Ingolstadt
"Kein Platz für Relativierung der Nazi-Verbrechen!"

Grüne, Linke und Bündnis "Ingolstadt ist bunt" rufen zu Widerstand gegen Revisionistentagung am 4. November auf

29.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:17 Uhr
Eine kleine Gruppe protestierte im Juni gegen die ZFI. Am kommenden Samstag könnten es ein paar mehr werden. −Foto: Hammer

Ingolstadt (sic) Es dürften sicher nur wieder ein paar Leute von "linksradikaler Seite" sein, die am 4. November vor der Ingolstädter Volkshochschule gegen die Tagung der "Zeitgeschichtlichen Forschungsstelle Ingolstadt" (ZFI) demonstrieren werden, schrieb deren Vorsitzender Gerd Fascius auf Anfrage des DK zum angekündigten Protest gegen das Treffen seines umstrittenen Vereins in Ingolstadt. Er spricht von "angeblichem Widerstand".

 

Da könnte sich Fascius täuschen. Die Ingolstädter Grünen haben für kommenden Samstag eine Demonstration vor der Stadtbücherei angemeldet. Sie rufen mit der Linkspartei, mehreren Verbänden sowie dem Bündnis "Ingolstadt ist bunt" alle Bürger dazu auf, von 9 bis 12 Uhr ein Zeichen gegen den Rechtsradikalimus zu setzen.

Wie berichtet, stehen in der VHS Vorträge revisionistischen Inhalts auf dem Programm. So will der AfD-Mann Stefan Scheil seine These darlegen, in deutschen Schulbüchern würden "Lebenslügen der Bundesrepublik" verbreitet. Auf die Frage, warum so etwas in einer Bildungseinrichtung der Stadt propagiert werden dürfe, hat Kulturreferent Gabriel Engert prüfen lassen, ob sich der Mietvertrag zwischen VHS und ZFI kündigen lasse. Ergebnis: Dafür gebe es "keine rechtliche Grundlage - leider." Die Stadt muss sich nun die Frage gefallen lassen, wie es überhaupt zu diesem Vertrag gekommen ist.

Grünen-Bezirksrat Joachim Siebler findet es "erschreckend, dass die ZFI ganz offen mit solchen Thesen wirbt". Offenbar sehe der Verein den Boden für sich bereitet. "Jetzt trauen sie sich wieder raus!" Siebler bedauert es, dass er auf seinen offenen Brief zur ZFI "keinerlei offizielle Reaktion vonseiten der Stadt bekommen" hat. Es wäre "ein wichtiges Signal, wenn Repräsentanten der Stadt sagen würden: So geht es nicht!". In einem Brief an OB Christian Lösel schreibt Siebler, er habe den "Eindruck, Revisionisten seien in Ingolstadt gut gelitten".

Er fragt auch, wie es sein könne, dass Lösel zur Enthüllung einer Erinnerungstafel für die Opfer des Zweiten Weltkriegs am 15. November auf dem Westfriedhof einlade, "wenn annähernd zur gleichen Zeit eine Veranstaltung an einem anderen öffentlichen Ort der Stadt stattfindet, in der die Verantwortung Deutschlands an eben diesem Krieg negiert wird?".

Auch Agnes Krumwiede, Vorsitzende des Grünen-Bezirksverbands Oberbayern, wird auf der Kundgebung sprechen. Sie richtet einen Appell an die Öffentlichkeit: "Wir laden am 4. November alle Ingolstädterinnen und Ingolstädter ein, mit uns gegen die ZFI zu demonstrieren, in deren Vorstand sich Personen wie Hannes Kaschkat befinden, der im rechtsextremen Grabert-Verlag publiziert hat. Revisionismus und Relativierung der Nazi-Verbrechen dürfen keinen Platz haben in unserer Stadt! Angesichts des Wahlergebnisses für die AfD in Ingolstadt und des Skandals um revisionistische Veröffentlichungen aus den Reihen des Vereins der Freunde des Armeemuseums ist Ingolstadt auf dem besten Weg, zur bayerischen Hochburg des braunen Sumpfes zu werden. Das nehmen wir nicht widerstandslos hin! Es geht uns auch darum, weiteren Imageschaden für unsere Stadt abzuwenden!"

"ZFI-Tagungen dürfen nicht mehr geduldet werden! Es ist an der Zeit, Geschichtsklitterern klare Grenzen aufzuzeigen!", appelliert Eva Bulling-Schröter, langjährige Bundestagsabgeordnete der Linkspartei. "Bereits in den 1980ern war die ZFI im Ingolstädter Stadtrat Thema, und es ist eine Schande, dass sie Jahrzehnte später immer noch ein Thema ist!" Die Spitze der Stadt habe "aus der Geschichte nichts gelernt!".