Lenting
Konkrete Erinnerungen

Burghard Müller-Dannhausen in der Galerie Lothar Kurz in Lenting

03.01.2013 | Stand 03.12.2020, 0:39 Uhr

Konkretes Prinzip: Höchstens vier Farben und Weiß verwendet Burghard Müller-Dannhausen für ein Bild - Foto: Kurz

Lenting (DK) Als hätte das Ingolstädter Museum für Konkrete Kunst eine Zweigstelle in Lenting, so eindeutig präsentieren sich die Bilder des Malers Burghard Müller-Dannhausen in der dortigen Galerie Lothar Kurz. Geometrisch und farbformal ist das Werk des 65-jährigen akademischen Künstlers aus Koblenz, bestimmt von klar abgegrenzten Farbflächen und -streifen; ganz, so scheint’s, wie es das konkrete Genre klassischerweise verlangt.

Und doch: Etwas ist anders hier. Etwas widerspricht der eigenen Behauptung einer nicht anders als konstruktiv möglichen Deutung. Eigentümlich emotional, atmosphärisch, stimmungshaft wirken die Bilder, ein Schweben und Fließen liegt über den Räumen, deren bildnerische Ausstattung auch das Außen mit einbezieht. Nicht von ungefähr setzte der Künstler in seiner Hängung seine Arbeiten immer wieder in Bezug zum Blick aus den Fenstern der Galerie: Das bewegte Gewirr eines Bambusstrauchs im Garten etwa korrespondiert dann mit vertikalen Streifen in Blau-, Grau- und Brauntönen, die zwar exakt ihre Breiten halten, aber ein wenig aus dem Lot gekippt sind. Ein Zwiegespräch über immanente Ordnung und eigenständige Bewegung scheinen Bild und Strauch zu führen. Konkrete Kunst?

Und dann die Titel! Auch sie formuliert Müller-Dannhausen, der einst eine Schriftsetzerlehre absolvierte, danach die Werkkunstschule Mannheim besuchte und schließlich an der Frankfurter Hochschule für Bildende Künste bei deren Rektor Johannes Schreiter studierte, auf den ersten Blick so genregerecht wie irgend denkbar: Mathematische Zahlenreihen betiteln seine Arbeiten. Doch nicht um Formeln für Farbmischungen, Brechungen, Winkel oder Flächenverhältnisse geht es hier, sondern um das exakte Entstehungsdatum des Bildes. Und das ist bedeutsam für Müller-Dannhausens Werk.

Denn von Erlebnissen, die ihn berühren, lässt sich der Künstler zur Bildidee inspirieren; seine Gefühle und Stimmungen zum Ereignis transformiert er (mit zeitlichem Abstand) in farbformale Sprache. Erinnerungstagebücher sind die Bilder – und das, unterschwellig spürbar in der poetischen, ja intimen Atmosphäre der Ausstellung, ist dem konkreten Prinzip gänzlich diametral.

Und doch ist Burghard Müller-Dannhausens Kunst, sind seine Streifen und Flächen, seine eigenen Gestaltungscredi optisch und inhaltlich eindeutig konkret. Es ist die Spannung zwischen zu Sehendem und zu Fühlendem, die Gleichberechtigung zwischen Prinzip und individueller Stimmung, der die Präsentation in der Lentinger Galerie ihren besonderen Reiz verdankt.

Galerie Lothar Kurz, Lenting, bis 31. Januar, geöffnet Mo bis Fr von 8 bis 16 Uhr, Sa von 8 bis 12 Uhr.