Nürnberg
Heuer wird gerappt

Beim 43. Bardentreffen in Nürnberg soll "die weltmusikalische Linie des Sprechgesangs beleuchtet" werden

28.06.2018 | Stand 23.09.2023, 3:51 Uhr
Programmmacher: Rainer Pirzkall (l.) und Andreas Radlmaier haben auch eine Band mit Transfronfrau verpflichtet. "Damit wollen wir ein Zeichen setzen - mit Soulstimme und Lippenstift gegen Rassismus." −Foto: Foto: Pelke

Nürnberg (DK) Yo, die Barden kommen!

Unter der Überschrift "RAP - Rhythm and Poetry" bietet das Musikfestival heuer dem Hip-Hop eine besondere Bühne. "Es geht nicht um Gangsta-Rap. Wir wollen die weltmusikalische Linie des Sprechgesangs beleuchten", sagte Festivalleiter Andreas Radlmaier bei der Vorstellung des Programms in Nürnberg.

20 von insgesamt 100 Künstlern widmen sich den flinken Reimen. Mit dabei sind angesagte Hip-Hop-Bands aus Deutschland wie "Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi". Ebenfalls am Start sind Rap-Größer wie Bajoli, der mit seinem "Rumba Rap" zu Belgiens wichtigsten Hip-Hop-Musikern gehört.

Um böse Buben, die eine dicke Lippe an den Mikrofonen riskieren, macht das Festival dagegen bewusst einen großen Bogen. Diskriminierende Reime von gewaltbereiten Kleinkriminellen will man sich in Nürnberg offensichtlich nicht auf die Bühne holen. "Wir zeigen Hip-Hop-Künstler, die einfallsreich mit Text und Sprache umgehen. Wir wollen deutlich machen, dass der Sprechgesang die aktuellste Form des Liedermachens ist", erklärte Festivalleiter Andreas Radlmaier zum Programmschwerpunkt, der lediglich 20 Prozent des Bardentreffens ausmacht.

Neben Wortakrobaten und Silbenjongleuren setzt Deutschlands größtes Kultur-Für-Alle-Musikfestival traditionell auf Folk- und Weltmusik. "Wir wollen besondere Bands ausgraben und hier beim Bardentreffen präsentieren", brachte Rainer Pirzkall das Erfolgsrezept des Umsonst-und-Draußen-Festivals auf den Punkt, zu dem heuer wieder rund 200000 Besucher erwartet werden. Eröffnet wird der Musikreigen in der Nürnberger Altstadt von einer brasilianischen Band, die mit einer lateinamerikanischen Variante von Conchita Wurst als Transfrontfrau auf der Bühne besticht. "Damit wollen wir ein Zeichen setzen - mit Soulstimme und Lippenstift gegen Rassismus und Intoleranz", sagte Rainer Pirzkall und schwärmte von der Tenorstimme der Tropical-Soulsängerin mit dem kleinen Schnurrbart.

Überhaupt geht es beim Bardentreffen neben der Musik um die Haltung der Künstler. Aeham Ahmad hat mit seinem Klavier zwischen den Kriegstrümmern gegen den Wahnsinn der Zerstörung in Syrien angespielt. Heute hat sich der Flüchtling mit dem jazzigen "Edgar Knecht Trio" zusammen getan. Mit einer Mischung aus deutschen und syrischen Volkslieder hat die Formation im Jahr 2017 bereits den deutschen Weltmusikpreis "Creole" abgeräumt. Aeham Ahmad tritt beim Bardentreffen mit seinem Trio am Freitagabend in der Katharinenruine auf. "Wir glauben, das wird ganz stimmungsvoll", freuten sich die Festivalmacher.

Beim Bardentreffen sind die Schauplätze der Konzerte besonders wichtig für das Gesamterlebnis. Besonders die Atmosphäre in der Katharinenruine sucht ihres Gleichen. Dort stehen auch Peter Fessler und Klaus Mages unter der Überschrift "Vom Trio Rio zum dynamischen Duo" auf der Konzertbühne. Fessler und Mages haben in den 80er Jahren mit "New York, Rio, Tokio" die weltweiten Hitlisten gestürmt. Heute setzt das Duo auf latingeprägte Klangkaskaden. 2014 hat Fessler als bester Sänger den Jazz-Echo verliehen bekommen. Die Auszeichnung ist kürzlich durch die deutschen Gangsta-Rapper Kollegah und Farid Bang erst in Verruf geraten und dann mit großem Getöse in der Versenkung verschwunden.

Überhaupt nicht verstecken brauchen sich die Frauenstimmen dagegen beim diesjährigen Bardentreffen. Für vokale Glanzlichter wird sicherlich Cristina Branco sorgen. Die Portugiesin präsentiert ihren Neo-Fado am Samstagabend dem Publikum. Fehlen darf in Nürnberg auch die deutsche Chansonnière nicht.

Anna Depenbusch haucht ihre poetischen Lieder in der Katharinenruine in den Nachthimmel. Vor ihrem Auftritt ist die deutsche Sängerin mit der Zauberstimme zu Gast beim Künstlergespräch. Die Talkreihe findet unter der Überschrift "Zugabe! " im Burgtheater statt. Zum ersten Mal überträgt der Bayerische Rundfunk drei Konzerte live im Internet.

Nikolas Pelke