Gesellenhaus und Schützenheimat

Wieder geht ein Stück Neuburger Wirtshaustradition zu Ende: Noch heuer schließt die Wirtschaft Assmann-Kreil, das Gasthaus Zum Leinfelder. Stadtheimatpfleger Roland Thiele hat für unsere Zeitung einen Blick in dessen lange Geschichte geworfen.

13.03.2019 | Stand 02.12.2020, 14:26 Uhr
Eine Fotografie aus dem Jahr 1915: Das heutige Gasthaus Assmann-Kreil (unten) schließt im Laufe des Jahres. Das Original des Fotos oben hängt in der Gaststube. Augenfällig in der ehemaligen Gästestallung ist das Gewölbe, das von einer sehr schön gearbeiteten Steinsäule getragen wird (unten rechts). −Foto: Thiele/Repro: Thiele

Wieder geht ein Stück Neuburger Wirtshaustradition zu Ende: Noch heuer schließt die Wirtschaft Assmann-Kreil, das Gasthaus Zum Leinfelder. Stadtheimatpfleger Roland Thiele hat für unsere Zeitung einen Blick in dessen lange Geschichte geworfen.

Nachdem in letzter Zeit einige historischen Gasthäuser, zum Beispiel die Wirtschaft "Zum Streidl" und die ehemalige Brauereigaststätte "Zum Kieferl", geschlossen haben, gibt nun auch die Familie Kreil den Betrieb ihres Gasthauses auf. Das Haus selbst steht unter Denkmalschutz und man kann hoffen, dass sich vielleicht für die Gastronomie ein Nachfolger findet, der es im alten Stil weiter betreibt. Sonst wäre zu befürchten, dass das Traditionshaus für Neuburg nicht mehr als Stammkneipe, als Treffpunkt mancher Vereine, als Ort von Faschingsfeiern und Familienfesten dienen kann.

Erstmals erwähnt wird das Gebäude im Jahre 1647 - also noch im Dreißigjährigen Krieg - als Zapfenwirtshaus eines Georg Koch. Im Steuerkataster von 1728 wird dann Peter Koch als Besitzer des zweistöckigen Hauses genannt. Ab 1735 ist sein Nachfolger der Zapfenwirt Kaspar Mühling, genannt "Leinfelder". Auf ihn geht also wohl dieser Wirtsname zurück. Die Zapfenwirte hatten für ihre relativ eingeschränkte Konzession jährlich 45 Kreuzer Zapfengeld zu bezahlen. Sie durften nur weißes Bier - eine Art helles Bier, nicht zu verwechseln mit dem heutigen Weißbier - ausschenken und auch nur ganz eingeschränkt Speisen anbieten.

Ab Dezember 1773 hat dann Joseph Säckler die Wirtschaft erworben. Er beantragte am 29. Oktober 1778 die Übernahme der Taferngerechtigkeit "Zum goldenen Hirschen", die vorher zu einem Gasthaus gehörte, das wegen des Kasernenbaus am heutigen Platz der Deutschen Einheit abgebrochen werden musste. Diese Konzession war ein grundstücksgleiches Recht, das vererbt oder auch gesondert vom Grundstück mit Genehmigung der Pfalz-Neuburger Regierung weiterverkauft werden konnte. Die Regierung stimmte schließlich trotz Einwänden der übrigen städtischen Bierbrauer und Weinwirte dem Kauf der Konzession um 100 Gulden zu. Der jährlich von Säckler zu zahlende Tafernzins hat sieben Gulden, dreißig Kreuzer betragen. Als Wirt hatte Säckler nun nicht nur das öffentliche Schankrecht für Wein, Bier und Branntwein. Außerdem besaß er das Herbergs- und Gastrecht und musste Fremdenstallung unterhalten, deren Gewölbe und schöne Säule man heute noch neben der Toreinfahrt des Anwesens bewundern kann. Weiterhin durfte er bei Hochzeiten, Taufen, Beerdigungen und auch sonst festliche Mahlzeiten ausrichten. Der nach außen sichtbare Ausweis einer Taferne war das Wirtshausschild. Als im 19. Jahrhundert in Neuburg Straßennamen allgemein eingeführt wurden, erhielt die Straße, an der das Anwesen steht, nach diesem Wirtshausschild den Namen Hirschenstraße. Im 19. Jahrhundert war nach Michael Schuster 1853 eine Babette Kelle Tafernwirtin "Zum Goldenen Hirschen". Das Gasthaus diente ab 1854 als Herberge des Gewerbsvereins der Maurer-, Zimmerer- und Steinhauer-Gesellen. Auch als 1856 auf sie Alois Kastner als Gastwirt folgte, der sich "Bierwirt zum Leinfelder" nannte, blieb er Herbergsvater der Neuburger Gesellen. Die drei Altgesellen hafteten persönlich dafür, dass bei den Versammlungen Ruhe und Ordnung herrschten und keine anderen Personen an der Abendunterhaltung teilnahmen.

Zu einer solchen Tafernwirtschaft gehörte auch eine Landwirtschaft mit Viehhaltung. Das war auch beim Leinfelderwirt der Fall. Der Wirt war berechtigt, für den Bedarf der Gaststätte selbst zu schlachten. Deswegen gab es aber immer wieder Streitigkeiten mit den Metzgern, die die Schlachtung allein für sich beanspruchten. Deswegen hat wohl schon Mädl neben seiner Gastwirtschaftskonzession eine reale Schlachtgerechtsame erworben und war damit auch Mitglied der Metzgerinnung. In dieser Zeit wurde dann der Metzgerladen in das Haus eingebaut.

Jedenfalls erwarb 1904 das Ehepaar Joseph und Elisabetha Oswald aus Straß das Anwesen samt Grundbesitz und radizierter Tafern- und Schlachtkonzession für 67000 Mark, in denen 15000 Mark für Inventar enthalten waren. 1921 kauften dann die Eheleute Friedrich und Anna Assmann das Haus mit Gastwirtschaft, Saal, Laden und Stall, wozu im Hof noch ein Wasch- und Schlachthaus gehörte. Damals gab es noch mehrere solcher Wirtshaussäle in Neuburg, die besonders in Faschingszeiten für Bälle aber auch für sonstige größere Veranstaltungen genutzt wurden. Einen Nebenraum des Saales nutzte bis in die jüngste Zeit der Neuburger Trachtenerhaltungsverein und im Saal selbst bauen bis heute die Mitglieder der Schützengesellschaft Erheiterung ihre Schießstände auf.

An die Familie Kreil kam das Gasthaus 1935, als die Witwe Anna Assmann den Besitz an ihre Tochter Rosina und deren Ehemann Otto Kreil, nun Gastwirt zum Leinfelder, übergab. Seit den 70er-Jahren des 20. Jahrhundert führte dann der Sohn Fritz Kreil mit seiner Ehefrau Eleonore die Traditionsgaststätte. Nach seinem Ableben übernahm seine Witwe "Elli" ganz in seinem Sinne und zur Genugtuung und Freude ihrer zahlreichen Stammgäste mit ihrer bayrischen Küche, den traditionellen Schafkopfturnieren und beliebten Stammtischen und Veranstaltungen das Haus und verkörperte in ihrer Person die echt bayrische Taverne "Zum Goldenen Hirschen", "Zum Leinfelder" und zum Assmann-Kreil.