Handwerk mit Herzblut

02.07.2020 | Stand 23.09.2023, 12:41 Uhr
Ihr Mehl bezieht Elisabeth Buchdrucker von einer Bio-Mühle im Oberpfälzer Wald. Im Lagerraum im hinteren Bereich der Backstube bewahrt sie Zutaten und Hilfsmittel auf. −Foto: Schmied

Mit ihrer kleinen Backstube in Prunn hat sich Elisabeth Buchdrucker einen Traum erfüllt, von dem sie noch nicht einmal wusste, dass sie ihn hatte. Die Bäckerin aus Leidenschaft und Überzeugung zaubert hier für ihre Kunden Brote und Kleingebäck - ausschließlich aus Bioprodukten, außer Ofen und Knetmaschine nur per Hand.

Prunn - Zweimal in der Woche durchzieht den Ort der feine Duft nach frisch gebackenem Brot - immer dann, wenn Elisabeth Buchdrucker sich in ihrer Backstube ans Werk macht, den tags zuvor vorbereiteten Vorteig weiterverarbeitet, daraus große Laibe oder elegante Zöpfe formt und in den vorgeheizten Ofen befördert, wo Kamutbrot und Käsebutzis bei optimal abgepasster Hitze ihr knuspriges Kleid bekommen. Sperrt die 35-Jährige ihre Backstube dann auf, kann es gut sein, dass die Nachbarn mit die Ersten sind, die ihre Nase durch die Tür stecken, um zu schauen, welche ihnen unbekannte Köstlichkeit die Bäckerin heute zaubert.

Sie ist weit herumgekommen, bevor sie in Prunn Wurzeln schlug: Lehre in Bayrischzell, als Gesellin in Neuseeland, als Meisterin in Bad Homburg, am Bodensee, in Weiden. Während ihrer Wanderjahre - so bezeichnet Buchdrucker ihre vielen Stationen in vielen Bäckereien mit einem Schmunzeln - habe sie viele Rezepte gesammelt. Unzählige Seiten in kleinen Büchlein sind so voll geworden. Das sind ihre "Bibeln", wie sie erklärt - Begeisterung fürs Bäckerhandwerk schwingt dabei in ihrer Stimme mit. Ihr Sortiment ist daher immer wieder etwas anders, immer wieder gibt es etwas Neues. Wenn der Weg bis nach Prunn ihre Walz war, dann ist die erste eigene Backstube die ultimative Spielwiese für die Bäckerin mit Leib und Seele.

 

Ein Traum, der in Erfüllung ging? "Ich hatte nie den Gedanken, mich selbstständig zu machen", erklärt Elisabeth Buchdrucker. "Wir haben's einfach gemacht." Wir, damit meint sie ihren Mann und sich. Er habe ihr den letzten Schubs gegeben - und dann sei alles sehr schnell gegangen. Die Idee entstand im September, das Gewerbe angemeldet haben die Buchdruckers dann im Dezember. Als Schreiner habe sich ihr Mann etwa um die Regale in der Backstube gekümmert. "Ohne ihn könnte ich das nicht", sagt die zweifache Mutter über die Unterstützung, die sie von ihrem Mann bekommt. Rückhalt gibt es auch seitens der Familie und der Nachbarn.

Der Arbeitsweg ist kurz: Die vierköpfige Familie wohnt in dem Haus an der Prunner Bergstraße, in dem die kleine Backstube untergebracht ist, es gehört ihren Schwiegereltern, sagt Buchdrucker. Ins Haus kommen der Bäckerin ausschließlich Biorohstoffe, ihr Handwerk nimmt sie wörtlich, und auch Zeit spielt eine wichtige Rolle bei ihrer Arbeit. Da gibt es etwa den Ofen - neben der Knetmaschine das einzige größere Hilfsmittel -, den Buchdrucker hoch heizt, ausschaltet und ihre Produkte dann angepasst an die fallende Temperatur hineinschiebt. Das Prinzip funktioniere also ähnlich wie bei einem Holzofen. "Auf diese Art zu backen ist sehr anspruchsvoll, weil es eine Rolle spielt, ob ich fünf oder zehn Brote gleichzeitig im Ofen habe. Und es ist energiesparend, was in mein Konzept passt." Auch Offenheit sei ihr in diesem Zusammenhang wichtig - auf mehreren Ebenen. Ganz wörtlich geht es darum, dass die Kunden sehen, wie ein Brot entsteht. Geht man durch die Tür, steht man mittendrin. Ihre Produkte reicht sie selbst über den Verkaufstresen. "So kann ich sehen, wie meine Kunden auf meine Sachen reagieren." Feedback? Immer her damit! "Dieser Kundenkontakt motiviert mich", betont die Bäckerin. Dass die Backstube so gut ankommt, habe sie nicht erwartet. Und dass das Bankerl vor der Tür von den Leuten rege zum Ratschen genutzt wird, auch. "Hier gibt es oft einen Nachbartreff", sagt sie und freut sich.

 

Die Lust am Fühlen ist das, was Buchdrucker an ihrem Handwerk so sehr begeistert: "Man spürt erst, ob ein Teig etwas wird. Erst, wenn man das gelernt hat, sieht man es auch: Ist der Teig matt, glänzt er?", beschreibt die 35-Jährige. Dieses Hinlangen, wie sie es bezeichnet, habe sie in ihrer Lehre verinnerlicht. "Mein Ausbilder hat mich viel machen und fühlen lassen." Und wenn ein Zopf dann nichts geworden ist, dann wusste sie es beim nächsten Mal besser. Apropos Zopf: "Mein Ausbilder hat ganz viele Sätze gesagt, die ich so an einen Lehrling weitergeben würde." Teigstränge flechten, das kriege sie etwa am besten mit der Stimme ihres Lehrmeister im Kopf hin: "Rechts runter, rechts rüber." Sie lacht. "Das mache ich immer noch so."

Überhaupt sei ihre Ausbildung in einer kleinen Bäckerei in Bayrischzell von 2001 bis 2004 sehr prägend gewesen. Ein Familienbetrieb, bei dem sie ein Zimmer im Haus bewohnte. "Sie hatten da schon Bio, was damals noch belächelt wurde." Sie erinnert sich gerne an diese Zeit, denn: "Alle hatten Spaß an der Arbeit, alle haben es gerne gemacht - und es gab nicht zu viel Druck." Dabei blieb eben die Zeit für ausgiebiges Ausprobieren. Heutzutage sei es leider oft so, dass Lehrlinge eben nicht mehr hinlangen dürfen, weil die Zeit dafür nicht mehr da ist, bedauert Buchdrucker. Zeitdruck: Den hat sie während ihrer Wanderjahre durchaus auch erfahren. Etwa in Neuseeland, wo sie drei Jahre lebte und arbeitete. "Dort habe ich mir auch eine Industriebäckerei angeschaut und es nur drei Monate ausgehalten. Vom Teig hat man dort nichts gesehen."

 

Lange habe sie es nirgends gehalten. "Meistens nicht länger als ein Jahr, dann hatte ich in der jeweiligen Bäckerei viel kennengelernt und wollte wieder etwas Neues", beschreibt Buchdrucker ihren unbändigen Wissensdurst und auch Tatendrang. Wegen des Geldes wird man kein Bäcker, ist ihre Überzeugung. "Wenn man Geld machen will, dann wird auf Masse gesetzt - oder man findet eine Nische." Bei diesem Stichwort fällt Elisabeth Buchdrucker Bernd Kütscher ein, bekannt als Mitglied der Jury in der Sendung "Deutschlands bester Bäcker" - und Direktor ihrer Meisterschule. "Er hat immer gesagt: Wenn ihr eine Idee habt, und wenn sie noch so verrückt ist, macht es. Das ist eine Nische. Ihr glaubt nicht, was alles ankommt." Buchdrucker schaut nachdenklich und lacht dann. "Vielleicht sollte ich ihm mal schreiben, dass das ein guter Rat war."

Aber wie hat es sie eigentlich nach Prunn verschlagen? Nun, irgendwann kreuzte sich ihr Weg mit dem ihres Mannes, im Allgäu war das, auf einem Dorffest. Und irgendwann habe er gesagt, dass seine Eltern in Prunn ein Haus haben, ob sie da nicht hinziehen wollen. "Also kam ich spontan hierher. Ich habe mich dann hier so Zuhause, so geerdet gefühlt wie nirgends vorher." Nach einem zweijährigen Zwischenspiel in Weiden und Zell bei Roding zog es die Buchdruckers wieder heim. "Und ich wollte wieder arbeiten. Das hat mir gefehlt." Aber nun mit zwei kleinen Mädels zu ihren Bedingungen. Nachtarbeit? Das kam für sie nicht mehr in Frage. Also bei einer Bäckerei in der Region anheuern? Das konnte sie sich nicht unbedingt vorstellen. "Ich wollte aber die Erfahrungen, die ich gesammelt habe, nicht verlieren, sondern weitergeben." Und so sperrt sie nun freitags und samstags jeweils von 12 bis 17 Uhr die BackLiesl auf.

Das Mehl für ihre Produkte bezieht Buchdrucker von einer Bio-Mühle im Oberpfälzer Wald, auch alte Getreidesorten wie Kamut oder Emmer zum Beispiel. Wegen der Ausbackzeiten bekommen die Kunden ihr Brot stets frisch - müssen sich dafür aber auch umstellen. Auf ihrer Homepage ist neben Gewicht und Preis für jedes Produkt angegeben, wann es fertig ist und frühestens abgeholt werden kann. "Das wird aber gut angenommen, viel besser als ich dachte." Vorbestellungen - auch online - sind erwünscht, damit die Bäckerin die entsprechenden Mengen vorbereiten kann. Natürlich bemühe sie sich, Brote für Spontankäufe im Angebot zu haben. "Aber was weg ist, ist weg." Und was übrig bleibt, wird eingefroren oder den Nachbarn kredenzt - vielleicht ergibt sich dabei dann auch ein Ratsch auf dem Bankerl vor der Tür.

Die BackLiesl von Elisabeth Buchdrucker ist freitags und samstags von 12 bis 17 Uhr geöffnet. Vorbestellungen können online unter www.backliesl.bio, per E-Mail an laden@backliesl.bio oder telefonisch unter (09442) 9216737 erfolgen.

DK

Kathrin Schmied