Schrobenhausen
Heimische Pilgerwege neu entdecken

20.05.2010 | Stand 03.12.2020, 4:00 Uhr

Drei Autoren des neuen Buches: Anton Schuster (v.l.), Hedwig Brüderle und Thomas Reis stellten in Pfarrsaal heimatliche Pilgerwege vor. - Foto: Götz

Schrobenhausen (hgz) "Während die Zahl der Kirchenbesucher seit Jahren rückläufig ist, steigt die Zahl derer, die sich auf Pilgerreisen begeben, ständig an." Das erklärte Anton Schuster bei der Vorstellung des Buches "Ich bleib’ dann mal da. Pilgerwege im Bistum Augsburg" im Pfarrsaal.

Der in Weilheim wohnhafte Pastoralreferent Schuster war wesentlich an der Entstehung des Buches beteiligt und einer von drei Referenten des Abends, den die katholische öffentlichen Bücherei veranstaltete. In erster Linie sei bei diesem Anstieg der Pilger der Jakobsweg nach Santiago de Compostela zu nennen. Im Internet findet man unter dem Stichwort "Pilgern" über 2300 unterschiedlichste Buchtitel, von umfangreichen sachlichen Beschreibungen über ganz persönliche Schilderungen bis hin zu wegbegleitenden Gebetsbüchern. Aber auch hier handelt es sich meist um Abhandlungen zum Jakobsweg.


Sucht man dagegen nach Literatur zu den vielen heimatlichen Pilgerwegen, die sich ebenso steigender Beliebtheit erfreuen, so ist weitgehend Fehlanzeige zu vermelden. Dies war für den Arbeitskreis Kirche und Sport im Bistum Augsburg der Anlass für das nun entstandene Werk.

Hauptinitiator war der Tutzinger Religionslehrer und Pastoralreferent Knut Waldau. Er suchte und fand 20 Autoren, die ehrenamtlich einen Weg darstellten, der für sie persönlich von Bedeutung ist. Entstanden ist ein 216 Seiten umfassendes, sehr abwechslungsreiches und reich bebildertes Werk. Es enthält natürlich nicht alle Pilgerwege im Bistum, aber doch ein breites Spektrum aller klassischen und einiger moderner, neu entstandener Wege. Für den kürzesten braucht man zwei Stunden, für den längsten fünf bis sechs Tage.

Nachdem der Herausgeber den Autoren völlig freie Hand ließ, ist die Art der Beiträge ebenso vielfältig wie die Wege selbst. Zu den ältesten zählen die Wallfahrt auf den Hohenpeißenberg und nach Pobenhausen. Der Crescentia-Pilgerweg bei Kaufbeuren ist zwar als Wallfahrtsweg neu, folgt aber den Wegen, die von der Heiligen zurückgelegt wurden bei ihren regelmäßigen Besuchen in den benachbarten Klöstern Mindelheim, Irrsee und Ottobeuren.

Eine Besonderheit in mehrfacher Hinsicht stellt der Prälatenweg von Marktoberdorf nach Kochel am See dar. Zum einen ist der von Anton Schuster beschriebene Weg der längste und damit auch der umfangreichste Beitrag des Buches, zum anderen entstand er nicht als Pilgerweg, sondern wurde vor etwa 30 Jahren vom Tourismusverband als Fernwanderweg ausgewiesen. Da an seinem Weg durch den Pfaffenwinkel aber zahlreiche Wallfahrtsorte und Klöster liegen, wurde er schnell auch zum Pilgerweg.

Nach dem umfangreichen Einblick in das gesamte Buch stellte Hedwig Brüderle aus Adelshausen den Weg von Karlshuld nach Pobenhausen vor. "Es ist eine sehr alte Wallfahrt auf neuen Wegen", erklärte sie. Die Ursprünge gehen auf eine Erscheinung von zwei Mädchen im Jahr 1668 zurück. 20 Jahre später ließ der damalige Pfarrer auf der heute Kalvarienberg genannten Anhöhe drei große Kreuze errichten, 1691 wurde der Grundstein für eine Kirche gelegt. Brüderle erläuterte ausführlich die Geschichte des Donaumooses und wusste auch, dass die "Mösler" von den Alteingesessenen zunächst sehr zurückhaltend bis ablehnend empfangen wurden. Durch die Flurbereinigung mussten die alten Wege weichen und nun ist ein gut ausgeschilderter Weg vom Haus im Moos in etwa zwei Stunden zu schaffen. Er führt durch ruhige Moorlandschaften, vorbei an verfallenen Höfen und am Ort Probfeld. "Der Ausblick vom Kalvarienberg ist einer der schönsten in der ganzen Region", schwärmte Brüderle und sie konnte dies mit Bildern auch belegen: Bei schönem Wetter sieht man über das ganze Donaumoos bis hin zum Ingolstädter Münster und den Raffinerien von Neustadt und bei Föhn kann man sogar die Befreiungshalle bei Kelheim erblicken. Dass die Wallfahrt zum Kalvarienberg lebendig ist, beweisen die jährlichen Jugendwallfahrten und die große Pfingstwallfahrt mit Hunderten von Teilnehmern.

Als letzter Referent erzählte Thomas Reis aus Deimhausen von seinen Erlebnissen als pilgernder Radfahrer nach Santiago. Mit vielen Bildern schilderte er zunächst die ganze Reise. "Auch wenn man alleine fährt, ist man nicht allein, wenn man will", erklärte er. "Die Pilger ticken alle gleich und man hat schnell Kontakt." Abschließend ging Reis noch auf den im Buch behandelten Abschnitt von Deimhausen bis Augsburg ein. "Ein idealer Weg für Radfahrer", schwärmte er. "Die einzige und höchste Erhebung ist der Klosterberg, für sich selbst schon ein lohnendes Ziel." Aber auch die Fahrt durch die Paarauen mit vielen prachtvollen Kirchen, kleinen Kapellen und Marterln ist die Mühe wert. "Zu Fuß oder per Rad kann man viel mehr erleben, als wenn man mit dem Auto entlangfährt", ist sich Reis sicher.

Alle Referenten haben gemeinsam einen Wunsch: Sie hoffen, dass die von ihnen beschriebenen Wege von vielen begangen werden, auch von anderen ihre Schönheit erkannt wird und die Pilger ein wenig mehr zu sich selbst und damit vielleicht auch zu Gott finden.