Hilpoltstein
Hundert Jahre Café Grimm

Hilpoltsteiner Institution feiert runden Geburtstag - Georgine Grimm ist seit 50 Jahren die Chefin

25.10.2019 | Stand 23.09.2023, 9:09 Uhr
  −Foto: Café Grimm/Bader

Hilpoltstein (HK) Einhundert Jahre Café Grimm: Einen solchen Geburtstag gibt es nur einmal zu feiern.

Und der große Tag fällt genau auf den heutigen Samstag, denn am 26. Oktober 1919 hat Xaver Grimm in dem Haus in der Hilpoltsteiner Christoph-Sturm-Straße 4 eine Konditorei samt Café eröffnet. Und wäre das nicht schon genug Grund zu feiern, gibt es gleich noch ein weiteres Jubiläum obendrauf: Georgine Grimm ist seit 50 Jahren Chefin des schmucken Cafés, das sie 1969 mit ihrem damaligen Ehemann Hans Grimm, dem Sohn von Xaver Grimm, übernommen hat.

Den Auftakt für die lange Geschichte des Cafés hat also Xaver Grimm gegeben. Doch es war nicht allein ein Cafe, das er damals eröffnet hat: Der rührige Geschäftsmann unterhielt zusammen mit seiner Frau Marga zudem einen Tabakkontor, hat eine zeitlang Kohle verkauft und betrieb sogar ein Fuhrunternehmen. Außerdem gab es einen kleinen angegliederten Kolonialwarenladen, in dem die Produkte der eigenen Konditorei und selbst hergestellte Pralinen feilgeboten wurden.

Um Besucher in sein neues Café und den Laden zu locken, gab Xaver Grimm mehrere große Zeitungsanzeigen auf. Darin warb er für "Fass- und Flaschenweine, Liköre, Kaffee, Tee und feinstes Gebäck". Und von besagten Fass- und Flaschenweinen soll einiges geflossen sein, als ein Vertreter der Handwerkskammer Xaver Grimm die Meisterprüfung abgenommen hat. Laut den noch heute gern erzählten Berichten war der Prüfer am Abend gut gefüllt und Xaver Grimm hatte mit Bravour bestanden. Bis 1964 führte das Ehepaar das Café, mussten es dann jedoch aus gesundheitlichen Gründen aufgeben.

Schon im September 1969 sollte das Café aber wieder unter dem Namen Café Grimm laufen. Hier muss man vorausschicken, dass Hans Grimm, der Sohn von Marga und Xaver Grimm, schon in frühen Jahren in vielen namhaften Betrieben als Konditor gearbeitet hatte, um sein Können zu vervollkommnen. Und dafür war ihm kein Weg zu weit. Neben der Schweiz kam er unter anderem auch ins Allgäu, wo sich Hans und Georgine kennenlernten. Beide sind schließlich nach Hilpoltstein in das Haus von Hans Grimms Eltern gezogen. "Was man eben so macht, wenn man verliebt ist", sagt die heute 68-jährige Georgine Grimm schulterzuckend.

Und dort wurde Georgine Grimm von ihren künftigen Schwiegereltern Margarete und Xaver Grimm gleich vereinnahmt. Nach der umfangreichen Ausbildung Hans Grimms und angesichts einer künftigen Schwiegertochter hatte das alte Besitzerehepaar Grimm den ersehnten Lichtblick, das Café, das seitdem an die Firma Geisler verpachtet war, endlich in der Familie weiterzuführen. "An Pfingsten ist Verlobung und im August wird geheiratet", hat man Georgine, der damals gerade einmal 18-Jährigen, kurzerhand mitgeteilt. "Ich wurde da gar nicht groß gefragt", stellt sie rückblickend fest. Zu diesem Zeitpunkt sollten sie und ihr Mann noch nicht ahnen, wie viel Arbeit auf sie zukommen würde.

Bereits 1970 beziehungsweise 1971 gingen aus der Ehe die beiden Söhne Harald und Thilo Grimm hervor. Somit stand der neuen Chefin des Cafés tagtäglich nicht nur ein immenses Arbeitspensum bevor, sondern sie musste sich natürlich auch um ihre beiden Kinder kümmern. Hans Grimm stand damals schon in den frühen Morgenstunden in der Backstube, um Torten, Kuchen und sonstiges Gebäck herzustellen.

An Georgine Grimm blieb, bis ihr Mann aus der Backstube kam, erst einmal das komplette Tagesgeschäft im Café und im Laden hängen. Dann waren sie gemeinsam für die späten Gäste da. Denn wie heute kamen nach den etwas älteren Gästen, die tagsüber im Café eingekehrt sind, am Abend die jüngeren Leute um gemeinsam den Feierabend zu genießen. Den Ansturm mussten sie zu zweit bewältigen - Geld für Personal hatten sie nicht.

Doch wenn die Gäste draußen waren, war für beide noch lange nicht Schluss. Dann galt es, den nächsten Tag vorzubereiten. "Und dann habe ich eben nachts um Zwölf noch Serviettenknödel gemacht", erinnert sich Georgine Grimm.

Die Knödel waren nötig, weil im Café, wie heute noch, täglich ein Mittagessen angeboten wurde. Unter anderem kamen dann Angestellte des Hilpoltsteiner Finanzamts, des Amtsgerichts und der Sparkasse, um Mittag zu machen. "Dass waren dann leicht mal 40 oder 50 Portionen", erinnert sich Georgine Grimm. Dass sie dafür viel Stunden in der Küche zugebracht hat, tut sie heute mit einem Schulterzucken ab: "Meine Schwiegereltern haben eh jeden Tag mit den Hufen gescharrt, weil sie was zu essen wollten - da konnte ich dann auch gleich etwas mehr machen. "

Wenn man bedenkt, dass dazu noch das Geschäft mit den eigenen Konditoreiwaren dazukam, kann man sich kaum vorstellen, wie das Paar alles unter einen Hut bekommen hat. "Beim Kochen hingen mir die Kinder an den Beinen, ich musste ständig schauen, ob jemand im Laden etwas kaufen wollte, und habe dann nebenbei noch die Kaffeetasse zu den Gästen balanciert", sagt Georgine Grimm. Und auch wenn heute jeder auf die "gute alte Zeit" schwört: "Dass ich nicht überall sein konnte, haben einige Kunden im Laden auch mal ausgenutzt und sich die Taschen vollgestopft", erinnert sich Georgine Grimm. "Damals habe ich in mancher Woche gerade einmal zehn Stunden geschlafen - das brauch ich heute am Tag", sagt Grimm. Und ihrem Mann ging es nicht besser.

1993 haben sich Hans und Georgine Grimm allerdings getrennt und die heute 68-Jährige hat von da an den Laden allein übernommen. Allein? Nein, nicht ganz, denn ihre Kinder sollten ihr von da an mehr als eine große Hilfe sein: Sohn Thilo hat im Eilverfahren seine Meisterprüfung als Konditor gemacht und die Backstube übernommen. Sohn Harald ließ sich zum Restaurantfachmann ausbilden und stand von da an der Theke. Dass er dies vor zwei Jahren aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste, konnte zu diesem Zeitpunkt natürlich noch keiner ahnen.

Im Laufe der Zeit hat das Café sein Angebot immer weiter ausgebaut. So bietet es nicht nur ein Catering an, sondern lockt mit regelmäßigen Cocktailpartys. Daneben gibt es seit einigen Jahren auch die Kaffeehauskultur, die der Heidecker Glaskünstler Rudolf Stowasser organisiert. Jeden Monat locken dann wechselnde Ausstellungen die Gäste an.

Jetzt halten Georgine und Thilo Grimm mit einem kleinen Team ihr Café am Laufen. "Aber seit mein Vater wieder hier in Hilpoltstein wohnt, steht er auch wieder in der Backstube und hilft", sagt Thilo Grimm.

Am heutigen Samstag feiert die Familie Grimm mit ihrem gesamten Team jedenfalls das große Jubiläum 100 Jahre Café Grimm - und sie freuen sich über jeden, der mit ihnen feiert.

Die Geschichte des Hauses

Es ist ein traditionsreiches Haus, in dem Hans Grimms Eltern Xaver und Marga Grimm das Geschäft eröffnet haben.Es wurde bereits 1450 als Bürgerhaus gebaut, erhielt aber erst im Jahr 1550 das wunderbare Fachwerk, das für das Gebäude heute so prägend ist.Bewundern konnte man es damals allerdings nicht: Es war verputzt und wurde erst vor rund 30 Jahren freigelegt. Das Gebäude hat bis zur Übernahme durch Xaver und Marga Grimm eine wechselvolle Geschichte hinter sich und unzählige Besitzer gesehen. Es waren meist Handwerker, die im damaligen Rathausviertel Nr. 2 gewohnt haben.So gingen bis 1558 zwei Schneider in dem Gebäude ihrem Beruf nach. Der darauf folgende Zimmermann hat das Gebäude aufgestockt und ihm folgten Schuster und Bäcker. In Richtung Gastwirtschaft ging es erst 1808, als Mathias Schlogerer dort eine Schenke eröffnete. Und eine Schenke blieb es auch bei dessen Nachfolgern, bis Xaver Grimm an besagtem 26. Oktober 1919 sein Café samt Konditorei eröffnete. cyb

Kai Bader