Neuburg
"In dieser Form war das nicht zu erwarten"

Oberstleutnant Swen Jacob vom Neuburger Geschwader war im Vorjahr im Einsatz in Afghanistan

19.08.2021 | Stand 23.08.2021, 3:34 Uhr
Swen Jacob. −Foto: Taktisches Luftwaffengeschwader 74

Herr Jacob, Sie waren im Vorjahr im Einsatz in Afghanistan.

Was genau war Ihre Aufgabe?

Swen Jacob: Ich war von April bis August als Kommodore in Mazar-i-Sharif. Meine Aufgabe bestand darin, den Flugbetrieb und den Betrieb des Flugplatzes zu leiten. Die Bundeswehr hatte dort einen sehr umfangreichen Auftrag - vor allem mit der Aufgabe, die afghanischen Streitkräfte zu trainieren, auszubilden und zu beraten.

Wie haben Sie dabei Land und Leute erlebt?

Jacob: Es war natürlich schon die Corona-Zeit. So viel vom Land habe ich daher nicht erlebt. Die meiste Zeit war ich auf dem Flughafen.

War für Sie die Entwicklung in Afghanistan zu erwarten?

Jacob: Zumindest nicht in dieser Form. Der Auftrag war ja zu Beginn, die afghanischen Soldaten auszubilden. Das passierte tatsächlich eins zu eins an der Waffe. Über die Jahre hat sich der Auftrag aber gewandelt, so dass man irgendwann nur noch die Ausbilder ausgebildet und sie später auch nur noch beraten hat. Es sah also durchaus danach aus, dass die Afghanen in der Lage waren, die Ausbildung selbst zu hinzubekommen.

Wie war die Lage vor Ort?

Jacob: Es war nicht friedlich, die Taliban waren im Umfeld von Mazar-i-Sharif. Zwar waren wir von den Angriffen nicht betroffen, aber es fanden durchaus Gefechte statt. Da sah es allerdings so aus, als wären die Afghanen in der Lage, ihre Positionen zu halten und sich auch zur Wehr zu setzen. Das sah alles sehr kompetent aus.

Sind aus Ihrer Sicht Fehler passiert?

Jacob: Für diese Frage bin ich wahrscheinlich der falsche Ansprechpartner. Denn das muss nun politisch analysiert und bewertet werden.

Sehen Sie als Soldat eine Lösung der Situation?

Jacob: Auch da bin ich überfragt. Vordringlich ist nun aber, dass unsere eigenen Staatsangehörigen und auch unsere Ortskräfte gerettet werden. Die Luftbrücke ist hier am Laufen. Ich denke, da ist die Luftwaffe mit dem A400M gut vertreten. Nach der politischen Entscheidung in diese Richtung ist alles schnell angelaufen. Die Situation in Afghanistan ist aber schwierig - und auch erschütternd. Momentan sieht es immerhin so aus, dass die Taliban viele Versprechungen machen. Ob sie sich aber daran halten, muss man sehen.

Welche Rolle können Nato und Bundeswehr in Zukunft in Afghanistan spielen?

Jacob: Auch das muss eine politische Entscheidung sein. Wir sind gegebenenfalls nur diejenigen, die den Auftrag der Regierung ausfüllen werden.

DK/Foto: Geschwader

Das Gespräch führteStefan Janda