Nürnberg
"Ich sah die riesige Rauchsäule"

50 Jahre nach seinem Tod auf dem Norisring benennt Nürnberg die Unfallstelle nach Pedro Rodríguez

09.09.2021 | Stand 23.09.2023, 20:44 Uhr
Das letzte Bild von Pedro Rodríguez kurz vor dem Start am 11. Juli 1971 auf dem Nürnberger Norisring. −Foto: Schnoerrer,dpa

Nürnberg - Der fränkische Motorsport-Fan Jürgen Lasser ist als Kind dabei gewesen, als die mexikanische Rennfahrer-Legende Pedro Rodríguez mit seinem Ferrari in die Brückenmauer knallte. Die Bilder wird er wohl nie vergessen. 50 Jahre nach dem tödlichen Unfall auf dem Norisring benennt Nürnberg die Unfallstelle nach Pedro Rodríguez.

Besonders spektakulär ist die Brücke nicht. Aber die Geschichte, die sich vor 50 Jahren auf der unscheinbaren Überquerung bei der Zeppelintribüne in Nürnberg abgespielt hat, geht dafür umso mehr unter die Haut. Im Sommer 1971 steigt Pedro Rodríguez in seinen Rennwagen. An diesem Tag finden die "200 Meilen von Nürnberg" auf dem Norisring statt. In der zwölften Runde kracht der Rennfahrer aus Mexiko mit seinem Ferrari auf der unscheinbaren Brücke über die Hans-Kalb-Straße in die Mauer. Der Rennwagen fängt sofort Feuer.

Der schwer verletzte Fahrer, der zu Beginn der 70er-Jahre als einer der besten Sportwagenfahrer der Welt gilt und in seinem motorsportverrückten Heimatland als Nationalheld gefeiert wird, stirbt im Krankenhaus mit 31 Jahren den tragischen Rennfahrertod.

Eine kleine Gedenktafel am Unfallort erinnert bereits seit 2006 an diese tragische Geschichte. Jetzt hat sich die Stadt auf Antrag der CSU-Stadtratsfraktion dazu entschlossen, die kleine Brücke pünktlich zum 50. Jahrestag des tödlichen Unfalls nach dem verunglückten Rennfahrer aus Mexiko in Pedro-Rodríguez-Brücke umzubenennen. Das neue Straßenschild auf der Norisring-Rennstrecke haben Bürgermeisterin Julia Lehner, Wirtschaftsreferent Michael Fraas (beide CSU) und Wolfgang Schlosser vom "Motorsport Club Nürnberg" (MCN) am Donnerstag feierlich enthüllt.

Bei den Veranstaltern des Rennens rund um den Norisring erinnert man sich mit genauso schmerzhaften wie gemischten Gefühlen an die schrecklichen Ereignisse vor 50 Jahren zurück. Das habe laut Katja Staudinger aus der MCN-Geschäftsstelle auch mit den weiterhin brennenden Fragen zu tun, wie es damals überhaupt zu dem tragischen Unfall kommen konnte.

Der Finne Leo Kinnunen schilderte den Unfall laut Lasser wie folgt: "Wir fuhren ungefähr 280 Stundenkilometer. Bei der Anfahrt der S-Kurve verbremste sich Rodríguez und kam aus der Ideallinie heraus zu weit nach rechts. Der Ferrari 512 des Mexikaners schlitterte an der Leitplanke entlang und prallte dort, wo diese endet, an die hervorragende Brückenmauer und zerschellte."

Jürgen Lasser wird diesen Augenblick niemals vergessen. "Ich bin als zehnjähriges Kind am Streckenrand gestanden und habe die riesige Rauchsäule gesehen", erinnert er sich an den tragischen Tag zurück. Der damalige Oberstaatsanwalt Werner Bröckelt soll Gerüchten widersprochen haben, wonach der Wagen von Pedro Rodríguez wenige Augenblicke vor dem Unglück einen Reifen verloren habe. Ein Fremdverschulden hätte seiner Ansicht nach nicht vorgelegen. Unklar sei auch gewesen, ob der österreichische Rennfahrer Kurt Hild in seinem Porsche die blaue Flagge von zwei Streckenwärtern übersehen und mit dem Finnen Kinnunen und dem Mexikaner Rodríguez die schneller fahrenden Verfolger nicht vorschriftsmäßig vorbeigelassen hatte.

Stattdessen mussten Kinnunen und Rodríguez stark in die Eisen treten. Während der Finne seinen Porsche bei diesem abrupten Bremsmanöver noch abfangen konnte, verlor Rodriguez laut Zeugenaussagen in dieser kritischen Rennsituation die Kontrolle über seinen nagelneuen 600-PS-starken Ferrari. Die Diskussionen um den tödlichen Unfall des Mexikaners sind wohl damals auch hoch hergegangen, weil es drei Jahre zuvor auf dem Norisring bereits zwei tödliche Unfälle gegeben hatte. Beim Rundstrecken-Meisterschaftslauf raste der Münchner Bernd Stelzig an der Steinmauer in den Tod. Zwei Monate später starb der Münchner Motorradrennfahrer Hartmut Allner.

Mit der Benennung der Brücke will Nürnberg nun die mexikanische Rennfahrer-Legende ehren und an Pedro Rodríguez kurz vor dem Start des nächsten Rennens auf dem Norisring erinnern. In knapp einem Monat trifft sich vom 8. bis zum 10. Oktober in Nürnberg die Rennfahrer-Elite zum traditionellen Norisring-Rennen an der nagelneuen Pedro-Rodríguez-Brücke.

HK

Nikolas Pelke