Männer als Packesel

01.06.2008 | Stand 03.12.2020, 5:52 Uhr

Ein Platz im Schatten, das war alles, was nach dem Einkaufen zählte. Das Familienfest als riesiges Picknick.

Ingolstadt (DK) Es war heiß, so richtig heiß: Beim gestrigen Eventiz floss der Schweiß in Strömen, und wer dabei war, der ist heute an zwei Merkmalen zu erkennen: Sonnenbrand im Gesicht und Einkerbungen an der Schulter.

Von den Trageriemen der Taschen. Denn auch dieses Mal schleppen die Besucher weg, als sei für immer Ladenschluss. Vor allem die Männer müssen als Lastenträger herhalten für Kaffeemaschinen, Staubsauger und Dampfbügeleisen. "Wir sind halt die Packesel", meint ein Ingolstädter, der vorm Schnäppchenmarkt mit der ersten Fuhre auf seine Frau wartet. In dem riesigen Zelt, das bereits vor elf Uhr zum ersten Mal wegen Überfüllung geschlossen werden muss, herrscht so richtig dicke Luft. Die Kräfte an den Kassen können einem richtig leid tun.

Beim Anblick der vielen Menschen, die prall gefüllte Koffer auf Rollen hinter sich herziehen, möchte man glauben, ganz Ingolstadt sei gerade aus dem Urlaub heimgekehrt. Im Gepäck sind allerdings nicht Klamotten, sondern Waschmittel und Weichspüler. Dazu kommen beladene Kinder- und Bollerwagen, eimerweise Äpfel, Bananen und Ananas, Sechserpackungen mit Apfelschorle und die obligatorischen knallgelben Edeka-Tragetaschen mit Nudeln, Knabberzeug und Wurst. "Das reicht fürs nächste Jahr", meint ein Mann und wischt sich ermattet den Schweiß von der Stirn.

Die ersten Besucher, die an den Absperrungen die Poleposition halten, sind aber nicht die Schnäppchenjäger, sondern die Fans. "Wir stehen hier schon seit drei Uhr", erzählen Chrissi und Johanna aus München und kreischen los: "Sarah, wir stehen voll hinter dir." Die Sängerin tritt zwar erst am Abend auf, doch das ist den 16-jährigen Mädels egal. "Für Sarah gehen wir über unsere Grenzen hinaus." Isomatte, Schirm und Getränke haben die beiden dabei, um gerüstet zu sein für das stundenlange Warten vor der Bühne. Und Tüten voller Geschenke haben sie mitgebracht: "Sarah ist unser Leben."

Die Killerpilze sind – genau wie ihre Fans – schon Stunden vor ihrem Auftritt zur Stelle und nutzen die Zeit, um hinter der Bühne in der prallen Sonne Fußball zu spielen. "Wir sind ja noch jung und haben genug Energie", meint der 19-jährige Mäx. Jo und Fabi, die beiden Brüder, können richtig gut kicken, denn sie spielen in einem Verein. Das erzählen die Eltern am Rande des Konzerts. Deren größte Sorge ist, dass die Kinder nur ja auf dem Teppich bleiben und Kontakt zu ihren alten Freunden halten. Promis als Nachwuchs zu haben, sei anfangs schon gewöhnungsbedürftig, so Birgit Schlichter, die Mutter von Maximilian. "Aber da wächst man rein."

Am Sanitätspunkt des Roten Kreuzes direkt neben der Bühne herrscht bereits gegen Mittag Großalarm. "Wahnsinn, die fallen reihenweise um", meint ein Helfer, als wieder ein Mädchen hineingetragen wird, im Gesicht bleich und wächsern. "Wir bieten denen Wasser an, aber die wollen nichts trinken aus Angst, dass sie aufs Klo müssen." Denn dann ist der mühsam erkämpfte Platz vor der Bühne weg. Am Abend, beim Auftritt von Sarah Connor, stehen die Mädels wieder vorne am Gitter: "Gerade hingen die noch am Infusionstropf", so ein junger BRKler.

160 Menschen musste das BRK versorgen, das mit über 100 Leuten beim Eventiz im Einsatz war. Sechs Menschen wurden mit kleineren Verletzungen ins Krankenhaus gebracht. "Das ist doch nichts angesichts der 50 000 Besucher insgesamt", meint Claus Hollinger, Vertriebs- und Marketingchef von Edeka. Er ist zufrieden mit dem Verlauf des Familienfestes. "Das ganze Package hat wieder gut funktioniert." Thomas Gogl, Geschäftsführer der IZ Regional, erzählt, die 20 000 Tombolalose seien innerhalb von drei Stunden weggegangen. Nur die sechs Treffer an der Torwand für den Opel Caravan, die hat niemand geschafft.

Tapfer durchgehalten haben auch die Kinder beim Eventiz-Marathon: Sie toben trotz der Affenhitze in den Hüpfburgen herum oder stehen eine Stunde in der prallen Sonne an, um mit dem Rollerball die Rampe hinabzukugeln. Nur Matthias Mayer, der das große Spielzeug bedienen muss, lächelt ziemlich müde. Immer wieder muss er die Rampe rauf und wieder runter, um den Ball aus der Winde aus- und einzuklinken. Er schiebt sich den Schlauch vom Gebläse unters Hemd, um sich ein wenig abzukühlen. Sein Gesicht ist weiß-verklebt von Schweiß und Sonnencreme: "Das hab’ ich mir schon am Freitag beim Aufbau verbrannt."

Fest steht jedenfalls jetzt schon: IZ und Edeka werden auch ein sechstes Familienfest veranstalten, wieder auf dem Volksfestplatz. Gogl: "Das Eventiz gehört zu Ingolstadt, ins Herz der Stadt."