Büchenbach
Kein Wirtshaus bleibt unbesucht

Alexander Schuster kehrt von der Walz zurück – Stationen in Schweden, Korsika, Frankreich und Kroatien

16.08.2013 | Stand 02.12.2020, 23:46 Uhr

Willkommen daheim: Der Zimmerer Alexander Schuster erklimmt das Büchenbacher Ortsschild und beendet damit seine Walz (oben). Befreundete Gesellen begleiten ihn auf der letzten Etappe - Fotos: Schmitt

Büchenbach (HK) Das Empfangskomitee ist riesig gewesen und hat große Geduld gezeigt. Mehr als zwei Stunden warteten über 30 Verwandte, Freunde und Arbeitskollegen am Ortsschild von Büchenbach auf Alexander Schuster.

Der 25-jährige Zimmerer ist vier Jahre und einen Tag auf Wanderschaft durch ganz Europa gewesen. Alexander Schuster war auf der Walz, wie die Handwerker ihre berufliche Erfahrungsreise nennen. Die beiden letzten Etappen von Nürnberg nach Schwabach und aus der Goldschlägerstadt nach Büchenbach ist Alexander von 13 Wandergesellen begleitet worden. Die Freude am Büchenbacher Ortsschild war riesig, als der Junggeselle eintraf. Mutter Sylvia, Schwester Jasmin sowie die extra aus der Nähe von Braunschweig angereisten Großeltern schlossen den Wanderer als erste in die Arme.

 

Doch nicht nur die nahe Verwandtschaft hatte weite Wege auf sich genommen, um die Rückkehr zu feiern. Zwei große Delegationen aus der Schweiz und aus Schleswig-Holstein waren mehrere hundert Kilometer angereist. In ZimmererbBetrieben in Schwyz und Rickling hatte Alexander Schuster auf seiner Reise jeweils für mehrere Monate Station gemacht.

Seine ehemaligen Chefs loben den Büchenbacher außerordentlich. „Er hat prima gearbeitet“, sagt der Holsteiner Zimmerermeister Hauke Hartz. „Ein netter Kerl und ein fleißiger Zimmerer“, ergänzt der Schweizer Polier Thomas Schallenberg. Im Norden hat sich Alexander Schuster offenbar besonders wohl gefühlt. Denn dort hat er auch seine Freundin kennen gelernt. Seit 2011 sind die 23-jährige Lisa und er ein Paar.

Die Erzieherin war es auch, die den großen Bahnhof in Büchenbach organisierte. Sie fuhr in die Heimatgemeinde ihres Freundes und läutete drei Tage lang an vielen Türen. Die Verantwortlichen der Büchenbacher Kaninchenzüchter enttäuschten sie nicht. In deren Vereinsheim am See fand am vergangenen Samstag eine große Willkommensparty statt. „Was meinst du, was da heute noch abgeht“, prophezeite ein Nordlicht während des Wartens am Ortsschild.

Selbst Büchenbachs stellvertretender Bürgermeister Rudolf Staudt hieß den vorübergehend verlorenen Sohn der Gemeinde willkommen. Schließlich war das Rathaus eine der ersten Anlaufstellen von Alexander Schusters Freundin gewesen. Er selbst war vier Jahre lang kreuz und quer durch Europa unterwegs gewesen. In Kiel, Hamburg und Berlin hat er ebenso gearbeitet wie in Schweden, Korsika, Frankreich, Italien und Kroatien, wo er eine Bar für ein Mittelalterfest baute. Sechs Monate war er in der Schweiz.

Alexander Schuster gehört der Wandergesellenvereinigung der „Rechtschaffenen Fremden“ an. Ihr Erkennungszeichen ist die „Schwarze Ehrbarkeit“, eine Art Krawatte, auf die das Zunftabzeichen der Zimmerer gesteckt wird. Der Altgeselle des Schweizer Kantons Sankt Gallen, also der Chef der Rechtschaffenen dort, war ebenfalls in Büchenbach zu Gast. Hansueli Diem schätzt Schuster als Mensch und Zimmerer sehr. Die Vereinigung unterhält Übernachtungsheime für die Gesellen und dient auch als zentrale Kommunikationsstelle. 13 Zimmerer, Maurer, Dachdecker und Klempner warteten deshalb in Nürnberg auf den heimkehrenden Gesellenkollegen.

Die letzten 25 Kilometer seiner Europatour sollte Alexander Schuster nicht alleine absolvieren müssen. In Schwabach stellten sie sich gegen 14 Uhr vor dem Rathaus zu einem Abschiedsfoto auf. Dann machten sie sich auf den Weg nach Büchenbach. Zu Fuß, wie es Tradition ist. Eine andere Tradition ist es, beim Marsch nicht den geraden Weg zu suchen. Häufig werden Abstecher und Umwege gemacht. Kein Wirtshaus bleibt unbesucht. Zuweilen bildet man auch mitten auf der Fahrbahn einen Kreis, um zu singen und Wein kreisen zu lassen.

Gegen 17.30 Uhr kam die Gruppe in Sichtweite. Sie bot auf den letzten 500 Metern ein einzigartiges Schauspiel. Immer wieder liefen die Männer in die Felder, kreuzten die Straße und umkreisten Autos. Gute 20 Minuten brauchten die Wandergesellen für das letzte Stück und brachten den Verkehr dabei mehrmals zum Stehen. Nach der ersten Begrüßungsfreude bildeten die Gesellen mit ihren Wanderstöcken eine Treppe, auf der Alexander das Ortsschild erklomm. Damit war seine Walz offiziell beendet.