Ingolstadt
Hungern gegen den Krieg

Mit einem Streik kritisiert die Alevitische Gemeinde Präsident Erdogan

18.01.2016 | Stand 02.12.2020, 20:18 Uhr

Ingolstadt (DK) "Wir sagen Nein zum Krieg!", liest Aliriza Doganogbo mit fester Stimme und blickt in die Kamera. Hinter ihm sitzen rund 20 Menschen auf dem Boden des Versammlungsraums in der Seeholzerstraße. Sie sind Ingolstädter Aleviten und damit Angehörige einer türkischen Minderheitenreligion.

Um ihrem Wunsch nach Frieden Nachdruck zu verleihen, sind die Frauen und Männer an diesem Montag in einen symbolischen Hungerstreik getreten. Einen Tag lang essen sie nichts und trinken nur das Nötigste. Ein alevitischer Fernsehsender aus Köln dokumentiert die Aktion.

Der Protest richtet sich gegen die türkische Regierung. Sie töte im Südosten der Türkei beim Kampf gegen kurdische Separatisten auch Zivilisten, so der Vorwurf. An den Wänden hängen Fotos von Menschen, die in den vergangen Monaten ums Leben gekommen sind - laut Beschriftung getötet von türkischen Soldaten. "Kinder sollen nicht sterben und Mütter nicht weinen!" steht auf einem gelben Plakat.

"Wir wollen, dass der Krieg beendet wird!", erklärt Hazal Celikkaya, eine der streikenden Frauen. Der Protest richtet sich nicht nur gegen den amtierenden türkischen Präsidenten Recep Erdogan, sondern auch gegen die Europäische Union. "Es wird zu wenig getan", kritisiert Doganogbo, Mitglied im geistlichen Rat der Gemeinde. Die Linken-Bundestagsabgeordnete Eva Bulling-Schröter sitzt mit den Aleviten auf dem Boden und erklärt sich ausdrücklich solidarisch mit der Aktion.

Die Ingolstädter sind mit ihrem Protest nicht allein. Am Wochenende haben Aleviten in Köln einen Tag lang gehungert, jetzt schließen sich nacheinander Gemeinden in ganz Deutschland an. Am Vortag haben die Augsburger Aleviten protestiert, heute sollen die Nürnberger folgen. Auch in anderen europäischen Ländern sind Streiks geplant. Organisiert hat den Protest die Alevitische Union Europa, nachdem es vorher zu Hungerstreiks in der Türkei gekommen war.

Die Protestierenden wollen einen Waffenstillstand und einen neuen Friedensdialog zwischen beiden Seiten. Das sei auch für Deutschland wichtig, betont Celikkaya: "Wenn der Krieg weitergeführt wird, werden auch die Kurden nach Europa wandern." Sie warnt davor, dass die Zahl der Flüchtlinge dann noch einmal deutlich zunehmen werde.