Indie Autoren auf dem Vormarsch

Selfpublisher sind auf dem Weg, sich in der Literaturwelt zu etablieren

19.03.2015 | Stand 02.12.2020, 21:32 Uhr

Ingolstadt (DK) Als am vergangenen Wochenende der mit 60.000 Euro dotierte Preis der Leipziger Buchmesse verliehen wurde, machte Jan Wagner mit seinem Gedichtband "Regentonnenvariationen: Gedichte" das Rennen. Doch Wagner ist nicht der einzige Schriftsteller, der die Leipziger Buchmesse als Preisträger verlässt. Denn zwei Tage später, am 14. März, wurden die Sieger im Wettbewerb um den Indie Autor Preis geehrt, den Farina de Waard und Mona Kasten für sich entschieden.

Indie Autoren sind Schriftsteller, deren Werke im Selfpublishing, das heißt ohne Zusammenarbeit mit einem Verlag, erscheinen. Diese Art der Veröffentlichung gibt es bereits seit Jahrzehnten, doch erst in den vergangenen Jahren haben sich selbstpublizierte Bücher in Bestsellerlisten und eBook-Shops etabliert. Die Verbreitung des eBooks ließ die finanziellen und organisatorischen Hürden schrumpfen, die ein Autor bisher überwinden musste, um sein Werk via Selfpublishing auf den Markt zu bringen. Mussten zuvor noch ganze Auflagen vorfinanziert und über Großhandel und Handel an den Leser gebracht werden, kann der Roman oder das Sachbuch nun bequem auf Selfpublishing-Plattformen hochgeladen werden. Diese bringen das eBook anschließend in die gängigen Online-Stores, wo Selfpublisher seit einigen Jahren die Literaturwelt erobern. 

Auf der Leipziger Buchmesse haben Indie Autoren seit 2013 mit dem Indie Autor Preis ihre eigene Auszeichnung. Sie ist genreübergreifend und wird zusammen mit der Selfpublishing-Plattform " neobooks " an Autoren verliehen, deren deutschsprachiges eBook im Selfpublishing erschienen ist. Aus allen eingereichten und vorgeschlagenen Büchern sucht die Jury zunächst 25 Bücher für die sogenannte Shortlist aus. Anschließend wird aus ihnen der Gewinner ausgewählt. Dabei bewertet die Jury nicht nur die inhaltliche Qualität des Werks, sondern etwa auch Markting- und Vertriebsmaßnahmen. Den mit 3000 Euro dotierten Preis gewann schließlich Farina de Waard, die deshalb ihren Roman "Zähmung - Das Vermächtnis der Wölfe" im Rahmen der Langen Leipziger Lesenacht vorstellen durfte. Die Jury bezeichnete das Werk als "stimmiges und spannendes Gesamtkonzept". Unabhängig vom Jurypreis wurde 2015 erstmals auch ein Community-Preis verliehen. Dafür konnten Leser für ihren Favoriten auf der Shortlist abstimmen. Preisträgerin in dieser Kategorie wurde Mona Kasten mit ihrem Erstling "Schattentraum - Hinter der Finsternis". 

Indie Autoren sind somit nun auch auf Buchmessen angekommen. Und obwohl sie oft immer noch als unseriös angesehen und weniger ernst genommen werden als Verlagsautoren, lässt sich ein Wandel beobachten: Langsam, aber sicher verbessert sich der Ruf von Selfpublishern. Etablierte Verlage haben den Trend für sich entdeckt und steigen mit eigenen Plattformen ins Geschäft ein. So ist neobooks etwa 2010 vom Verlag DroemerKnaur gegründet worden. Daneben hat auch der Internet-Versandriese Amazon mit Kindle nicht nur seinen eigenen eReader auf den Markt gebracht, sondern bietet die passende Selfpublishing-Plattform KDP (Kindle Direct Publishing) gleich mit dazu. Mittlerweile durchsuchen Verlagslektoren systematisch eBook-Bestsellerlisten, um vielversprechende Autoren für sich zu gewinnen und unter Vertrag zu nehmen. 
 


Wie funktioniert Selfpublishing?

Um ein Buch via Selfpublishing zu veröffentlichen, müssen sich Schriftsteller zunächst auf einer entsprechenden Plattform registrieren. Anschließend können sie ihr Buch meist kostenlos hochladen. Über die Plattform wird das eBook dann an Händler vermittelt. Wird ein Exemplar verkauft, erhält der Autor 70 Prozent des Nettoerlöses. 
 

 


Ein Paradebeispiel für diese Entwicklung ist Emily Bold. Die deutsche Autorin, die vor allem Liebes- und historische Romane schreibt, wurde über Amazon KDP national bekannt. Ihr Debütroman "Gefährliche Intrigen" erschien im Mai 2011 als eBook und schaffte es unter die Top 20 Bestseller des Jahres in der Kategorie Romane auf Amazon. Mittlerweile hat sie 16 Bücher und Novellen veröffentlicht und arbeitet mit dem Ullstein Taschenbuchverlag an einem Buchprojekt für Herbst 2015. Daneben versucht sie, mit englischen Übersetzungen ihrer Werke internationale Bekanntheit zu erreichen.

Colleen Hoover hat das bereits geschafft. Eigentlich schrieb die US-Amerikanerin ihren Debütroman "Slammed" als Weihnachtsgeschenk für ihre Mutter. Positive Rückmeldungen aus ihrem Umfeld überzeugten sie jedoch, ihn im Januar 2012 als eBook auf den Markt zu bringen. Innerhalb weniger Monate verkaufte sie bereits 200 Bücher pro Tag und schaffte es schließlich auf die New York Times Bestseller Liste. Mittlerweile darf sie sich siebenfache Bestsellerautorin nennen. Doch selbst ihre Erfolge erscheinen beinahe unbedeutend im Vergleich zu Amanda Hocking. Die ehemalige Altenpflegerin gilt als erste "Selfpublishing-Millionärin": Anfang 2011 gelang es ihr, innerhalb von vier Monaten mehr als eine Million Exemplare ihrer neun eBooks, unter anderem ihres Debüts "My Blood Approves", zu verkaufen.