Röttenbach
Grundlagenforschung zum Klimawandel

Bachelorarbeit zeigt positive Auswirkungen der Dachbegrünung auf dem HTI-Handelzentrum in Röttenbach

05.08.2019 | Stand 23.09.2023, 8:04 Uhr |
Johann Schrenk
Die Besuchergruppe blickt auf das begrünten Dach des HTI-Handelszentrums in Röttenbach, das eine Kooperation mit der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf gestartet hat. − Foto: Schrenk

Röttenbach (HK) Die kleine Gemeinde Röttenbach ist zwar kein Hochschulstandort, aber universitäre Ausbildung findet hier im Rahmen eines dualen Studiengangs statt, der gemeinsam vom HTI-Handelszentrum Röttenbach und der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf eingerichtet worden ist.

 


"Think twice" steht als Motto hinter dem Konzept: Theorie lernen die Studierenden an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT), praktische Erfahrungen sammeln sie in den Semesterferien bei der Firma HTI in Röttenbach. Ingenieure und Hochschuldozenten begleiten die Studierenden in extra dafür eingerichteten Praxisseminaren im Industrieviertel Röttenbachs.

Johannes Haus beispielsweise hat im Rahmen des dualen HSWT-Studiengangs "Ingenieurwesen Wasserwirtschaft" seine Bachelorarbeit zur Dachbegrünung des HTI-Handelszentrums Röttenbach angefertigt. Sein akademischer Betreuer Professor Oliver Christ präsentierte diese Arbeit im Rahmen der "Fachwelten" von HTI Röttenbach, einer seit dem vergangenen Jahr stattfindenden Veranstaltungsreihe. Zu dem aktuellen Vortragsabend hatte die Kreistagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Landkreis Roth in Zusammenarbeit mit der Unternehmerfabrik Roth eingeladen.

Seit zehn Jahren ist Oliver Christ als Lehrstuhlinhaber an der Hochschule in Weidenbach-Triesdorf tätig. Die Arbeit von Johannes Haus liegt ihm besonders am Herzen, da hier eine Studie als konkretes Anwendungsbeispiel für den Umgang mit den Folgen des Klimawandels vorgelegt wurde, die voll den "Nerv der Zeit" trifft. Wer heute den Klimawandel und seine Folgen negiere, sei "schlicht und einfach dumm", so Christ in seinem Statement zu Beginn der Präsentation.

In Christs Fakultät für Umweltingenieurwesen befassen sich die Studierenden des Studiengangs Wasserwirtschaft schwerpunktmäßig mit der Gewässerkunde, also mit der Wasserversorgung, der Abwasserableitung beziehungsweise mit den damit verbundendenen Möglichkeiten zur Energiegewinnung und mit dem Regenwassermanagement.

Die Leitfrage der Studie ist daher: Welche Rolle spielt die Begrünung von Gebäudedächern größerer Industrie-, Dienstleistungs- oder Handelsbetriebe, um der zunehmenden Aufheizung der Städte oder den Folgen der urbanen Sturzfluten - wie kürzlich in Berlin - entgegenzuwirken? Treffen Unmengen von Regenwasser auf eine harte Oberfläche, bewirkt dies in der Regel einen hohen Wasserabfluss, der zu einer Überflutung der Gebäudeumgebung führt, eine Verdunstung des Wassers nur in sehr geringem Umfang zulässt und kaum zur Aufhöhung des Grundwassers beiträgt.

Demgegenüber bewirkt eine Begrünung von Dächern - und dies sollte die Studie beweisen - wegen der Bepflanzung eine höhere Verdunstung und damit eine ergiebigere Neubildung von Grundwasser. Die Städte kühlen durch die Verdunstungsauswirkungen eher ab und die Abwasserkanäle werden durch diesen Effekt entlastet, so dass die Gefahr von Sturzfluten entscheidend verringert werden kann.

Die Dachbegrünung bildet zwar keine hundertprozentige Lösung der angesporchenen Probleme, trägt aber entscheidend zu deren Minderung bei. Um dies wissenschaftlich zu dokumentieren, widmete sich Johannes Haus bei seiner Bachelorarbeit der vom HTI-Handelszentrum installierten Dachbegrünungsanlage. Ne-ben der Grünfläche befindet sich dort auch ein unbegrüntes Areal zu Vergleichszwecken. Beide Untersuchungsflächen wurden mit diversen Messstationen ausgestattet, darunter auch zwei Lysimeter. Das sind Apparaturen zur Messung von Gewicht, Verdunstungsgrad und Abfluss des Regenwassers.

Im Ergebnis bewirkte die Einrichtung einer Dachbegrünung im Jahr 2017 eine Verringerung der Abflussmenge von 87 Prozent (ohne Begrünung) auf 47 Prozent (mit Begrünung). Im übermäßig trockenen Folgejahr 2018 fiel dieser Unterschied geringer aus. Summarisch konnten aber mit der Begrünung des Daches knapp 50 Prozent der Niederschlagsmengen zurückgehalten werden.

Auch beim Abflussverhalten bewirkte die Begrünung eine hohe Verzögerung und damit eine entscheidende Entlastung der Abwasserkanäle. Im Ergebnis beziffert Christ laut der hier vorgelegten Studie die Wasserspeicherkapazität der 10000 Quadratmeter großen HTI-Dachbegrünungsfläche auf 37 Liter pro Quadratmeter. Das ergibt ein Wasserspeicherpotential von 370 Kubikmetern.

Fragt man nach der Wirtschaftlichkeit der Dachbegrünung - ebenfalls ein Forschungsgegenstand der Studie - so stehen den höheren Kosten die geringeren Abwassergebühren und niedrigere Verschleisswerte gegenüber. Nach 40 Jahren beginne sich die Dachbegrünung beim HTI-Handelszentrum zu rechnen. 140000 Euro an Kostenersparnis seien am Ende dieses Zeitraums zu erreichen. Doch neben der Wirtschaftlichkeit, so Professor Christ zum Fazit der von ihm betreuten Studie, liegt der gewichtigere Vorteil dieser Anlagen in ihrer Ökologie und in der Entspannung der Entwässerungssituation, womit auch die Schaffung neuer nutzbarer Flächen verbunden sei.

Für die Stadt der Zukunft seien begrünte Dächer ein wichtiger Mosaikstein für die Zukunft, und Röttenbach könne stolz darauf sein, dass hier im Industrieviertel eine weit über die Region hinaus bedeutsame Grundlagenforschung betrieben wird, so Christ

 

 

Johann Schrenk

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