Ingolstadt
„Lügen, Lügen, Lügen, Lügen“

Ehemaliger Betreiber eines Bierfachgeschäfts in der Innenstadt für drei Jahre ins Gefängnis

07.01.2019 | Stand 23.09.2023, 5:34 Uhr
Amtlich verschlossen: Die Stadt sperrte im Januar 2017 den Laden des Angeklagten in der Ingolstädter Innenstadt, weil bekannt geworden war, dass gegen den Betreiber eine durch das Landratsamt Dachau verhängte und seit 2005 rechtskräftige Gewerbeuntersagung vorlag. −Foto: Hammer/Archiv

Ingolstadt (DK) Wegen 15-fachen Betrugs, Insolvenzverschleppung sowie des Vorenthaltens von Sozialabgaben ist am Montag der frühere Betreiber eines Bierfachgeschäfts in der Ingolstädter Innenstadt zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden. Drei Jahre Haft verhängte das Amtsgericht nach sieben Verhandlungstagen gegen den vielfach einschlägig vorbestraften 43-jährigen Sachsen. Dieser kündigte gleich eine Berufung an.

„Lügen, Lügen, Lügen, Lügen“ – so fasste Richter Michael Fein das frühere Geschäftsgebaren und auch das Aussageverhalten des Angeklagten vor Gericht zusammen. Über viele Monate hatte es der notorische Betrüger verstanden, seine Geschäftspartner mit Ausflüchten hinzuhalten und die bestellte flüssige Ware für seinen Bierladen in der Altstadt nicht bezahlt. Bei der Anmietung von Objekten ging der 43-jährige Sachse nach Überzeugung des Gerichts und der Staatsanwaltschaft genauso vor. Die verabredeten Summen blieb er schuldig. Alleine der Schaden aus den Betrugsfällen summierte sich laut Anklage auf rund 50 000 Euro. Und das alles unternahm der bereits mit einem Dutzend Vorstrafen belastete Möchtegern-Geschäftsmann, obwohl gegen ihn bereits seit 2005 eine Gewerbeuntersagung vorlag. Wegen einschlägiger Verurteilungen war der Betrüger auch schon in Haft gesessen und stand in der für die Ingolstädter Fälle relevanten Tatzeit auch unter offener Bewährung.

„Was Sie hier machen, das spielt in einer anderen Liga, als wenn ein Handwerker mit seinem Geschäft vor sich hinwurstelt, das hier ist vorsätzlicher Betrug zur Geldbeschaffung“, sagte Fein. Vor Gericht war sich der Angeklagte aber an den sieben Prozesstagen keiner großen Schuld bewusst. Zwar gestand er das Veruntreuen der Sozialabgaben für drei Mitarbeiter ein, die meisten anderen Vorwürfe stritt er allerdings ab, sodass Verteidiger Reinhard Riedel für einige Punkte einen Freispruch und für den Rest eine (milde) Bewährungsstrafe forderte. Und das, obwohl das Gericht sehr bald in dem Prozess deutliche Hinweise gegeben hatte, wohin die Reise in dem Verfahren gehen würde: in Richtung . „Wir haben in einem Gespräch ja schon mal eine Strafe in Aussicht gestellt. Die hätten Sie annehmen sollen“, sagte der Richter dem Verurteilten. Aus Feins Sicht hat die umfangreiche Hauptverhandlung („ein sehr interessantes Verfahren“) sogar die nach Aktenlage kritisch anmutenden Teile der Anklage vollauf bestätigt. „Die Zeugen, die Sie aufgeboten haben, sind Ihnen teils in den Rücken gefallen“, so der Richter.

Tatsächlich verlor kaum einer der Gehörten ein gutes Wort über den Angeklagten, der in der (Craftbier-)Szene schnell viel verbrannte Erde hinterlassen hatte. „Und das ist ja keine große Szene, das sprach sich alles schnell herum“, sagte Fein. Letztlich kam der mutmaßliche Betrüger nur noch gegen Vorkasse an Ware. Doch das hielt ihn nicht davon ab, die sehr skeptische Lieferantin nach vielen Telefonaten zu einer Lieferung zu beknien und sie dann mit einer geplatzten Überweisung übers Ohr zu hauen, wie Fein einen exemplarischen Fall skizzierte. „Reden können Sie anscheinend!“, so der Richter. Wie erwähnt, schwebte dabei über dem Geschäftsbetrieb „wie ein Damoklesschwert“ (Fein) dauernd die rechtskräftige Gewerbeuntersagung, die dem Betrüger natürlich sehr bewusst und präsent gewesen sein dürfte. „Sie mussten damit rechnen, dass jeden Moment einer von der Stadt kommt und Ihnen den Laden zusperrt“, sagte Fein. Das geschah letztlich im Januar 2017. Mit der Verurteilung zu drei Jahren Gefängnis folgte das Gericht annähernd der Forderung des Anklägers, der eine Strafe von drei Jahren und vier Monaten wollte. Fein verkündete auch, dass fast 20 000 Euro als sogenannter Wertersatz bei dem Verurteilten eingezogen werden. Doch ob bei ihm jemals etwas zu holen sein wird, ist angesichts des laufenden Insolvenzverfahrens fraglich. Strafrechtlich dürfte der Fall durch die angekündigte Berufung ans Landgericht wandern.

Christian Rehberger