen, was eine wirkliche Generalsanierung kostet und wie lange sie voraussichtlich dauern würde", blickte Westner zurück: "Die Zahlen waren mehr als erschreckend. Die Kosten explodierten auf mehr als 135 Millionen Euro und die Sanierungszeit auf 15 Jahre. Auf meinen Vorschlag hin beschlossen die zuständigen Gremien, die Teilsanierung zu stoppen und das Paket nochmals aufzuschnüren. " Unterm Strich sei dann ein sehr gutes Konzept mit Gesamtkosten von geschätzt 107 Millionen Euro und einer Bauzeit von etwa acht Jahren auf den Weg gebracht worden, so Westner.

"Sehr gefordert" habe ihn auch die Explosion bei der Bayernoil am 1. September 2018 in Vohburg, berichtete der bisherige Stellvertretende Landrat, der damals sofort zur Einsatzleitung nach Rockolding fuhr und in Abstimmung mit der Kreisbrandinspektion den Katastrophenfall ausrief. Und auch die Geiselnahme einer Mitarbeiterin des Jugendamtes am 6. November 2017 habe "viele Nerven gekostet", sagte Westner. Die Nachricht von der Geiselnahme habe ihn damals beim Leonhardiritt in Bad Tölz erreicht, woraufhin er sofort nach Pfaffenhofen zurückgefahren sei.

Kein Wort an Wolf

Beim Blick zurück auf seine Amtszeit als stellvertretender oder amtierender Landrat freue ihn ganz besonders, dass er vielen Bürgern bei ihren Anliegen habe helfen können, zog Westner Bilanz. Dies gelte in erster Linie für die Genehmigung von Bauanträgen. Hier habe er sich, wenn es rechtlich auch nur irgendwie möglich erschien, stets für die Belange der Bauwerber stark gemacht und ihnen dabei geholfen, bürokratische Hürden aus dem Weg zu räumen. Westner bedankte sich hier für die "sehr große Unterstützung" durch die Bauabteilung.

Dankesworte galten auch den jeweiligen weiteren stellvertretenden Landräten Franz Rothmeier (2008 bis 2014) und Josef Finkenzeller (2014 bis 2020) für die gute Zusammenarbeit, den Fraktionssprechern und Kreisräten, den Mitarbeitern des Landratsamtes - und seiner Frau Martina "für die großartige Unterstützung".

Nur einer fehlte in der Aufzählung der Weggefährten, denen Westner zum Abschluss dankte: Der bisherige Landrat Martin Wolf, dem sein ehemaliger Stellvertreter in seiner Rede weder Dankes- noch sonstige Worte widmete. Die meisten Kreisräte wunderte das freilich wenig, denn die beiden CSU-Parteifreunde sind sich ja schon seit längerem in inniger Abneigung verbunden.

Anton Westners Schlusswort: "Für mich ist die Zeit gekommen nur noch einfacher Kreisrat zu sein, ein wenig loszulassen und vielleicht woanders mitzuhelfen. "

DK

Robert Schmidl