Ingolstadt
Im Streit greift er ins Lenkrad

18.07.2011 | Stand 03.12.2020, 2:36 Uhr

Ingolstadt (reh) Anwalt Rainer Maria Rehm hatte die Akte studiert und sich schnell eine Meinung gebildet. „Was ist das für ein Monster“, lautete Rehms erster Gedanke.

Dann stand der 23-jährige Elektroniker vor ihm, den er gestern vor dem Amtsgericht vertrat. Angestellt „bei einer renommierten Firma“ (Rehm). Er traute ihm kaum zu, was ihm die Staatsanwaltschaft vorwarf: Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, Nötigung, Hausfriedensbruch, Körperverletzung und mehr. Alles Ergebnis eines Beziehungsstreits.
 

In der Nacht zum 20. Februar traf der 23-Jährige angetrunken in einer Ingolstädter Disco auf seine Ex-Freundin. Eigentlich waren sie getrennt, irgendwie nicht. „Es ist halt noch a bissl was gelaufen“, sagt die 19-Jährige. Das lag wohl daran, dass sie hochschwanger das Kind des Ingolstädters erwartete.

Das Baby ist seit Mai auf der Welt. Hätte es aber nicht geschafft, wäre die Heimfahrt von der Diskothek unglücklicher verlaufen: Weil er so betrunken war, wie sie „ihn noch nie gesehen“ habe, nahm die junge Frau ihren Ex-Freund im Auto mit. Der Beziehungsstreit flammte auf der Manchinger Straße neu auf. So sehr, dass der 23-Jährige die Worte „Wir können das auf andere Art beenden“ sprach und ins Lenkrad griff. Das Auto schleuderte auf die Gegenfahrbahn, ehe die 19-Jährige auf der leeren Straße gegensteuern konnte. Nicht genug: Ihr Freund warf noch CD-Hüllen herum und verpasste ihr damit eine Schnittwunde an der Stirn. Dann warf sie ihn raus. Der Vater in spe verabschiedete sich mit einem Tritt in die Autoseite. Irgendwie dämmerte ihm, was er angestellt hatte. So suchte er noch in der Nacht die Familie der Freundin auf. Dort eskalierte die Situation aber wieder. Er trat eine Scheibe ein und wurde mehr oder weniger aus dem Haus geworfen.

Am 3. März traf sich das Liebespaar, um Schlüssel auszutauschen. Es gab wieder Streit. Die 19-Jährige fühlte sich bedroht, wollte mit dem Handy Hilfe rufen: Er nahm ihr das Telefon weg und fuhr mit dem Auto davon, obwohl er keinen Führerschein mehr besaß. Das täte ihm leid, sagte der 23-Jährige, der alles eingeräumt hatte.

„Ein gewisses Verständnis für Ihre Situation habe ich ja“, sagte sogar Oberstaatsanwalt Günter Mayerhöfer. Trennungen seien nie einfach. „Aber so geht es nicht!“ Der Ankläger wollte zwei Jahre Haft, also die Obergrenze dessen, was zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Richter Roland Walentin beließ es bei 16 Monaten Haft zur Bewährung.