Hilpoltstein
"Klarheit, bitte schnell"

CSU-Kommunalpolitiker sehnen sich nach Ende des Führungsstreits - Söder klarer Favorit

01.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:08 Uhr
Ringen in der CSU um die Macht: Markus Söder, Horst Seehofer, Joachim Herrmann und Manfred Weber (im Uhrzeigersinn). Am Montag soll endlich entschieden werden. Die Basis ist genervt. −Foto: dpa

Hilpoltstein/Heideck/Greding/ Roth (HK) Das monatelange, unwürdige Gezerre um die Seehofer-Nachfolge nervt die CSU-Basis im Landkreis Roth und den Landtagsabgeordneten Volker Bauer. Am Montag will der Ministerpräsident endlich für Klarheit sorgen. Zuerst in der Fraktion, dann im CSU-Vorstand.

"Wenn am Montag nicht geliefert wird, könnte die Stimmung eine ungewollte Eigendynamik entwickeln", warnt Volker Bauer. Die Landtagsfaktion ist offensichtlich sauer über Seehofers Hinhaltetaktik und immer neue Gerüchte um seine Nachfolge. Man erwarte schon lange eine Entscheidung, sagt Bauer. Am Mittwoch schreckte die CSU-Abgeordneten die Meldung auf, Innenminister Joachim Herrmann, ein loyaler Seehofer-Vertrauter, werde sich um das Amt des Ministerpräsidenten bewerben. Am Donnerstagabend sickerte durch, dass CSU-Vize Manfred Weber Parteichef werden wolle.

"Konstruktive Unruhe", nennt Volker Bauer den derzeitigen Zustand in der einst so geschlossenen Partei. "Der Spannungsbogen ist ordentlich auf Zug." Am Mittwoch, nach Herrmanns angeblicher Bewerbung, postete Bauer noch: "Fraktion irritiert. Eiszeit heute." Einen Tag später hielt er die Meldung bereits für eine "Zeitungsente". Herrmann werde am Montag in der Fraktion nicht in einer Kampfabstimmung gegen Markus Söder antreten. "Die Stimmung in der Fraktion ist auch ihm nicht verborgen geblieben", sagt Bauer. Und dort ist Finanz- und Heimatminister Söder mehr denn je der klare Favorit. Herrmanns angebliche Kandidatur habe laut Bauer dazu geführt, dass "ein Schwung Unentschlossener noch zu Markus Söder gewechselt ist". Auch im CSU-Kreisverband Roth, dessen Vorsitzender Bauer ist, gebe es "ein eindeutiges Votum für Markus Söder". Allerdings möchte vor allem die "ältere Generation" im Kreisverband einen anständigen Übergang.

"Der Spannungs-bogen ist ordentlich auf Zug."

Volker Bauer

 

 

Der jüngeren Generation kann es nicht schnell genug gehen. "Wir brauchen einen glaubwürdigen Neuanfang", sagt Daniel Matulla, CSU-Ortsvorsitzender von Roth und stellvertretender Bezirksvorsitzender der Jungen Union (JU). Seehofers Fehler hätten schon bei der Europawahl 2014 begonnen. Stimmen holen wollen und doch auf Europa zu schimpfen, sei der falsche Ansatz gewesen. Und bei der jüngsten Bundestagswahl habe der CSU-Parteichef wieder den gleichen Fehler begangen. Jahrelang habe er über Merkel geschimpft und sie dann urplötzlich zur "hervorragenden Kandidatin" erklärt. "Dafür und gleichzeitig dagegen, das klappt nicht", kritisiert Matulla Seehofers Kurs.

Die JU habe daher verlangt, das desaströse Wahlergebnis gründlich aufzuarbeiten. "Aber das ist von oben blockiert worden", sagt Matulla. Krönung der Ignoranz sei Seehofers Fernbleiben auf der JU-Landesversammlung Anfang November in Erlangen gewesen. Gekommen war: Söder. Die JU empfing ihn mit Schildern als neuen Ministerpräsidenten.

"Mein Favorit ist Söder", sagt Ulla Dietzel, CSU-Vorsitzende aus Hilpoltstein. "Er hat mehr Esprit, kann sehr schnell auf Dinge reagieren und ist vom Typ her aggressiver als Herrmann." Auch vom Alter her sei er die bessere Wahl, Söder ist 50, Herrmann 61.

"Beide sind auf alle Fälle besser, als die jetzige Lösung", sagt Ulrich Winterhalter, Vorsitzender des CSU-Ortsverbandes Heideck. Seehofers ständige Ausweichmanöver "kommen jetzt nicht mehr gut an", kritisiert er. "Der permanente Streit mit Merkel hat uns sicher geschadet." Jetzt müsse "ein sauberer Schnitt" kommen, fordert der Heidecker. Seiner Ansicht nach müsse Seehofer auch als Parteichef seinen Hut nehmen. "Ich halte nichts davon, dass er da weiterdoktert", sagt Winterhalter. Am liebsten wäre es ihm, wenn Parteivorsitz und das Amt des Ministerpräsidenten in einer Hand lägen. Und egal, wer jetzt Seehofers Nachfolge antrete, die CSU-Mitglieder in Heideck würden sich mit aller Energie dafür einsetzen, dass man bei der Landtagswahl im Herbst 2018 die absolute Mehrheit verteidigt, "auch, wenn es sauschwer wird". Nach letzten Umfragen liegt die CSU derzeit bei 37 Prozent. Je eher jetzt eine Entscheidung falle, um so schneller könne man dieses Ziel verfolgen, sagt Winterhalter.

Doch über den Parteivorsitz entscheidet weder die Landtagsfraktion noch der CSU-Vorstand, sondern der Parteitag Mitte Dezember in Nürnberg. Daniel Matulla ist dort Delegierter. Dass Seehofer weiter Parteichef bleibt, wenn Söder Ministerpräsident werde, kann er sich nicht vorstellen. "Wenn das Verhältnis der beiden so bleibt wie bisher, wird es keine goldene Zukunft für die CSU geben", prophezeit er.

"Das ist die offenste aller Fragen", sagt Landtagsabgeordneter Bauer. "Da hängt nicht das Herz der Fraktion dran." Man sei in diesem Punkt kompromissbereit.

"Die Inhaltegeraten in den Hintergrund."

Thomas Schmidt

 

"Ich hoffe, dass die CSU aus der Entscheidung wieder einig hervorgeht", sagt Ulla Dietzel. Sie wünscht sich: "Klarheit, bitte schnell." Auflösungserscheinungen sieht sie nicht. "Ich würde nicht sagen, dass die CSU zerfällt."

Aber genervt ist man. Thomas Schmidt, Listenkandidat für die Bezirkstagswahlen aus Greding, kritisiert "das ständige Gegacker über ungelegte Eier". Ihm sei es relativ egal, mit welcher Besetzung man antrete, wichtig sei vor allem ein schnelles Ende der öffentlichen Personaldebatte. Die schätze der Wähler nicht. Spätestens auf dem Parteitag müssten konkrete Vorschläge auf dem Tisch liegen, wer Parteivorsitzender und wer Ministerpräsident werden soll. "Die Inhalte geraten sonst völlig in den Hintergrund", sagt Schmidt. Das Hickhack schwäche auch Seehofers Position bei Verhandlungen über eine Regierungsbildung in Berlin. Und wer solle sonst dort für die CSU verhandeln.

Dass der unvermeidliche Übergang jetzt so holprig sei, lastet er auch Markus Söder an: "Er war zwar in vielen Talkshows, hat es aber verpasst, bundespolitische Erfahrung zu sammeln." Und Seehofer habe prominente Leute aus Berlin nach München geholt, Profil gewinnen durften sie aber nicht.

Jetzt müssten die Personaldebatten ein Ende haben, fordert Schmidt, damit "Weihnachtsfrieden einkehrt". Dann korrigiert er sich: "Weihnachtsruhe." In diesem Punkt ist die Stimmung an der CSU-Basis eindeutig, das weiß auch Volker Bauer: "Die Leute wollen jetzt endlich wieder Ruhe haben." Wenigstens ab Montag.