Ingolstadt
Kabarettist Grünwald macht sich über Corona-Leugner und Verschwörungstheoretiker lustig

23.09.2020 | Stand 23.09.2023, 14:18 Uhr
Faszinierender Auftritt: Günter Grünwald (links) und Robert "Dackel" Hirmer begeisterten rund 200 Zuschauer und Zuhörer im Vohburger Kultur-Stadl. −Foto: Konze

Ingolstadt - Mit einer Videobotschaft hat sich der aus Ingolstadt stammende Kabarettist Günter Grünwald über Anhänger einer schnell wachsenden Verschwörungstheorie aus den USA lustig gemacht. Die Reaktionen in den Kommentaren darauf fallen teils heftig aus. Grünwald reagiert - mit einem weiteren Video und Facebook-Kommentaren.

Knapp 93.000 Anhänger hat der beliebte bayerische Kabarettist Günter Grünwald auf Facebook. Der 63-Jährige verbreitet auf seinem Kanal üblicherweise Infos rund um sein Kabarett-Programm und seine Auftritte, außerdem veröffentlicht er dort Videobeiträge aus seiner Show "Grünwalds Freitagscomedy", die im Bayerischen Rundfunk (BR) ausgestrahlt wird. 

Günter Grünwald macht sich über "QAnon" lustig

Besondere Beachtung fand jüngst allerdings " target="_blank" %>: Im Selfie-Modus seines Handys filmt sich Grünwald und nimmt Stellung zu einem Kommentar, in dem sich ein Fan beschwert hatte, dass einige Auftritte Corona-bedingt verschoben oder abgesagt worden seien. "Sag endlich die Wahrheit über Corona!", soll der Nutzer geschrieben haben. Ein anderer meinte dazu: "Das darf er ja nicht, er ist ja beim BR - dann nehmen sie ihm die Sendung weg!" 

Die mehr oder weniger subtile Botschaft: Corona gibt es gar nicht, die Pandemie ist erfunden - zum Nutzen einer Elite, die die Bevölkerung unterdrückt - oder so ähnlich. Ein gängiges Narrativ, das seit Monaten durch die Kommentarspalten der sozialen Medien wabert, so auch auf Grünwalds Facebook-Page.

In typischer Grünwald-Manier, zunächst ernst wirkend und dann maßlos übertreibend, reagiert der Kabarettist: "Ich dürfte die Wahrheit im BR sagen, das Problem ist: Ich kenn sie nicht." Würde er die Wahrheit kennen, so sagt Grünwald und lacht, er würde im Zirkus auftreten und viel Geld verdienen. Doch, so sagt Grünwald schließlich, er dürfe doch etwas nicht im BR sagen:

"Wenn ich jetzt zum Beispiel sagen würde: 'Ja, unterirdisch werden Kinder gefoltert, weil die Eliten ihr Blut trinken' - dann würde ich rausfliegen." Nicht, weil das völliger Quatsch ist: "Gerade die Bosse vom BR, die saufen das Blut auch! Ehrlich wahr!"

Grünwald nimmt "QAnon" aufs Korn

Der Kabarettist macht sich damit über die Anhänger von "QAnon" (kurz: "Q") lustig. Es handelt sich dabei um eine Verschwörungsideologie, ihren Ursprung hat die rasch wachsende Gruppe in den USA. QAnon verbreitet krude Theorien, unter anderem, dass hochrangige Politiker der Demokraten angeblich einen internationalen Kinderhändlerring zur Prostitution Minderjähriger betreiben. Die Beweise bleiben sie schuldig.

Experten sehen QAnon als Gefahr für die parlamentarische Demokratie. Auch auf deutschen Corona-Demos, wie etwa in Berlin, waren Anhänger dieser Ideologie unterwegs, gut zu erkennen am großen Q an Körper oder auf Plakaten, die sie dabei hatten.

"Ich verstehe es, dass Menschen nach einfachen Lösungen suchen, die Leute sind verunsichert und blicken nicht mehr durch", sagt Grünwald in die Kamera. Man müsse sich nur umschauen - Bolsonaro, Trump, Orban - "da kann's einen schon ein bissl aus der Kurve tragen". Die einfache Lösung werde es jedoch nicht geben. "Ich glaub, dass wir da einfach durch müssen."

Viele Kommentare: Grünwald nimmt zweites Video auf

Dass es damit jedoch nicht getan ist, musste dann auch der Ingolstädter Kabarettist lernen - wieder gab es unter dem Video zahlreiche Kommentare, die Grünwald kritisieren und ihm unterstellen, die Wahrheit zu verschweigen. Er habe sich, so sagt er " target="_blank" %>, alle Reaktionen durchgelesen. Er halte eben nicht alle, die  anderer Meinung sind, für "komplette Idioten".

Jetzt ist der Ton deutlich ernster als im Video zuvor. 

Auf die Kommentare einer Frau, die geschrieben hatte, man müsse selbst denken, geht er detailliert ein: "Das ist wirklich ganz ganz wichtig. Aber wenn bei dem selber Denken, dabei rauskommt, dass es Corona gar nicht gibt, dann sollte man vielleicht doch lieber andere denken lassen."

Wenn Corona-Leugner als Argument die rhetorische Frage aufwerfen, ob man einen Corona-Infizierten kenne -  "dann muss ich sagen: Ich kenne auch niemanden, den es beim Fensterputzen von der Leiter runtergehauen hat. Trotzdem sterben jedes Jahr 11.000 Menschen bei Haushaltsunfällen."

Runde drei: Die Antwort per Kommentar

Und damit wieder nicht genug - es geht offenbar in die dritte Runde. Wieder beschwert sich dieselbe Nutzerin unter dem Video: "Wess Brot ich esse, des Lied ich singe" - und einer Forderung, "wirklich ein erstes Statement zu der momentanen Lage" abzugeben, versehen mit derselben Kritik aus dem Ursprungskommentar, der den Stein ins Rollen gebracht hatte.

Diesmal antwortet Grünwald per Kommentar (um das ganze Bild zu sehen, klicken Sie auf das Foto):

 

Ob sich der Kabarettist damit einen Gefallen getan hat?  Diskussionen wie diese werden derzeit in vielen Kommentarspalten geführt, Corona-Leugner und Verschwörungstheoretiker lassen sich kaum von ihrer Meinung abbringen, die Fronten verhärten sich immer weiter. Oft sind derlei Auseinandersetzungen vergebene Liebesmüh. 

Fest steht: Die Corona-Krise ist für alle eine neue Erfahrung, auch für Kabarettisten, die sich plötzlich Vorwürfen ausgesetzt sehen, weil sie sich an die Regeln halten. 

Julian Bird