Schmiechen
Indianer-Bier nach dem Reinheitsgebot

15.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:07 Uhr

Er betreibt die„kleinste Brauerei östlich des Mississippi“: Fred Beringer alias „Kühner Adler“. In einem Schuppen auf seinem Anwesen hat sich Beringer eine kleine Bar eingerichtet. Hier schenkt er sein Cheyenne-Bier aus - Foto: Wenisch

Schmiechen (DK) Die Cheyenne sind ein Indianer-Stamm in Nordamerika. Seit einigen Jahren braut einer von ihnen auch Bier – und das mitten in Bayern. Für sein Cheyenne-Bier hat Fred Beringer schon Anfragen aus aller Welt bekommen.

Als der Vorsitzende des Bayerischen Brauerbunds das Bier an die Lippen setzt, ist die Spannung bei Fred Beringer auf dem Höhepunkt. „Ich war selten so angespannt wie in diesem Moment. Ich hatte richtig Herzklopfen“, berichtet der 70-Jährige mit leuchtenden Augen. Farbe und Schaum hatte der Bierexperte zuvor bereits für gut befunden. „Als er dann auch noch gesagt hat, dass es ihm schmeckt, war das ein Schlüsselerlebnis für mich“, sagt Beringer. In diesem Moment habe er beschlossen, im schwäbischen Schmiechen bei Augsburg sein eigenes Indianer-Bier zu brauen.

Denn Beringer ist zur Hälfte Cheyenne. Auf einem Weingut im kalifornischen Napa Valley lernte sein deutscher Vater seine Mutter kennen. Mit vier Jahren kam er 1948 nach Deutschland. Sein indianisches Blut musste er hier lange verstecken. „Die Zeit war einfach nicht reif für so etwas Exotisches“, sagt Beringer, der seit 15 Jahren in Schwaben wohnt. Das Versteckspiel habe ihn aber sehr belastet. „Seit ich mich vor 30 Jahren geoutet habe, fühle ich mich viel wohler in meiner Haut“, betont er.

Seitdem geht er offen mit seinen Wurzeln um. In seinen Ohren und um den Hals trägt er bunten Indianerschmuck, der ihm gemeinsam mit seinem langen grauen Haar ein sehr markantes Aussehen verleiht. „Ohne den Schmuck gehe ich gar nicht mehr aus dem Haus“, erzählt Beringer. Auf extravagante Kleidung verzichte er aber, weil er nicht „wie ein Indianer-Fanclub aussehen will“.

Die Reaktionen sind fast immer positiv: Wenn er unterwegs sei, werde er häufig von interessierten Passanten angesprochen und berichte immer gerne von seiner Herkunft. Auch auf seinem Anwesen im beschaulichen Schmiechen ist die Cheyenne-Kultur allgegenwärtig. Schilder mit indianischen Wappen, Bilder, ein Cheyenne-Altar oder auch ein Totempfahl zieren Räume und Garten. In einem Schuppen hat sich Beringer eine kleine Bar eingerichtet. „Ohitika Wanbli“ prangt in großen Buchstaben auf einem Schild über der Theke – „Kühner Adler“, Beringers Cheyenne-Name.

Hier wird das Bier der Cheyenne Beer Factory ausgeschenkt – der „kleinsten Brauerei östlich des Mississippi“, wie Beringer seinen Brauraum im hinteren Teil seines Hauses nennt. Dort werde streng nach dem bayerischen Reinheitsgebot und ganz ohne Hilfe durch Computer gebraut. Zum ersten Mal in Kontakt mit dem Bierbrauen kam der passionierte Hobbyfußballer während seiner Ausbildung zum Koch in einem Gastronomie-Großbetrieb. „Das hat mich damals schon sehr interessiert“, sagt er. Während seines Berufslebens, in dem er unter anderem als Werbekaufmann, Fitnessstudio-Betreiber und Schauspieler in Indianer-Filmen wie „Der Schuh des Manitu“ aktiv war, habe er den Gedanken an ein eigenes Bier stets im Hinterkopf gehabt. Als er vor fünf Jahren in Rente ging, habe er dann von einer Lockerung des Brauereigesetzes gelesen. „Da habe ich mir gedacht, das probiere ich jetzt mal aus. Und die ersten 20 Liter, die ich in einem großen Einkochtopf gebraut habe, waren gar nicht so schlecht“, blickt Beringer lachend zurück.

Als dann der Chef der bayerischen Bierbrauer für eine Beratung in Schmiechen vorbei gekommen sei und sein Bier für gut befunden habe, habe ihm das einen enormen Motivationsschub versetzt. Heute braut Beringer einige hundert Liter pro Jahr. Sein Cheyenne Bier verkauft er nicht nur zu Hause, sondern er beliefert auch einige ausgesuchte Lokale und Händler in der Region. Auch global hat Berry, wie der Hobby-Brauer von Freunden genannt wird, mit seinem Indianer-Gebräu schon auf sich aufmerksam gemacht: „Es gab sogar schon Anfragen aus England, China, Russland und den USA. Aber so viel Bier kann ich gar nicht herstellen.“

Sein Cheyenne-Bier sei eben etwas Außergewöhnliches, sagt der „Kühne Adler“. Denn das gebe es nicht einmal in der Stadt Cheyenne im US-Bundesstaat Wyoming. Ganz ausschließen will Beringer eine Expansion aber nicht: Wenn eine Großbrauerei auf ihn zukomme, würde er sich alles in Ruhe anhören, sagt er.