Köln
Kampf um das Sorgerecht

"Unser Kind": Film über die rechtliche Stellung homosexueller Paare

06.11.2018 | Stand 23.09.2023, 4:53 Uhr
Nach Katharinas Tod ist Ellen (Susanne Wolff) in einer schwierigen Lage. Plötzlich muss sie kämpfen - um das Sorgerecht für ihren Sohn Franz. −Foto: Menke/WDR

Köln (DK) Susanne Wolff ist eine gefeierte Theaterschauspielerin, über viele Jahre verlieh sie dem Deutschen Theater Berlin Glanz.

Regelmäßig steht sie auch für TV-Produktio-nen ("Mobbing") und Kinofilme ("Styx") vor der Kamera. Ihre Spezialität sind hier wie dort starke Frauenfiguren. Das beweist sie erneut eindrucksvoll in dem ARD-Drama "Unser Kind". So ist es nicht verwunderlich, wenn Regisseurin Nana Neul bekennt: "Für uns stand von Anfang an fest, dass Susanne Wolff die Ellen spielen sollte. Wir hatten das Gefühl, dass sie alles mitbringt, was für diese Figur wichtig ist: Weiblichkeit, Power und Tiefe. "

Ellen ist eine beruflich erfolgreiche Frau, verheiratet mit Katharina, genannt Kiki. Beide wünschen sich ein Kind. Kiki bekommt es mit Hilfe einer künstlichen Befruchtung. Samenspender ist Wolfgang (Andreas Döhler), der Mann ihrer gemeinsamen Freundin Natalie (Lisa Wagner). Er verpflichtet sich, später keinen Kontakt zu dem Kind zu haben. Ellen kann den kleinen Franz noch nicht adoptieren, weil das Jugendamt ein Probejahr angesetzt hat.

Dann passiert die Katastrophe: Kiki läuft vor ein Auto und stirbt. Ein verzweifelter Kampf um das Kind beginnt. Rechtlich ist Ellen bislang nur Vormund. Und plötzlich stellen ihre Schwiegereltern (Victoria Trauttmansdorff, Ernst Stötzner) und auch der Samenspender Ansprüche ans Kind.

"Unser Kind" ist ein klassischer Themenfilm, der auf ein Problem in unserer Gesellschaft aufmerksam machen will. Denn "die Stiefkindadoption für homosexuelle Paare ist mit der Ehe für alle nicht vom Tisch", sagt die Autorin Kristl Philippi. Anders als bei Hetero-Paaren ist die Partnerin einer verstorbenen Kindsmutter nicht automatisch erziehungsberechtigt.

Das erzählt das berührende Drama, bei dem nicht nur die Protagonisten, sondern auch die Zuschauer auf eine emotionale Achterbahnfahrt geschickt werden. Der Film arbeitet mit Rückblenden und Erinnerungsfetzen, die sich nach und nach zusammenfügen. Neul setzt auf eine undramatische, sehr lebensnahe Inszenierung. Die Geschichte an sich ist so stark und emotional, dass die Szenen kaum mit Musik unterlegt werden müssen. Der Film vermei-det es, Erklärstück zu sein, das komplexe Thema wird vorurteilsfrei und behutsam in der Figurenzeichnung umgesetzt. Gefühle und Entscheidungen der Handelnden sind stets nachvollziehbar.

Jede Rolle ist klug besetzt, das Ensemble stimmig, doch ein Mitglied ragt heraus: Susanne Wolff. "Mir war klar, dass es auf keinen Fall einen Moment geben darf, in dem die Zuschauerinnen und Zuschauer Ellen wegen irgendeiner von mir angelegten Schrägheit, wegen eines unsympathischen Charakterzuges verlassen und sagen: ?Also, mit dieser Frau hätte ich auch meine Probleme, ich fände es besser, wenn dem Samenspender das Kind zugesprochen wird. ' Es wäre aber auch nicht im Sinne der Geschichte gewesen, Ellen dermaßen sympathisch zu spielen, dass alle sagen: ?Die Witwe der Mutter ist dermaßen nett, sie muss unbedingt das Kind bekommen", beschreibt Wolff die Herausforderung an die Rolle, die sie so glänzend meistert.

"Unser Kind" läuft heute, Mittwoch, um 20.15 Uhr in der ARD.

Volker Bergmeister