Neppersreuth
Landwirte fühlen sich verunglimpft

CSU-Agrarexperten tagen in Kammerstein Mehr Hilfen für ländlichen Raum versprochen

09.12.2016 | Stand 02.12.2020, 18:56 Uhr

Landwirtschaftsminister Manfred Schmidt zeigt sich beim Treffen der CSU-Agrarexperten in Kammerstein kämpferisch. - Foto: Schmitt

Neppersreuth (rsc) Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt, der Europaabgeordnete Albert Deß, der selbst Landwirt war, Marlene Mortler, agrarpolitische Sprecherin der CSU im Bundestag, und die Kreisvorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft Landwirtschaft (AGL) innerhalb der Landes-CSU: Mehr Parteikompetenz in Sachen bäuerliche Landwirtschaft geht nicht. Im Kammersteiner Ortsteil Neppersreuth haben sich etwa 70 CSU-Agrarexperten aus ganz Bayern getroffen, um über aktuelle politische Fragen zu diskutieren.

Es war die erste Tagung der Landes-AGL im Landkreis Roth.

Der Fokus lag dabei auf dem Gesetzentwurf der Staatsregierung für ein bayerisches Gesetz zur Sicherung der bäuerlichen Agrarstruktur. Die AGL sieht nämlich die Gefahr, dass die Bäuerinnen und Bauern beim Erwerb landwirtschaftlicher Grundstücke künftig immer öfter den Kürzeren ziehen werden. "Die Konkurrenz um das knappe Gut Boden ist groß, die Preise für landwirtschaftliche Grundstücke haben sich zwischen 2004 und 2014 fast verdoppelt", hieß es. Daher sollen die Genehmigungsverfahren für den Verkauf landwirtschaftlicher Grundstücke nach Meinung der AGL verschärft werden.

Ein weiterer Diskussionspunkt war der bayerische Agrarhaushalt. Marlene Mortler freute sich darüber, dass etwa die Hälfte der Gesamtausgaben von 1,4 Milliarden Euro in Fördermittel für den ländlichen Raum fließen. "Für die ländliche Entwicklung mit Dorferneuerung und Maßnahmen zum Boden- und Erosionsschutz beispielsweise wird der Freistaat 2017 rund 16 Millionen Euro mehr bereitstellen", rechnete Mortler vor. Damit und auch mit dem Bundeshaushalt für nächstes Jahr würdige die CSU ländliche Gebiete als wichtigen Lebens- und Wirtschaftsraum. Der Etat für das "Bundesprogramm Ländliche Entwicklung" werde um fast das Sechsfache auf 55 Millionen Euro erhöht, sagte die Politikerin.

"Auch die EU will den ländlichen Raum im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik mehr fördern und beispielsweise den ländlichen Tourismus unterstützen", ergänzte Albert Deß als agrarpolitischer Sprecher der EVP-Fraktion im Europaparlament.

Bundesagrarminister Christian Schmidt brachte insbesondere die Einigung der Koalition zum Klimaschutzplan 2050 des Bundesumweltministeriums zur Sprache. Der Kammersteiner Landtagsabgeordnete Volker Bauer bezeichnete Umwelt und Klimaschutz dabei als wichtige Zukunftsthemen. "Ich warne aber davor, den Bogen mit zu viel Regulierung zu überspannen", fügte er hinzu. Deutschland sei heute schon Vorreiter in Sachen Umwelt- und Klimaschutz. "Wichtig ist deshalb vielmehr, die Verbraucherinnen und Verbraucher umfassend zu informieren", sagte Bauer.

Angesichts der anhaltenden Preiskrise auf vielen landwirtschaftlichen Sektoren betonte Mortler, mit den bisher beschlossenen Hilfeleistungen der Politik fest an der Seite der Landwirte zu stehen. Zuletzt habe sich die Regierungskoalition auf einen Gesetzentwurf zur Gewinn- und Tarifglättung für land- und forstwirtschaftliche Betriebe im Einkommenssteuerrecht geeinigt. Bundesminister Schmidt versicherte, alles dafür zu tun, um die Landwirte im Markt zu stärken. "Alles andere wäre Augenwischerei", sagte Schmidt.

Die schlechte Stimmung der Landwirte spiegele sich nach Darstellung der AGL nicht nur in der derzeitigen finanziellen Lage vieler Höfe wider. "Die Bäuerinnen und Bauern fühlen sich in der öffentlichen Wahrnehmung missverstanden", so der Tenor der Wortmeldungen. "Die Landwirte sehen sich einer Welt selbsterklärter Experten gegenübergestellt, in der jeder glaubt, ihre Arbeit besser machen zu können als sie selbst", kritisierte Marlene Mortler. "Das ist für viele sehr frustrierend."

Besonders emotional wurde bei der AGL-Tagung darüber diskutiert, dass immer mehr Organisationen die Landwirtschaft öffentlich verunglimpfen. "Teilweise schrecken sogar gemeinnützige Umwelt- und Tierschutzorganisationen nicht davor zurück, widerrechtlich in Ställe einzubrechen, ohne rechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen", schilderte ein Mitglied des AKL-Kreises. "Kein Wunder also, wenn unsere Bäuerinnen und Bauern den Glauben an den Rechtsstaat verlieren", sagte Mortler. Sie versprach den CSU-Landwirten, sich in Berlin weiterhin mit Herzblut für sie einzusetzen. "Wenn wir das nicht tun, werden sich die Bauern anderen Parteien zuwenden", betonte sie.

Im Anschluss an die leidenschaftliche Diskussion besichtigten die Mitglieder der Landes-AGL den nahen Kürbishof der Familie Schnell. Im Angebot des Hofladens sind hochwertige Kürbiskernöle und Produkte aus Kürbiskernen zu finden. Viele Bäuerinnen und Bauern aus ganz Bayern empfanden den Rundgang als "positives Glanzlicht".