Steinerskirchen
Hilferuf für Frauen in Afrika

Aufrüttelnde Predigt von Lea Ackermann zu Mariä Himmelfahrt in Steinerskirchen

16.08.2018 | Stand 23.09.2023, 4:25 Uhr
Mehr als tausend Besucher (oben) kamen an Mariä Himmelfahrt nach Steinerskirchen zur Andacht mit Lichterprozession. Der Subprior der Herz-Jesu-Missionare, Pater Walter Licklederer (unten l.), hielt die Einführung zum Marienfest. Schwester Lea Ackermann (unten r.) schilderte in ihrer Predigt das Leben unglücklicher Frauen in Afrika. −Foto: Fotos: Mayer

Steinerskirchen (SZ) Weit mehr als tausend Besucher folgten am Mittwochabend dem Ruf nach Steinerskirchen. Die Predigt zur Marienandacht mit Lichterprozession hielt diesmal Schwester Lea Ackermann, die dabei ihren Einsatz für ausgebeutete Frauen in Afrika darstellte.

In bayerisch-katholischen Landen gehört das Fest Mariä Himmelfahrt Mitte August zu den großen Marienfeiertagen im Jahr. Die Herz-Jesu-Missionare vom Bildungshaus Oase Steinerskirchen hatten wieder zu Andacht und Lichterprozession eingeladen. An einem traumhaften Sommerabend begrüßte Subprior Pater Walter Licklederer die vielen Gläubigen, und neben der hochsommerlichen Stimmung spielte er auf den Frieden im Lande an, der vielen Ländern der Welt nicht gegönnt ist. Ihm zur Seite stand Pater Manfred Oßner, der Leiter des Bildungshauses. Pater Norbert Becker musizierte mit seiner kleinen Musik- und Gesangsgruppe; mehrere Marienlieder wurden vorgetragen, darunter eine Form des Magnifikats. Für den musikalischen Akzent sorgten des Weiteren - unter Leitung von Gerhard Schweiger - die Hohenrieder Musibuam, nur wenige Schritte vom Grab ihres Gründers Pater Hans Held, vormals schon zu Lebzeiten eine Legende im Schrobenhausener Raum.

Die Predigt von Schwester Lea Ackermann wirkte erst wie die Erzählung eines wechselhaften Lebensweges und von den schwierigen Verhältnissen ausgebeuteter und missbrauchter Frauen in Afrika, war aber im Kern ein Aufruf, ein Hilferuf, auch eine Anklage. Die kämpferische Frau aus dem Orden der weißen Schwestern stammt aus dem Saarland, kommt aus einem religiösen Elternhaus und fand früh zu einer einerseits kontemplativen, andererseits zu einer zielbewusst tätigen Form aktiven Christentums. Bei ihrer Entscheidung, in einen Orden einzutreten, achtete sie darauf, nicht in einem stillen Kloster zu arbeiten, sondern - mit einiger Abenteuerlust im Blut - in einen Orden einzutreten, der die Aussicht bot, nach Afrika zu kommen.

Mit Energie absolvierte Ackermann mehrere Studiengänge, promovierte in Pädagogik, wurde mit Lehrtätigkeit beauftragt und betrieb Lehrerfortbildung in Ruanda. Als die Lehrerfortbildung von Afrikanern geleistet werden konnte, fand sie in Kenia ihre endgültige Aufgabe: Sie traf auf verlorene Frauen, die mit Prostitution erst ihre Existenz sichern, und so auch noch die chancenlosen Kinder mühsam durchs Leben bringen mussten.

"Die Mechanismen sind erschreckend: Am Hafen von Mombasa legen Touristenschiffe an, über einige Tage nützen Männer das Angebot an hilflosen Frauen, dann sind sie wieder weg. Während dieser Phase hält sich die Polizei zurück, um den jungen Frauen später eine Gesetzesübertretung vorzuhalten und ihnen das in trister Demütigung verdiente Geld wieder abzunehmen", erzählte Ackermann.

Aus der Erfahrung von viel menschlichem Unglück sei sie zur Tat übergegangen. Erst schaffte sie es, betroffene Frauen zum Sprechen zu bringen, dann ging sie zusammen mit ihnen ganz allmählich zu Tätigkeiten über, mit denen die Frauen regulär und ohne sich selber zu verkaufen, Geld verdienen konnten. Ein wesentlicher Schritt war die Gründung der Organisation Solwodi, erst mit Beratungsbüros, dann mit konkreter Unterstützung in Einzelfällen, mehreren tausend Frauen konnte schon geholfen werden. Am tiefsten gehe die Hilfe, wenn Frauen eine Ausbildung verschafft werden kann.

Seit Jahren ist Solwodi auch in mehreren Ländern Europas verankert, mittlerweile wurde das Thema Bildung immer größer, bis hin zu Hochschulbesuchen und Universitätsabschlüssen. Nicht zu vergessen der hohe Wert von sportlichem Zusammenspiel; auch in Afrika lieben viele Mädchen den Fußball. Solwodi ist aber auch dabei, als kritische Kraft in die Systeme hineinzuwirken. In diesem Zusammenhang richtete Schwester Lea eine deutliche Mahnung an die Politik in Deutschland. Während Männer verschiedene Gründe für ein Asyl angeben können, können verfolgte und missbrauchte Frauen derzeit noch keinen Asylantrag begründen.

Mit Beifall wurde Schwester Lea verabschiedet. Nach Einbruch der Dunkelheit wurden die zahllosen Kerzen entzündet. Es war ein beeindruckendes Bild: Die lange Lichterprozession zog mit Rosenkranzgebet und dem Gesang von Marienliedern unterhalb der kleinen Kirche um den Berg, den man durchaus auch als Burgberg bezeichnen kann.

Franz-Josef Mayer