Ingolstadt
"Ich schreibe Musik mit Hoffnung"

25.04.2022 | Stand 23.09.2023, 0:53 Uhr
Haben zusammen eine CD aufgenommen: Igor Loboda und Masha Dimitrieva treten am Donnerstag im Altstadttheater auf. −Foto: Schaffer

Der Geiger Igor Loboda präsentiert zusammen mit der Pianistin Masha Dimitrieva eigene Werke.

Rein künstlerisch betrachtet war die Pandemie für Igor Loboda eine wunderbare Zeit. Denn in den beiden Corona-Jahren fand der nicht nur in Ingolstadt längst als "Teufelsgeiger" bekannte Violinist reichlich Muße zum Komponieren. So entstanden unter anderem eine Sinfonie, ein Quartett, ein Trio - und die Sonate Nr. 2 für Violine und Klavier. Ein tiefschürfendes Werk, das er mit der Pianistin Masha Dimitrieva für seine in Kürze erscheinende Debüt-CD eingespielt hat. Eben diese Sätze bildeten auch das Herzstück eines Querschnitts aus dem Album "Igor Loboda - Werke für Violine und Klavier", das die beiden Musiker kürzlich bei ihrem Auftritt in der Reihe MittwochKlassik in der Harderbastei erstmals dem Publikum vorstellten.

"Diese Musik ist Emotion, stellt unglaublich viele Gefühle dar", sagt Klaviervirtuosin Masha Dimitrieva über die Kompositionen ihres Kollegen, der Mitglied des Georgischen Kammerorchesters ist. "Deshalb liebe ich seine Musik so. Sie nimmt mich mit, egal, ob es sich um ein lustiges Stück oder um ein jazziges oder um ein trauriges handelt. Immer ist es sehr narrativ, es geht unter die Haut. Gerade die Sonate hat alles: die ganze Palette der menschlichen Gefühle. " Gleichzeitig weiß man nie, was als nächstes passieren wird, erlebt verblüffende Überraschungseffekte. Zum ersten Mal setzt Igor Loboda im Andante-Satz einen sogenannten Hoteldämpfer für sein Instrument ein. "Normalerweise benutzt ein Musiker den nur, wenn er böse Nachbarn hat. Oder eben im Hotel", sagt er schmunzelnd. "Denn eigentlich klingt das gar nicht. Aber diese Farbe bringt hier etwas ganz Besonderes, das im Kopf bleibt. "

Einen beeindruckenden und zugleich erschütternden Beweis seiner Tonkunst gab der gebürtige Georgier gleich zu Beginn des MittwochKlassik-Konzerts mit seinem solistischen, ganz aktuell geschriebenen und spontan ins Programm genommenen Monolog-Requiem: Darin drückt er seinen persönlichen Schmerz über den Krieg zwischen Russland und der Ukraine aus, zeigt schonungslos die Verzweiflung der Mütter aus beiden Nationen, wenn die Söhne nicht mehr aus dem Kampfgebiet zurückkehren. All das Schwere, die qualvolle Katastrophe findet ihren Niederschlag in einer "Schmutzigkeit" der dabei zutage tretenden Harmonien. Am Ende kommt die Steigerung zu ihrer Apotheose: Nun reicht die Geige allein nicht mehr aus, und Igor Loboda greift zugleich in die Tasten am Flügel. Bei allem Leid bleibt er aber stets positiv: "Ich schreibe Musik mit Hoffnung. Musik muss Hilfe sein. Und komponieren hilft mir zu leben. "

Einige Nummern seiner Ende April auf den Markt kommenden CD existieren schon länger, andere entstanden erst innerhalb der vergangenen Monate. "Meine Idee für den Titel des Albums lautete ,Fest in der Zeit der Pest'", erzählt der Komponist. Dann jedoch entschied er gemeinsam mit Masha Dimitrieva, dass das rein der Name eines darauf enthaltenen Walzers bleiben sollte. "Musik und Literatur ist ein Spiegel unseres Lebens", konstatiert Loboda, "und wir dürfen aus dieser Pandemie keine Tragödie machen. " Mit großem Vergnügen bedient er sich hier eines seiner Markenzeichen, verwendet skurril verfremdete Anleihen aus der "Fledermaus" von Walzerkönig Johann Strauss. Sobald die Hörer diese Themen wiedererkennen und sich an ihnen freuen, macht ihn das ebenso glücklich. "Wenn die Leute dann lächeln, habe ich mein Ziel erreicht. "

Sehr selten widmet Loboda seine Stücke einem bestimmten Menschen, aber bei Masha Dimitrieva, die ihn so tief im Innern erreicht hat, machte er mit der Fantasie "Latino Sempre" eine Ausnahme. Mit dieser "Gefühls-Vinaigrette" schrieb er seiner in der Ukraine geborenen Duopartnerin ein expressiv-elegantes Porträt voll melodischer Geschmeidigkeit auf den Leib, indem er zugleich energiegeladene und lebensfreudige musikalische Zitate aus dem schwelgerischen georgischen Lied "Suliko" und dem gut gelaunten Song "The Girl From Ipanema" verarbeitete.

Wird es also weitere gemeinsame Projekte der beiden Künstler geben? "Unbedingt! ", versichert Loboda nachdrücklich. "Mein Traum wäre, dass Masha mein zweites, bisher noch nicht aufgeführtes Klavierkonzert mit dem Georgischen Kammerorchester auf die Bühne bringt. "

Zunächst wird das Duo aber am Donnerstag, 28. April, um 20.30 Uhr nochmals mit seinem neuen Programm gastieren - im Ingolstädter Altstadttheater. Karten gibt es unter kontakt@altstadttheater. de

DK


Heike Haberl