Beilngries
"Gesundheit vor Profit"

Bürgerinitiative demonstriert vor der Stadtratssitzung - Antrag für Mobilfunkmast zurückgestellt

05.07.2019 | Stand 23.09.2023, 7:39 Uhr
"Wir funken dazwischen - Gesundheit vor Profit": Mit dieser Parole und zahlreichen Plakaten haben am Donnerstag gut 80 Bürger vor der Stadtratssitzung demonstriert. Sie wollen verhindern, dass nur etwa 130 Meter von Eglofsdorf entfernt ein Mobilfunkmast errichtet wird. −Foto: F. Rieger

Beilngries (DK) Die Bürgerproteste gegen einen geplanten Mobilfunkmast bei Eglofsdorf haben Wirkung gezeigt. Die Stadträte beschlossen am Donnerstagabend, eine Änderung des Flächennutzungsplans (FNP) zur Ausweisung von Konzentrationsflächen "Mobilfunk" vorzunehmen. Damit will die Gemeinde die Entscheidung, wo man sich solche Anlagen vorstellen kann und wo nicht, selbst in die Hand nehmen. Der Antrag für den Mast bei Eglofsdorf wurde für die Phase der FNP-Änderung zurückgestellt.

Deutlicher kann man nicht für die eigenen Interessen eintreten. Gut und gerne 80 Personen demonstrierten am Donnerstagabend vor der Stadtratssitzung auf Einladung der Bürgerinitiative "Wir funken dazwischen" am Beilngrieser Rathaus. Mit zahlreichen Plakaten und ihrem Schlachtruf "Wir funken dazwischen - Gesundheit vor Profit" brachten sie ihre Überzeugung zum Ausdruck, dass bei dem vorliegenden Bauantrag für eine Mobilfunkanlage bei Eglofsdorf der geplante Abstand von 130 Metern zur Wohnbebauung viel zu gering sei.

Bei der Sitzung brauchten die Eglofsdorfer und ihre Unterstützer dann zunächst etwas Geduld. Erst nach knapp eineinhalb Stunden war ihr Tagesordnungspunkt an der Reihe. Bürgermeister Alexander Anetsberger (CSU) erläuterte dabei noch einmal die Vorgeschichte - und wie sehr sich die Vorzeichen bei diesem Thema geändert haben. Denn wenn er in den vergangenen Jahren mit dem Thema Mobilfunk konfrontiert worden sei, dann immer nur mit Beschwerden - vornehmlich vom Altmühlberg -, dass es dort keinen ausreichenden Handyempfang gebe. Daher habe man als Stadt im vergangenen Herbst durchaus erfreut registriert, dass von Betreiberseite nun endlich ein gewisses Interesse an einem Ausbau der Versorgung in der Großgemeinde zu erkennen war. Als dann im Mai ein Antrag der Firma Vodafone auf Errichtung eines Sendemastes bei Eglofsdorf einging, sei man "nicht traurig" darüber gewesen. Bei der Juni-Sitzung wurde der Antrag auf Wunsch des Eglofsdorfer Stadtrats und Ortssprechers Josef Schneider (BL/FW) noch nicht behandelt - und in der Folge formierte sich der Protest. Wie berichtet, gründete sich eine Bürgerinitiative. Sie wies darauf hin, dass es sich hierbei keineswegs um einen Mast handeln sollte, der nur den Handyemfpang in den Nachbardörfern sicherstellt. Vielmehr sei der Hintergrund der 5G-Ausbau - mit völlig unerforschten Auswirkungen auf die Gesundheit der Anwohner, so die Klage der Bürgerinitiative. Vorgespräche mit Stadt, Bürgermeister und Stadträten wurden geführt. Mehrere Bürgerliste-Stadträte und Claudia Bach (parteilos) beantragten im Vorfeld der Sitzung die Aufnahme eines Tagesordnungspunktes "Erstellung eines Mobilfunkvorsorgekonzeptes", da man entsprechende Anträge auch auf andere Gemeindebereiche zukommen sieht - und so fieberten letztlich alle den Entscheidungen am Donnerstagabend entgegen.

Anetsberger machte dazu dann keine großen Umschweife mehr. Allen Beteiligten seien die Befürchtungen der Eglofsdorfer mehr als deutlich geworden. Man sei zu der Überzeugung gekommen, "dass wir erst ermitteln wollen, wie wir den Ausbau des Mobilfunks in unserer Gemeinde regeln wollen", bevor man einem konkreten Bauantrag zustimmen könne. Eine kurze Debatte gab es dann noch zwischen Anetsberger auf der einen und Schneider/Anton Bauer (BL/FW) auf der anderen Seite über die konkrete Vorgehensweise. Letztlich einigte man sich im Gremium aber einstimmig auf folgenden Weg: Man fasste den Beschluss zur Erstellung eines Mobilfunkvorsorgekonzepts. Vorab will Anetsberger - zusammen mit der Bürgerinitiative - aber noch Gespräche mit den potenziellen Mobilfunkbetreibern führen, ob diese von sich aus bereit wären, Standorte zu suchen, die für die Bürger akzeptabel sind. Sollte dies nicht gelingen, ist die Verwaltung ermächtigt, die Erstellung eines solchen Konzeptes in Auftrag zu geben.

Außerdem wurde die Änderung des FNPs beschlossen. Auf dieser Basis wurde der vorliegende Antrag zurückgestellt. Er muss nun erst wieder behandeln werden, wenn besagtes Änderungsverfahren abgeschlossen ist - und dann könnte die Gemeinde über eine ganz andere Handhabe verfügen, um diesen mit Verweis auf Flächen, auf denen man sich Mobilfunkanlagen vorstellen kann (oder eben nicht), hieb- und stichfest abzulehnen.

Einen allgemeinen Hinweis gab es allerdings noch von Georg Harrer (CSU), der aus seiner beruflichen Tätigkeit ein breites Wissen zu solchen Themen hat. Bei Mobilfunkanlagen sei nicht nur der Abstand zu Wohnhäusern entscheidend, betonte er. Im Gegenteil könne es sogar deutlich problematischer sein, wenn ein Handy am Körper große Anstrengungen leisten muss, um das Signal von einem weit entfernten Sendemast zu empfangen. Der allergrößte Teil der Mobilfunkstrahlung entstehe aktuellen Untersuchungen zufolge im direkten Alltags-Umfeld der Menschen, so Harrer. Diese Thematik müsse und werde bei einem solchen Konzept auch Beachtung finden, fasste er zusammen.

 

Kommentar

Die Großgemeinde Beilngries hat in den vergangenen Wochen einige Glanzstunden der Demokratie erlebt. Ob nun beim geplanten Mobilfunkmast nahe Eglofsdorf oder bei der Juraleitung − die Bürger bringen sich ein, setzen sich mit Vorhaben bei ihren Heimatdörfern auseinander und stehen dann auch entschieden für ihre Positionen ein. Das ist ihr gutes Recht, schließlich sind  sie es auch, die  mit den Folgen der privatwirtschaftlichen Bauvorhaben und der politischen Entscheidungen leben müssen. Dass die Stimme der Bürger gehört wird − vor allem im Vorfeld einer Wahl − hat sich nun am Eglofsdorfer Beispiel wieder eindrucksvoll gezeigt.

Freilich geht es nicht darum, grundsätzlich gegen alles zu sein und ohne triftige Argumente einfach nur zu protestieren oder Vorhaben zu blockieren. Wenn die Bürgerbeteiligung aber so fundiert und fair abläuft, wie jetzt in Eglofsdorf  und auch in Kottingwörth und Kevenhüll in Sachen Stromleitung, dann stellt das einen wichtigen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung und zur Entscheidungsfindung dar.  Und das ist tausend Mal besser, als Dinge einfach geschehen zu lassen und hernach am Stammtisch zu schimpfen, dass die Politiker ja sowieso machen, was sie wollen. Die Lehre aus den vergangenen Wochen und aus der Stadtratssitzung am Donnerstag mit Rekordbesuch kann daher nur sein: Weiter so und nicht locker lassen!

Fabian Rieger