Eichstätt (EK) Man weiß nicht, was man bei Volker Hagemann und seinem Jugendchor Crescendo mehr bewundern darf: Engagement und Musikalität aller Mitwirkenden, Homogenität und Wohlklang – bei aller Herbheit – des kleinen Ensembles oder den Einfallsreichtum bei der Auswahl der dargebotenen Werke. Die jungen Leute, die aus ihren Reihen auch die Solopartien stellten, wissen, wie und was sie zu gestalten haben, damit sie ein recht zahlreiches Publikum und darunter erstaunlich und überraschend viele junge Leute im nüchternen Kirchenraum innerlich bewegen können.
„Lamentationes“ (Klagelieder) standen auf dem Programm des knapp einstündigen Kirchenkonzerts, in zwei Reihen standen die Choristen vor dem Altar der schmucklosen Kirche mit ihrer guten Akustik.Die gewichtigsten und bewegendsten Kompositionen kamen aus dem späten 19. Jahrhundert und der ersten Hälfte des 20. Eine treffliche Einstimmung bildete die Komposition „Immortal“ („unsterblicher“) Bach von Knut Nystedt (geboren 1915), dem ein Thema des Thomaskantors „Komm, süßer Tod“ zugrunde liegt, wunderbar stimmig gesummt und gesungen. Heinrich Kaminski (1886 – 1946) und sein reiches geistliches Werk waren im Dritten Reich mit einem Aufführungsverbot belegt. Eine Vertonung des 130. Psalms („Aus der Tiefe rufe ich“) mit einem tief empfundenen Sopransolo (Maria Asbach) drang in mystisches Dunkel vor, wo das „Lamento“ von der Hoffnung abgelöst wird.
Von ähnlicher Grundstimmung getragen waren auch die Kompositionen von Max Reger (1873 – 1916) und Rihards Dubra (geboren 1964). Ergänzt wurde die Vortragsfolge durch Ausflüge in die Renaissance zu Heinrich Schütz („Selig sind die Toten“) und in die Hochromantik zu Mendelssohn („Mein Gott, warum hast du mich verlassen“). Das Tenorsolo dieser ergreifenden Motette des Jahres-Jubilars gestaltete mit kühler Zurückhaltung Maximilian Kettner.
Zentrales Werk des Programms bildeten drei Chorsätze aus dem großen Zyklus „Dresden“ von Rudolf Mauersberger (1889 – 1971), der fast 40 Jahre den Dresdner Kreuzchor, die Kruzianer, zu Weltruhm geführt hatte. Mauersberger hatte sein Werk unter dem Eindruck der barbarischen Zerstörung der Stadt im Februar 1945 geschrieben, ein erschütterndes Dokument der Klage, das bewegend interpretiert wurde, wobei das sehr verhalten-verinnerlichte Alt-Solo von Johanna Steigerwald besonders beeindruckte. Die drei Kantaten (von zwölf des ganzen Opus) waren mit bewegendem Ernst gestaltet worden, von abgrundtiefer Trauer bis schüchternem Trost reicht die Ausdrucksskala. Es war gut, dass statt des Beifalls zunächst Minuten des Schweigens der Interpretation folgten.
Ergänzt wurden die Chöre durch Texte aus dem Erinnerungsbuch des Dresdners Victor Klemperer, die mit Hintergrund-Untermalung durch den Chor von Lorenz Kettner wohltuend schlicht gelesen wurden. Der nach einer Nachdenk-Pause herzliche Beifall des Auditoriums zeigte, dass der Vorabend des Volkstrauertags würdig begangen wurde. Hawe
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