Ingolstadt (DK) Tiger Rag, Blue Moon, Stardust, Pennsylvania 6-5000, Chattanooga Choo Choo und natürlich Moonlight Serenade - ein Wiederhören mit vielen Evergreens der Swing-Ära ermöglichte das Glenn Miller Orchestra unter der Leitung von Wil Salden im Ingolstädter Festsaal.
Das klanggewaltige Ensemble stellte unter Beweis, wie frisch und hinreißend die Hits der 30er- und 40er-Jahre auch heute klingen können.
Wie bereits am Namen erkennbar, hat sich das Orchester der Musik und dem Stil Glenn Millers verschrieben. Die von dem niederländischem Jazzmusiker Wil Salden 1985 gegründete Formation wurde von den Nachlassverwaltern Glenn Millers lizensiert.
Entsprechend tritt es in der Original-Besetzung auf: Mittelpunkt ist die Klarinette, die von vier Saxofonen flankiert ist. Dazu gesellen sich jeweils vier Posaunen und Trompeten. Bass, Schlagzeug und Klavier vervollständigen die Big Band. Nicht zu vergessen, Eva Buchmann, die als ausgebildete Jazzsängerin ihre eigenen und markanten Akzente setzte.
Zu den playback abgespielten unverwechselbarenEingangstakten der Moonlight Serenade betreten die Musiker die Bühne, nehmen Platz und legen los. Schlag auf Schlag geht es. Nach Sunvally Jump begrüßt der Bandleader die Gäste - und räumt mit einem landläufigen Klischee auf: Die eingängigen Melodien, die untrennbar mit seinem Namen verbunden sind, stammen gar nicht von Glenn Miller. "Wenn wir nur Stücke von ihm spielen würden, wäre das Konzert bereits zu Ende", bemerkt Salden. Miller hat nämlich lediglich Moonlight Serenade komponiert. Vielmehr nahm er Stücke von Cole Porter, Irving Berlin und anderen namhaften Tonsetzern seiner Zeit und adaptierte sie für sich. Miller war ein begnadeter Arrangeur und Bandleader sowie ein virtuoser Posaunist. Auf diese Weise schuf er den so typischen und einzigartigen Sound.
Das Glenn Miller Orchestra bleibt dem großen Vorbild nichts schuldig. Die Musiker bilden ein hervorragend aufeinander abgestimmtes Ensemble und leisten auch als Solisten Beachtliches: In fast jedem Stück ist mindestens ein Solo eingebaut, oft sind mehrere Soli vorgesehen. Das sorgt für viel Bewegung im Orchester, das sich auch auf Showelemente versteht. Musiker bewegen im Gleichtakt ihre Instrumente, wobei sich gerade mit den Posaunen bemerkenswerte Choreografien erreichen lassen. Zur Unterhaltung tragen einige humorvolle Einlagen bei.
Vor allem begeistert natürlich die Musik, die nicht einstudiert, sondern sehr spontan wirkt. Die Repertoire-Breite war enorm. Sie umfasst auch Interpretationen von Pjotr Tschaikovskis Piano Konzert, der Moskauer Nächte oder A Cabana in Havana im Rumba-Stil. Sanfte und träumerische Passagen wechseln mit Fortissimo ab. Wil Salden dirigiert sein Orchester vorwiegend vom Piano aus mit wenigen zurückhaltenden Gesten.
Ihren Anteil am Gelingen des Abends hat Eva Buchmann, die mit weichem, melodischem und variablem Timbre ihre Parts singt - mitunter, wie bei Perfidia, in Begleitung von vier Orchestermitgliedern, unter ihnen Wil Salden.
Die Lust am Spiel ist dem Orchester deutlich anzumerken, vor allem je weiter der Abend fortschreitet. Angefeuert vom Publikum, das sich von den Plätzen erhebt und teilweise tanzt, begeben sich die Musiker an den Bühnenrand, gehen durch die Reihen und setzen das volle Volumen ihrer Instrumente ein.
Josef Bartenschlager
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