Gerade
Kraxeln extrem

05.12.2013 | Stand 02.12.2020, 23:20 Uhr

Gerade wühle ich mich durch einen Stapel Prospekte und suche nach einem passenden Weihnachtsgeschenk für mich. Aber ich mag keine Playstation IV, keine X-Box und nicht einmal das Tatsch-Händie mit Kaffeeautomatenfunktion. Das alles ist Schnickschnack und gehört nicht zur Grundausstattung für den aufgeweckten Eichstätter.

Nein, ich spechte nach einer günstigen, aber robusten Bergsteigerausrüstung. Ein „Must-Have“, wie wir „Sale-Jäger“ zu sagen pflegen. Wenn Sie mich jetzt fragen, ob ich die Eigernordwand im Alleingang bezwingen will, outen Sie sich als Ortsfremder, unvertraut mit den hiesigen Verhältnissen. Also: Die Freuden des Extremkraxelns erlebe ich jedes Mal, wenn ich einen Ausflug nach Eichstätt unternehme. Überall in den Straßen und auf den Plätzen tun sich Risse und Krater auf, an denen die Nachbarn aus dem Ries ihre Freude hätten.

Die Pedettistraße, der Walburgiberg, das Spindeltal, selbst unser Einfallstor in die „City“, die Fuchsbräugasse, sind praktisch unpassierbar. Mit dem Attribut „dringender Bedarf“ senken die Bausachverständigen den Daumen über weite Teile unseres Wegenetzes. Mit anderen Worten: das ideale Übungsgelände für ein Pionierbataillon der Bundeswehr, und selbst das würde an der Ostenstraße bei der Trompete scheitern.

Millionen und Abermillionen sind nötig, um auch nur die gröbsten Schäden zu beheben. Aber die hat die Stadt nicht, und die Anwohner der Trümmerwüsten atmen auf. Würde grundlegend saniert, müssten sie ihr letztes löchriges Unterhemd verpfänden, um die Kostenumlegung stemmen zu können, gell, ihr Kugelberger.

Natürlich bleibt die Stadt nicht untätig: Geologen kundschafteten einen sicheren Pfad über den zerklüfteten Marktplatz aus und markierten ihn erst einmal mit einem unübersehbaren Asphaltband. Die wackeren Bauhofmitarbeiter haben in der Zwischenzeit einen besonders tiefen Trichter am Marktplatz hermetisch mit Absperrgittern abgeriegelt. Dieses vorbildliche Beispiel könnte Schule machen: Um jedes Loch kommt ein solider Bauzaun. Seit solche Elemente nicht mehr für den Schutz des Freibades benötigt werden, haben wir da jede Menge Material zur Verfügung. Und wenn jede Absenkung abgesichert ist, geht vielleicht ein jahrhundertelanger Wunschtraum von uns Eichstättern in Erfüllung: die weiträumige Umgehungsstraße über den Berg. Weil das Tal dann endgültig unpassierbar ist.

Pfüat Gott, Ihr

Schlossleutnant

Lorenz Krach