Jungfernflug mit Punktlandung

16.03.2009 | Stand 03.12.2020, 5:07 Uhr

Fränkisch mit Hochgenuss: Klaus Karl-Kraus im Gutmann. - Foto: smo

Eichstätt (EK) Er nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn er seine Geschichten erzählt – und die sind doch zumeist aus dem Leben gegriffen, vielleicht sogar aus seinem eigenen. Der Urfranke Klaus Karl-Kraus landete bei seinem "Jungfernflug in Eichstätt" (Karl-Kraus) eine Punktlandung beim Publikum.

Das fiel vor Lachen schier von den Hockern, wenn er über seine eigene erste Brunftzeit erzählt – sei "eine komplizierte Sache" gewesen – oder Dialektkunde betreibt. Als derb kann man seinen Humor eigentlich nicht bezeichnen, schaut er doch lediglich dem Volk aufs Maul und stellt so sein Programm zusammen. Die besten Geschichten schreibt halt doch das Leben. "Wissen Sie, als Kabarettist brauchst heut nur noch Zeitung lesen, oder du lädst dir Lothar Matthäus ein", bekundet er dem Publikum. In der Zeitung habe er auch von Eichstätt gelesen: "Mensch, der Vatikan bohrt aber nei in eier Gwerch, du."

In Erinnerungen schwelgend berichtet Kraus über seine eigene Jugend, erzählt über seine Oma, die in einer Zeit gelebt hat, als Alzheimer noch nicht erforscht war ("aber die hats ghabt, ganz sicher"). Aber schöner sei das allemal gewesen, wenn man die alten Leute um sich herum gehabt hätte. "Die werden heute doch nur noch caritativ entsorgt."

Früher sei eh alles besser gewesen. Kinder gebe es heute nicht mehr, sie hießen "kids", und bei der Bundesbahn ("mein Vater war Heizer bei der Bahn und ich Ministrant mit’m Rauchfässla") gebe es nur noch "Service Points".

Aber das Schlimmste dabei: "Da stehen die gleichen Bleedl drin wie vorher." Sein Rundumschlag, bei dem man durchaus zum Nachdenken kommt und vielleicht an der ein oder anderen Stelle sich selber entdecken könnte, macht auch vor dem Thema Tod nicht Halt.

Er erzählt von Grabinschriften, die er sammelt ("28 Jahre lebte er als Mensch, 32 Jahre als Ehemann"), von Beerdigungen im Fränkischen und bekommt über die Ministrantenkarriere ("erweiterter Zölibat") die Kurve zum privaten Sternsingerunternehmen. "Wir haben drei Straßenzüge privat gesammelt für die Silvesterkracher, deswegen verhungert doch keiner."

Immer wieder fragt er nach, ob man dies oder das verstehe, bis es ihm dann wie Schuppen von den Augen fällt: "Och, ihr warts ja aa amol Franken. Schod. Aber vielleicht geht’s euch ja jetz auch gut." Sich fragend, wo die Preußen beim Reden eigentlich Luft holen würden, müsste man ihm die Gegenfrage stellen. Knapp zwei Stunden lang steht er auf der Bühne im ausverkauften Gutmann-Saal und brabbelt in einer Tour fränkisch mit Hochgenuss – der lang anhaltende Applaus brachte es am besten auf den Punkt. Schee wars.