Plankstetten (DK) Vor einer Trennung von Kirche und Politik hat Professor Hans Maier am Samstag im Kloster Plankstetten gewarnt. Dort fand am Wochenende der Bundestag zum 90-jährigen Bestehen des Bundes Neudeutschland (ND) statt.
Der ehemalige Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (1976 bis 1988) und bayerische Kultusminister (1970 bis 1986) sprach zum Thema "Getrennte Wege? Zur Beziehung von Kirche und Politik". Er stellte zunächst fest, momentan seien Warnzeichen bezüglich eines Auseinanderdriftens von Kirche und Gesellschaft nicht zu übersehen. So stimme es nachdenklich, dass Gerichte Ethik im Schulunterricht oft höher als Religion einstuften und dass die "positive Religionsfreiheit" für Christen immer mehr eingeschränkt werde. Zudem nehme die Zahl der Kirchenaustritte wieder zu, würden "abstrakte Grundsätze oft mehr als konkretes Handeln" gelten. Andererseits, so Maier, sähen manche Kleriker und Bischöfe die Laien immer noch "am liebsten als große singende, betende und wenig widersprechende Gemeinde".
Vor 1917 ausgeschlossen
Bezüglich der Entwicklung des Katholizismus in Deutschland sagte der Referent, dieser sei vor 1917 von der Politik ausgeschlossen gewesen. Danach hätten Katholiken die politische Auseinandersetzung bis zum Ende der Weimarer Republik gewissenhaft wahrgenommen. Nach 1945 sei "das politische Engagement der Katholiken selbstverständlicher" geworden. Jedoch hätten sie die vorherige "Selbstbehauptung einer Minorität in der Defensive" aufgegeben. Die politische Tradition der Zentrumspartei sei verschwunden, christliche Gewerkschaften seien in der der Einheitsgewerkschaft aufgegangen.
Zudem seien CDU und CSU "interkonfessionell mehrheitsfähig" geworden. Insgesamt sei "der Reflex des Katholischen" breiter geworden, überspitzt formuliert gebe es für Katholiken in Deutschland "heute kein Getto, aber auch keine Sonderrechte mehr". Vielmehr sei ihre "Substanz in die Verfassung integriert".
Detailliert ging Maier auch auf die Aufgaben der katholischen Christen in der Zukunft ein. Seinen Worten zufolge habe ihnen die deutsche Wiedervereinigung zwar neue Perspektiven eröffnet, aber der "lange und komplizierte Prozess der Anpassung" sei noch nicht abgeschlossen. Zudem sah er sowohl im Osten als auch im Westen der Republik aktuell einen "deutlichen Vitalitätsverlust der Kirchen". Gottesdienstgemeinden seien "erheblich überaltert", viele junge Leute würden "Glauben nicht mehr als vitale Kraft" erfahren.
Dritte Welt dominiert
Außerdem stellte Hans Maier fest, den deutschen Katholiken sei immer noch nicht genügend klar, wie sehr sich die Weltkirche verändert habe. Längst sei die Dritte Welt zur "ersten Welt im Katholizismus" geworden. Die aktuell rund eine Milliarde Katholiken weltweit hätten "ihren Schwerpunkt mittlerweile in der südlichen Hälfte". Von dort sei für die Sorgen der Europäer nicht viel zu erwarten.
Vor diesen Hintergründen forderte Maier, dass sich "Kirche und Politik nicht als getrennte Welten betrachten dürfen". Ebenso wenig dürften einzelne Christen Glaube und Politik trennen. Zwar hätten manche Christen noch Schwierigkeiten mit einem "pluralistisch-demokratischen Staat" und würden sich in die "vermeintlich barocke Kirche" zurückziehen. Sie seien dann aber enttäuscht, wenn sie "auch dort Glorie nicht mehr finden".
Abschließend stellte Maier fest: "Der demokratische Staat bedarf der Mithilfe und Unterstützung der Christen." Das müsse auch der Kirche klar sein, denn: "Das Mittelalter wiederholt sich nicht."
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