Sattelberg
"Ich bin eine Überlebende"

Die Sattelbergerin Melanie hat Krebs und ist auf finanzielle Hilfe für sich und ihre Kinder angewiesen

13.08.2020 | Stand 23.09.2023, 13:30 Uhr |
Trotz ihrer Krebserkrankung kann Melanie noch immer lachen. − Foto: Röder

"Bis jetzt ist es ein guter Tag", sagt Melanie, als sie darauf antwortet, wie es ihr denn heute geht. Was nach einer freundlichen, ja fast banal erscheinenden Frage klingt, die jeden Tag tausendfach gestellt wird, hat bei Melanie einen ernsten Hintergrund. Seit 11 Jahren lebt die heute 39-Jährige mit der Diagnose Krebs. Durch das Karzinom, das im Beckenknochen sitzt, wird dieser mehr und mehr instabil, weshalb schon jetzt klar ist, dass die junge Mutter irgendwann auf einen Rollstuhl angewiesen sein wird.

 

Weil der Tumor im Becken mit anderem Gewebe verwachsen ist und wichtige Nervenbahnen durch ihn verlaufen, ist jede Bewegung schmerzhaft, egal ob im Stehen, Liegen oder Sitzen. "Es gibt Nächte, da bin ich immer in Bewegung, weil ich die Schmerzen nicht ertrage", sagt Melanie. Gerade, wenn sie das Schmerzpflaster wechsle, auf das sie angewiesen ist. Auch während des Gesprächs mit der Reporterin kann Melanie nicht sitzen, sie stützt sich entweder auf einem Stuhl ab oder läuft mit vorsichtigen Schritten durch die Wohnung.

Mit ihrer Erwerbslosenrente, dem Kindergeld und dem Unterhaltsvorschuss lebt die alleinerziehende Mutter dreier Kinder im Alter von 11, 12 und 18 Jahren am Existenzminimum. Schon ein Tagesausflug mit den Kindern ist momentan kaum drin, geschweige denn ein Urlaub. "Wir kommen immer irgendwie über die Runden", sagt Melanie. Etwas Unvorhergesehenes darf da aber nicht passieren. Große Sorge bereitet Melanie das in die Jahre gekommene Auto, von dem sie jetzt schon weiß, dass es nicht mehr durch den Tüv kommen wird. Auf ein Fahrzeug ist sie aber angewiesen, um zu Arztterminen oder zu Therapiebesuchen zu kommen.

Ihre Diagnose bekam Melanie ein paar Monate nach der Geburt ihres dritten Kindes, eines Sohnes. Extreme Schmerzen hatte sie aber bereits während der Schwangerschaft, vor allem gegen Ende. "Da dachten die Ärzte aber, das sei einfach der Ischias-Nerv", ein Problem das schließlich viele Schwangere plage, vor allem wenn das Baby immer weiter nach unten ins Becken drückt. Auf dem ersten CT, das nach der Geburt gemacht wurde, war nichts zu sehen, die Schmerzen blieben trotzdem.

Ernst genommen habe man sie da im Krankenhaus nicht, sie habe doch gesunde Kinder zur Welt gebracht, da sei eine schwache Muskulatur doch ganz normal und damit einhergehend eben auch Schmerzen, bekam sie zu hören. Auf dem zweiten CT etwa drei Monate später, das den Beckenknochen etwas weiter unten zeigte, war schließlich der Riesenzelltumor sichtbar. "Von der Radiologie kam dann eine Entschuldigung", erzählt Melanie im Gespräch, das am Ende eineinhalb Stunden dauern wird. Um ihre ganze Geschichte zu erzählen, braucht die 39-Jährige diese Zeit.

Ein Riesenzelltumor sei damals eine Krebsart gewesen, gegen die man nicht viel habe ausrichten können, erzählt Melanie. Bei einer OP seien zwar fast 90 Prozent des Tumors entfernt worden, ein paar Wochen später sei dieser aber wieder genauso groß gewesen wie vorher. Weil der Tumor so verwachsen gewesen sei, seien bei dieser ersten OP auch Nervenbahnen in Mitleidenschaft gezogen worden, was ihr heute noch zu schaffen mache.

Seither hat die Sattelbergerin einige Rückschläge hinnehmen müssen. "Ich bin eine Überlebende", sagt sie, aber auch: "Jeder bekommt das Päckchen, das er tragen kann." Das klingt kämpferisch, im Falle von Melanie ist es das auch: "Vor allem für meine Kinder", sagt sie. Denn auch sie hätten mit der Erkrankung zu kämpfen und hätten noch heute große Verlustängste. Zeitweise sei gar nicht klar gewesen, ob sie überlebe. Die Folgen einer Chemo hätten ihr damals arg zugesetzt. Glück im Unglück habe sie dennoch gehabt, als sie in Bad Saarow (Brandenburg) bei einer Studie für ein neues Medikament aufgenommen wurde, das seit ein paar Jahren tatsächlich zugelassen ist.

Dabei handelt es sich eigentlich um ein Osteoporose-Medikament, das aber auch bei einem Riesenzelltumor hilft, um dessen Wachstum zu bremsen und ihn letztendlich verknöchern zu lassen. Danach sei bei vielen Krebspatienten eine OP möglich, bei ihr wegen der Verwachsungen nicht, erklärt Melanie.

Um der Familie zu helfen, ruft eine gemeinnützige Organisation dazu auf, die Familie nach Kräften zu unterstützen und zumindest ihre finanzielle Not etwas zu mildern. "Medizinisch ist es den meisten Menschen nicht möglich, zu helfen. Doch das Schicksal der Familie zumindest finanziell zu mildern, dazu kann fast Jeder beitragen", sagt der Initiator Christian Neumeir. Neumeir hat die Familienkrebshilfe Sonnenherz vor ein paar Jahren ins Leben gerufen, als er bei sich im Dorf von einem kleinen Mädchen erfuhr, das an Leukämie erkrankte.

Die Familie geriet in finanzielle Schieflage, weil der Vater als Hauptverdiener deutlich weniger arbeiten konnte als zuvor, weil er sich um die Tochter kümmerte. "Jeder hat das mitbekommen, aber keiner hat was gemacht", erzählt Neumeir im Gespräch. Für ihn war das ausschlaggebend, dem kleinen Mädchen zu helfen mit einem ehrenamtlichen Bürgerfest, dessen Spendenerlöse der Familie zu Gute kamen.

In Corona-Zeiten sind solche Benefizveranstaltungen natürlich nicht möglich, sagt Neumeir, dennoch könne man solchen Familien mit einer Spende finanziell unter die Arme greifen. "Den Patienten hilft es aber auch schon oft, wenn sie ihre Geschichte erzählen können", ist er überzeugt. Dieses Gesehenwerden vermittle ein Solidaritätsgefühl. Es gehe auch darum zu zeigen: "Ihr seid nicht allein!" , so fasst Neumeir sein Engagement zusammen. "Wenn wir es gemeinsam schaffen, Melanie und ihre Kinder finanziell und tatkräftig zu unterstützen und dadurch wieder ein bisschen Mut und Hoffnung zu schenken, ist bereits ganz viel gewonnen."

Wer die unverschuldet in Not geratene Sattelberger Familie unterstützen möchte, kann dies über das Spendenkonto der Familienkrebshilfe Sonnenherz tun: Familienkrebshilfe Sonnenherz gUG, IBAN: DE 8270 0222 0000 2026 7984, BIC: FDDODEMMXXX, Fidorbank München, Verwendungszweck: "Helft Melanie". Wer eine Spendenbescheinigung wünscht, sollte im Verwendungszweck zusätzlich seine vollständige Adresse angeben. Weitere Informationen zur Familienkrebshilfe findet man auf der Internetseite www.fkh-sonnenherz.de.

SZ

Julia Röder

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