Eichstätt
Kampf gegen Tierquälerei

Arbeitstiere wie Pferde, Ochsen und Kühe im Blick 1873: Das Schächten untersagt

19.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:56 Uhr

Der Umgang mit Zugtieren war oft recht roh. Der 1843 gegründete Eichstätter Tierschutzverein kämpfte dagegen an. Das Bild entstand in Obereichstätt. - Foto: Historischer Verein

Eichstätt (EK) "Kindern muss Barmherzigkeit gegenüber den Tieren eingeflößt werden, denn Tierquäler werden häufig zu Menschenquälern." Diese Worte stehen im "Eichstätter Intelligenzblatt" vom Mai 1825 und haben nichts von ihrer Gültigkeit verloren.

Schon sehr früh sorgten sich Politiker und verständige Menschen um die Mitgeschöpfe. So wurde bereits im 19. Jahrhundert im Bezirk (Landkreis) Eichstätt das Fangen einer großen Reihe von Singvögeln strikt verboten.

ANNO DAZUMAL

In der Stadt Eichstätt bildete sich 1843 ein Tierschutzverein. In die Mitgliederliste trugen sich zahlreiche prominente Persönlichkeiten ein, darunter Gerichtspräsident Ludwig Freiherr von Leonrod, Dompropst Thomas David Popp, Magistratsrat Karl Biechele, Bürgermeister Joseph Holl, Magistratsrat Julius Velhorn und der leuchtenbergische Forstmeister Carl Weyse. Vorbild war der "Münchner Verein gegen Tierquälerei", gegründet im April 1843. In dessen Satzung lautet Paragraf 1: "Das nutzlose und unnötige, grausame und schauderhafte Misshandeln von Tieren muss verhindert und von jeder Tierquälerei die Polizeibehörde verständigt werden." Im Blickpunkt standen damals vorwiegend die landwirtschaftlichen Arbeitstiere, die Hofhunde und die Singvögel.

So berichtet das "Intelligenzblatt" im Juli 1844 in ungewöhnlich großer Aufmachung von "einer fragwürdigen Quälerei", so die Überschrift. Danach lenkte ein Landwirt einen mit vier Zugtieren bespannten Heuwagen in die enge Eichstätter Winkelwirtsgasse ein, wobei der Wagen stecken blieb. Offensichtlich hat nun der Fuhrwerksführer auf die Tiere eingeschlagen. "Viele Leute liefen zusammen und haben diesem Skandal zugesehen", so die Zeitung. In den Heimatblättern finden sich Berichte über Urteile des Bezirksgerichts. So mussten 1878 ein Wirt und sein Sohn aus einem Ort bei Titting wegen Tierquälerei acht Tage ins Gefängnis.

Im Sommer 1882 wurde ein Tierschutzverein sogar auf Landkreisebene gebildet, den Vorsitz übernahm Bezirksamtmann (Landrat) Andreas Zametzer. Bei den Bürgermeistern lagen "Einzeichnungslisten" auf; von Beginn an waren 504 Personen dabei. Der Jahresbeitrag machte 20 Pfennig aus. Heute zählt der Eichstätter Tierschutzverein, der unverzichtbare Arbeit für die Mitgeschöpfe leistet, über 800 Mitglieder. Vorsitzender und Leiter der Geschäftsstelle ist Klemens Lang.

Die "königliche allerhöchste Verordnung zum Verbot des Fangens von Vögeln" aus dem Jahr 1866 bekräftigte der Magistrat mit Bürgermeister Carl Schneider. Sie veröffentlichten eine lange Liste von geschützten Vögeln, darunter etwa Meisen und Pirole, Spechte und Stare, Schwalben und Eulen. Krammetsvögel (Wacholderdrosseln) waren weiter frei, sie wurden gegessen. In alten Kochbüchern finden sich Rezepte zum Zubereiten, etwa auch von Lerchen. Die meisten der anderen kleinen Gefiederten wurden als Stubenvögel gehandelt. In vielen Wohnungen standen Vogelbauer mit den eingesperrten Sängern. Ausdrücklich geschützt wurden die Nester mit Eiern und der Brut. In der Zeit, als die Stadträte das Vogelfangen verboten, lebten in den Wäldern, auf den Feldern und in den Orten noch sehr viele Singvögel; der aktuelle katastrophale Rückgang und das Aussterben einzelner Arten waren seinerzeit kein Thema. Desto mehr zeugt der Beschluss der Lokalpolitiker von Tier- und Naturliebe. Das erste Mal erließ die Stadt schon 1852 ein Verbot des Singvogelfangs.

Das Verbot umging freilich ein Tierfänger aus Thüringen und offerierte in Eichstätt Käfigvögel. Nach der Preisliste ist zu folgern, dass er da schon ansehnliche Geschäfte zu machen hoffte: Eine Singdrossel kostete 7,50 Mark, Grasmücken 6 Mark, ein wunderschön roter Gimpel (Dompfaff) 4 Mark, Rotkehlchen 3 Mark, während ein Zeisig um 1 Mark zu haben war. Zum Preisvergleich: Ein Regenschirm kostete 1,30 Mark, eine Arbeitshose 1,80 Mark und drei blecherne Esslöffel 50 Pfennig.

Der Tierschutz hat vor rund 150 Jahren viele Bereiche umfasst. So kam im März 1873 eine Verordnung mit dem Verbot des Einsammelns von Ameiseneiern heraus. Diese wurden zum Füttern von Vögeln verwendet. Grund für die Anordnung war der Schutz der überaus nützlichen Waldameisen. Ein anderes Thema was das Verbot des Schächtens von Tieren, also des rituellen Schlachtens ohne Betäubung mit einem Schnitt durch die Kehle. Das Gesetz trat im August 1873 in Kraft. Der Wilderei, dem unberechtigten Jagen in den Wäldern, wurde 1883 der Kampf angesagt durch Gründung des Jagdschutz- und Jägervereins.

Bleibt noch die Hundehaltung, wozu bereits 1806 eine königliche Verordnung herauskam. So wurde darauf hingewiesen, "dass die übermäßig große Zahl von Hunden zum Vergnügen und Zeitvertreib" mit der Polizeiverordnung nicht im Einklang steht. Jeder Einwohner durfte damals nur einen Hund besitzen; Voraussetzung war, dass er einen Garten hat. Die Hundesteuer betrug einen Gulden. In Kirchen und anderen öffentlichen Einrichtungen durften Hunde nicht mitgenommen werden; bissige Hunde mussten einen Beißkorb tragen.

Im Jahr 1888 waren in der Stadt 197 Hunde gemeldet. Die Stadtkasse strich für sie 1627 Mark Steuer ein, etwas über 8 Mark je Tier. In der Stadt (ohne die Stadtteile) leben heute 387 Hunde. Die Steuer beträgt 60 Euro.