Ingolstadt
Hochwertiger Fusion-Jazz

Preisträger-Quartett überrascht mit eigenen Stücken in der Neuen Welt

06.11.2019 | Stand 23.09.2023, 9:20 Uhr
Anspruchsvolle eigene Stücke brachten Christian Diener (von links), Lukas Lindner, Oliver Kügel und Martin Kasper beim Jazzförderpreisträger-Konzert mit und begeisterten damit ihr Publikum. −Foto: Leitner

Ingolstadt (DK) Das Quartett hat zwar noch keinen Namen, die einzelnen Mitglieder aber schon, und zwar einen durchaus gewichtigen in der regionalen und teilweise auch der überregionalen Szene.

Drei Musiker der Formation nämlich, die an diesem Jazztage-Abend auf der Bühne der Neuen Welt steht, sind Träger des "Jazzförderpreises der Stadt Ingolstadt". Christian Diener am E-Bass hat ihn 2006 bekommen, Drummer Oliver Kügel 2013 und Trompeter Lukas Lindner, der als Gast ungefähr die Hälfte des Programms mitbestreitet, erst vor zwei Wochen. Nur Martin Kasper an Keyboards und E-Piano tanzt aus der Reihe, was aber nicht an fehlender Klasse liegt, sondern schlichtweg daran, dass er aus Nürnberg kommt.

Stichwort "fehlende Klasse": Die kann man dem Quartett nun wahrlich nicht attestieren. Ganz im Gegenteil. Die Gruppe präsentiert ambitionierten Fusion-Jazz im Stile von Joe Sample, Jim Beard oder auch Adam Holzman, Stücke also, die unangestrengt dahinfließen, ausgestattet mit Themen, die gut ins Ohr gehen und in Richtung Jazz gelenkt durch solistische Ausflüge aller Beteiligten. Genügsamere oder auf Sicherheit bedachte Bands leihen sich - sobald sie sich einmal für dieses Sub-Genre entscheiden haben - bei solchen Gelegenheiten gerne Melodien von Leuten wie Herbie Hancock oder Chick Corea aus, Musikern also, die ebenfalls einen E-Piano-Hintergund haben. Dieses Quartett tut das nicht, sondern greift auf eigene Stücke zurück. Kasper und Lindner sind ja auch als Komponisten tätig. Und wenn man im Laufe des Konzerts dann Nummern wie "Not Entirely Lost" und "Servus Pepe" (Kasper) und "Bus Stop", "Did You Call" oder "Down" (Lindner) hört, kann man die vier Herren zur Klasse ihres Eigenmaterials nur beglückwünschen.

Natürlich ist die Formation trotzdem nicht in ihrem eigenen Kosmos gefangen. Kasper widmet zwei Stücke ausdrücklich dem großen Joe Zawinul und leistet sich einen Exkurs zu Eric Satie, bevor man dann auf der Zielgeraden gemeinsam einschwenkt auf "Red Clay" von Freddie Hubbard, der Nummer des Konzerts, die ganz eindeutig das Highlight des Abends ist, Adaption hin oder her.

Dennoch: Diese Formation hat zwar noch keinen Namen, aber durchaus schon ein eigenes Gesicht. Ihre lockere Vorgehensweise, ihre Unverkrampftheit angesichts des anspruchsvollen Materials, das man ja nicht so eben im Vorbeigehen spielt, zeigen durchaus Wirkung beim Publikum. Hier scheinen sich tatsächlich vier Musiker gefunden zu haben, die gleich oder doch zumindest ähnlich ticken und die gleiche musikalische Sprache sprechen. Vielleicht wird aus diesem bislang noch lockeren Verbund ja tatsächlich eine richtige "Band" im wahrsten Sinne des Wortes. Man mag es den Musikern wünschen und auch deren Publikum, das sich sicherlich auch beim nächsten Auftritt gerne wieder einfinden würde.

Karl Leitner