Ingolstadt (DK) Man mag ein Bauunternehmen nicht sofort mit der Förderung von Kultur in Verbindung bringen.
In Ingolstadt allerdings gehört die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft (GWG) ohne Zweifel zu den besonderen Unterstützern der Kreativszene. Neben "Kunst am Bau" - etwa die Lichtsäule von Ludwig Hauser im Piusviertel, der Prinzenbrunnen von Richard Gruber oder das "Fotoalbum" von Tom Neumaier im Konradviertel - ist vor allem ein Projekt in Erinnerung geblieben: das Abbruchhaus in der Stargarder Straße. 17 Künstlerinnen und Künstler gestalteten im Winter 2017 ein abrissreifes Haus der GWG zu einem begehbaren Kunstwerk um. Die damalige Zusammenarbeit der GWG mit dem Berufsverband Bildender Künstler Oberbayern Nord und Ingolstadt (BBK) findet jetzt eine Fortsetzung.
Peter Karmann, der Geschäftsführer der GWG, räumt ein, er habe seinerzeit "schon etwas Bauchschmerzen gehabt". Bei Künstlern weiß man ja nie, wen man sich da ins Haus holt. Was, wenn die das Gebäude besetzen und einfach nicht mehr gehen? Die Sorge war unbegründet und Karmann schwärmt noch heute, wenn er an das Projekt zurückdenkt. Nicht nur wegen der "herausragenden Qualität" der künstlerischen Arbeiten, sondern vor allem von dem "phänomenalen Interesse" vieler Ingolstädter. Auch von solchen, die sich vielleicht sonst nicht mit Kunst auseinandersetzen und etwa kaum in Ausstellungen gehen.
Diese positive Erfahrung hat Karmann und die GWG jetzt bewogen, ein weiteres Projekt mit dem BBK zu starten. Schließlich gehört der "baukulturelle Auftrag" neben sozialen, ökonomischen und ökologischen Belangen zu den vier Grundsäulen im Selbstverständnis der GWG, wie Karmann erklärt. Bei der Sanierung von 15 Häusern aus den 1950er Jahren an der Niemeser und der Schillerstraße sollen die Treppenhäuser von Künstlern gestaltet werden. "Durch die künstlerische Gestaltung können sich die Bewohner mit ihrem Haus identifizieren", erklärt Karmann. Die GWG wolle damit auch ihrer Wertschätzung für die Mieter Ausdruck verleihen.
Im November hat die GWG unter den Mitgliedern des BBK einen Wettbewerb ausgelobt. 30 Künstler haben sich beworben, 15 Projekte hat die Jury mit Josef Huber, Stefan Pfättisch (beide BBK), Karmann, Alexander Bendzko und Paul Melia (alle GWG) für eine Umsetzung vorgesehen. Für jedes ist ein Budget von 20000 Euro vorgesehen. Die Arbeiten an den Kunstwerken werden wo es geht mit Renovierungsarbeiten verbunden. Die Treppenhäuser verfügen alle über große Fenster oder Glasfassaden, sodass die Arbeiten auch von außen wahrgenommen werden. "Das ist eine tolle Gelegenheit, unsere Philosophie zu leben", freut sich Werner Kapfer, der Vorsitzende des BBK. "Wir wollen Kunst an die Menschen, in ihren Alltag und die Stadtgesellschaft bringen. "
Zunächst werden die Projekte von Brigitte Schuster, Karin Roth und Hanni Goldhart in die Tat umgesetzt. Die Glaskünstlerin Brigitte Schuster will dabei - wie einige ihrer Kollegen - die Bewohner des Hauses mit einbeziehen. Ihr schwebt ein "Treppenturm der Generationen" vor. Dafür will sie alle Scheiben aus der Glasfassade des Treppenhauses in der Schillerstraße 70 durch bunt gestaltete Gläser ersetzen. "Ich hoffe, dass viele Bewohner mitmachen und werde jetzt erst einmal Zettel in die Briefkästen werfen", kündigt sie an. Die Malerin Hanni Goldhart hat sich für "ihr" Treppenhaus ein Farbkonzept überlegt. Jeder Stock soll eine eigene Farbe kriegen. Auch die Rahmen der Wohnungstüren werden bunt. "Auf jedem Absatz soll außerdem ein Wandbild entstehen, das in der jeweiligen Farbe des Stockwerks gehalten ist", erklärt die Künstlerin. Für ihre schwarz-weiß gestreifte Wohnung hat Karin Roth schon beim Projekt Stargarder Straße viel Applaus bekommen. Ihr schwebt für das Treppenhaus in der Niemeser Straße jetzt etwas Ähnliches vor. Die Maler der GWG grundieren die Wandflächen nach den Vorgaben der Künstlerin, dann wird Karin Roth ihre Streifen ergänzen.
Noch in diesem Jahr sollen sechs weiter Künstler mit ihren Arbeiten beginnen, die anderen folgen 2020. Und anders als 2017 werden ihre Werke nicht nach wenigen Tagen abgerissen, verspricht die GWG.
Johannes Hauser
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