Ingolstadt
Größere Ligen bereiten die meisten Sorgen

Vereinsabstimmung zum Saisonabbruch im Amateur-Fußball: Version ohne Absteiger von Zweifeln begleitet - Kritik am BFV

16.05.2021 | Stand 14.07.2021, 3:34 Uhr
Wann kommt es zum Wiedersehen? Zum Kreisliga-Start im August 2019 waren die DJK Ingolstadt (Fabian Kuppe, links) und das ST Scheyern (Stefan Brandstetter) aufeinander getroffen. −Foto: M. Schoch

Ingolstadt - Noch immer ist die unterbrochene Amateurfußball-Saison 2019/20 nicht offiziell abgebrochen.

Dass es aber dazu kommen wird, steht inzwischen fest. Nun sind einmal mehr die Vereine gefragt. Denn in einer Abstimmung, die bis Dienstag (10 Uhr) läuft, sollen sie zwischen zwei Varianten entscheiden, wie die Saison gewertet wird.

Eigentlich stand über den im Herbst 2020 verabschiedeten Paragraf 93 bereits fest, dass "Variante 1" (Anwendung der Quotientenregel; mit Auf- und Absteigern; keine Relegation) bei einem vorzeitigen Saisonabbruch zum Einsatz kommt. Da der Widerstand gegen dieses Szenario zuletzt immer größer wurde, bringt der Bayerische Fußball-Verband (BFV) nun "Variante 2" ins Spiel. Die besagt: Für die Tabelle kommt die Quotientenregel (Punktanzahl geteilt durch die Anzahl der absolvierten Spiele) zur Anwendung. Es soll keine Absteiger geben, aufsteigen werden neben den Bestplatzierten auch die Klubs auf dem Aufstiegs-Relegationsplatz.

Eine Variante, die Ludwig Schmidt befürwortet. "Ich bin ein Verfechter davon, den Abstieg auszusetzen", sagt der Spielleiter des Fußballkreises Donau/Isar. Allerdings wolle er den Vereinen auch vor Augen führen, welche gravierenden Auswirkungen dies hätte: "In der Kreisliga und Kreisklasse hätten wir dann kommende Saison 16 Teams pro Liga, in der A-Klasse 14 bis 15, in den B- und C-Klassen dagegen teilweise nur noch zehn. "

Auch die Ligen auf Bezirks- und Verbandsebene würden aufgebläht. "Die Bezirksliga Nord würde aus 20 Teams bestehen. " Den Vereinen müsse klar sein, dass es bei Anwendung der "Variante 2" in den kommenden beiden Spielzeiten eine größere Zahl an Absteigern geben würde und die Spielpläne der einzelnen Klassen nicht mehr zueinander passen. "Nur noch in wenigen Fällen wird dann eine zweite Mannschaft das Vorspiel vor ihrer ersten Mannschaft bestreiten können", sagt Schmidt. Zudem könnte es zu Terminschwierigkeiten und Englischen Wochen kommen.

Sollten die meisten Vereine für eine Wertung ohne Absteiger stimmen, werde sich der Kreisspielleiter über einen anderen Modus Gedanken machen. Wie berichtet, schwebt ihm eine Einfachrunde mit anschließender Teilung der Ligen in eine Auf- und eine Abstiegsrunde vor, die auch mit Play-offs ausgespielt werden könnten. Wir haben uns bei Vereinen aus der Region umgehört, wie sie das Thema sehen.

? SV Manching (8. Platz, Bezirksliga Oberbayern Nord): "Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir uns das Ganze gelassen aus der Ferne anschauen können. Endgültig entschieden haben wir uns noch nicht, da werden wir uns noch entsprechend austauschen", sagt Trainer Florian Stegmeier. Es werde wohl auf eine Bauchentscheidung hinauslaufen. Denn beide Varianten hätten Vor- und Nachteile. "Gibt es keine Absteiger, hätten wir in der nächsten Spielzeit ein paar Englische Wochen mehr. Das sehe ich eher skeptisch, weil wir auch Schichtarbeiter und Studenten haben, die dann nicht immer zur Verfügung stehen würden. Anderseits wird Mannschaften wie dem SV Sulzemoos, der erst kurz vor dem zweiten Lockdown auf einen Abstiegsplatz gerutscht ist, die Möglichkeit genommen, sich sportlich unten herauszuarbeiten. " Stegmeier findet, dass es in dieser schwierigen Zeit kein eindeutiges Falsch oder Richtig gibt. "Wichtig ist für mich vor allem, dass mit dem Abbruch dann endlich Klarheit herrscht und man nicht versucht, die Saison mit Hängen und Würgen mit ein paar vereinzelten Spielen mehr zu Ende zu bringen. "

? Türkisch SV Ingolstadt (16. Platz, Bezirksliga Oberbayern Nord): "Unsere Tabellenplatzierung sagt alles", erklärt Trainer Günay Gürses. "Bislang war immer von einem Neuaufbau in der Kreisliga die Rede. Sollte das Votum der Vereine so ausfallen, dass es keine Absteiger gibt, dann würden wir uns unter Umständen auch nächstes Jahr in der Bezirksliga stellen. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass der Bayerischen Fußball-Verband die Auf- und Absteiger hätte festlegen müssen und nicht die Vereine darüber entscheiden sollen. Jetzt versucht natürlich jeder die Bestimmungen zu seinen Gunsten auszulegen. Wenn es nur Aufsteiger aber keine Absteiger geben sollte, führt das zur neuen Saison zu einer größeren Liga und einem verstärkten Abstieg. Das zieht im Amateurbereich nur Probleme nach sich, weil man nicht die Breite im Kader hat, um für die Vielzahl der Spiele gewappnet zu sein. "

? DJK Ingolstadt (6.Platz, Kreisliga Donau/Isar): Michael Dittenhauser wundert sich, dass es nun noch einmal zu einer Abstimmung kommt. "Eigentlich hatten wir mit dem Paragraf 93 doch eine Regelung getroffen. Dieses Rumgeeiere des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV) kann ich ehrlich gesagt nicht wirklich nachvollziehen", sagt der DJK-Trainer. Nun würden die Vereine, die auf den Abstiegsrängen stehen vermutlich "zu hundert Prozent" für die Variante zwei stimmen, "was ja irgendwie auch logisch ist". Ob dies aber die beste Lösung für alle sei, daran hat Dittenhauser seine Zweifel. "Wir von der DJK stehen im Niemandsland der Tabelle und können natürlich sehr locker auf die Dinge schauen. Aber ich favorisiere schon eine Lösung mit Auf- und Absteiger - nicht zuletzt deshalb, weil wir dann in der kommenden Saison weiterhin normale Ligen haben. " Die größte Sehnsucht hat der Trainer aber vor allem nach einer endgültigen Klärung, "damit wir wissen wo wir dran sind und wann es weitergeht. " Sein Wunsch: "Sechs bis sieben Wochen Vorbereitung im Sommer und dann ein normaler Saisonstart, damit wir endlich wieder Fußballspielen und über Ergebnisse reden können. "

? ST Scheyern (14. Platz, Kreisliga 1 Donau/Isar): Trainer Matthias Hoiß ist enttäuscht darüber, dass der BFV die Entscheidung auf die Vereine abwälzt: "Auf den ersten Blick ist es ja nett, dass auch Vereine wie wir mit entscheiden können, ob sie die Klasse halten wollen oder nicht. " Allerdings sei durch die Thematik Unruhe im Verein entstanden: "So eine Meinungsbildung kann einen Keil zwischen die Mitglieder treiben. " Teams, die gesichert sind, täten sich bei der Abstimmung natürlich leicht. "Vereine wie wir stehen jetzt aber vor der Frage: Ist der Abstieg vielleicht besser, weil wir für die aktuelle Liga nicht stark genug sind? Und wie kann man diese Ansicht gegenüber den Spielern vertreten? "

? TSV Hohenwart (7. Platz, Kreisliga 1 Donau/Isar): "Da drei Viertel der Saison gespielt sind, ist die Tabelle für mich auf jeden Fall aussagekräftig. Folglich ist es auch nur fair, dass Mannschaften sportlich auf- beziehungsweise absteigen", sagt Michael Hörmann, der Fußballchef des Kreisligisten, der als Siebter in der Liga bleiben würde.

? TSV Reichertshofen (12. Platz, Kreisklasse 2 Donau/Isar): Der TSV Reichertshofen ist für einen Abbruch der Spielzeit ohne Auf- und Absteiger. Nach 19 gespielten Partien steht der TSV mit 13 Punkten auf dem zwölften Rang, der die Relegation bedeuten würde. "Das kann man einfach nicht machen, dass man nach zwei Dritteln der Saison Teams nach unten oder oben schickt. Zudem erachte ich es nicht für sinnvoll, wenn die oberen Ligen aufgestockt und die unteren ausgedünnt werden. Ich habe mit vier anderen Vereinen gesprochen, die der selben Meinung sind", sagt Abteilungsleiter Konrad Oswald.

? FC Hitzhofen/Oberzell (8. Platz, Kreisliga Donau/Isar): Der FC Hitzhofen befindet sich in einer komfortablen Situation. "Wir sind nicht betroffen, weil unsere Mannschaft im Mittelfeld stehen", sagt Fußball-Abteilungsleiter Christoph Bauer. Im Verein geht die Tendenz klar in Richtung eines Votums für die Quotientenregelung mit Absteigern. "Andernfalls würde es zu größeren Ligen kommen, mit mehr Spielen und womöglich auch Spieltagen unter der Woche", erklärt Bauer. Deswegen präferiert der FC die Variante mit einem "einmaligen Cut", auch wenn die Regelung ohne Absteiger die fairere Lösung sei. Dass es überhaupt zu einer Abstimmung unter den Vereinen kommt, wertet Bauer als Absicherungsstrategie des BFV.

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