Eichstätt
Gegenpol zur klassischen Hochkultur

Wettkampf der Komponisten: In Eichstätt findet der weltweit erste Composer Slam statt

04.02.2013 | Stand 03.12.2020, 0:32 Uhr

Julius Füg (links) und Simon Kluth haben sich den Composer Slam ausgedacht. Heute Abend ist Weltpremiere in Eichstätt - Foto: Privat

Eichstätt (DK) Bisher kannte man den 22-jährigen Musikstudenten Julius Füg hauptsächlich wegen seiner älteren Schwester, der Poetry-Slammerin Pauline. Das könnte sich jetzt allerdings ändern. Denn der Student an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt betritt mit einem eigenen Projekt absolutes Neuland. Zum weltweit ersten Mal wird am heutigen Dienstag ein Composer Slam ausgetragen, ein Wettkampf der Komponisten. Was es damit auf sich hat, erklärte er unserem Redakteur Jesko Schulze-Reimpell.

Wie kamen Sie auf die Idee, Komponisten zum Wettstreit aufzufordern?

Julius Füg: Die grundsätzliche Idee für den Composer Slam kommt von Simon Kluth aus Hannover. Inspiriert wurde er durch meine Schwester, die ihn in die Poetry-Slam-Szene eingeführt hatte. Kluth studiert Geige und macht gerade sein Diplom. Er kommt eher von der klassischen Musik, der Hochkultur. Er beobachtete, dass zu klassischen Konzerten eher ein Stammpublikum kommt und für viele Leute der Zugang nur schwer möglich ist. Er sieht die Notwendigkeit, für Nachwuchs beim Klassik-Publikum zu sorgen. Und das kann nur gelingen, wenn man von den eingefahrenen Schienen der Klassik-Vermittlung wegkommt, von Kompositionsaufträgen usw. Alles sollte etwas demokratischer werden, auch der ganz normale Musikkonsument sollte mitentscheiden können, was gespielt wird. Ich lernte Simon bei einem gemeinsamen Auftritt kennen – von der Idee begeistert, entwickelten wir das Konzept des Composer Slam sofort weiter. In meinem Studium habe ich den Schwerpunkt auf den Bereich Musikvermittlung gelegt und sofort das Potenzial des Formats gesehen.

 

Wie ähnlich ist denn das Konzept des Composer Slam dem Poetry Slam?

Füg: Letztendlich läuft das ziemlich analog. Es gibt ja auch Science Slams, bei dem Wissenschaftsinhalte vermittelt werden, oder Singer-Songwriter Slams. Bei uns treten eben Komponisten mit Werken an, die sie sich selbst auf den Leib geschrieben haben. Auch hier ist wieder das Publikum die Jury.

 

Was für eine Resonanz gab es bei den Komponisten?

Füg: Für die ersten drei Slams haben wir vor allem Komponisten, die in Hannover oder in Eichstätt studieren, angeschrieben. Die Idee wurde überall sehr gut aufgenommen. Viele haben uns geschrieben, dass sie es toll finden, dass auch einem breiteren Publikum Instrumentalmusik durch dieses Wettbewerbsprinzip vermittelt werden kann. Viele schreiben allerdings auch, dass sie diesmal noch nicht teilnehmen könnten, weil sie nicht die passenden Stücke parat haben. Die meisten Komponisten sind eben gewohnt, für ein großes Ensemble zu schreiben, nicht aber für sich selbst.

 

Nehmen nur jüngere Komponisten am Slam teil?

Füg: Wir haben weitgehend nur Studenten angeschrieben. So ist der älteste Teilnehmer etwa 29 Jahre alt.

 

Welche Musikrichtungen sind denn zugelassen?

Füg: Es ist alles erlaubt – solange es reine Instrumentalmusik ist. Denn wir wollen uns vom Singer-Songwriter-Slam abgrenzen.

Instrumentale Kompositionen kann man heute aber auch durch den Computer erklingen lassen.

Füg: Ja, in Eichstätt haben wir auch eine Komponistin, die elektroakustische Musik vorführt, die man eigentlich nur abspielt. Wir erwarten aber auch irgendeine Art von Performance auf der Bühne. Julia Mihàly wird deshalb zumindest die elektronisch erzeugten Töne live am Mischpult manipulieren.

 

Eine gewisse Show ist also auf jeden Fall zu erwarten?

Füg: Wichtig ist uns, dass die Musik nicht nur abgespielt oder vorgetragen wird, sondern dass dem Publikum ein Zugang zur Musik vermittelt wird. Die Komponisten werden sich also kurz vorstellen, ihren musikalischen Hintergrund erläutern, warum sie das Stück komponiert haben, und erklären, was daran so besonders ist. Damit sollte auch schwierige klassische Musik für das Publikum zugänglich werden.

 

Es treten also in erster Linie klassische Komponisten auf?

Füg: Nun ja, die sechs Komponisten an dem Abend spielen teilweise auch in Bands. Aber meistens kommen sie doch eher aus der klassischen Ecke.

 

Ist eine Fortsetzung geplant?

Füg: Auf jeden Fall. Diese Woche sind die ersten drei Slams in Eichstätt, Hannover und Berlin. Aber wir haben schon Anfragen für Hamburg und Lüneburg. Wir probieren das jetzt und hoffen, dass bald auch andere Veranstalter interessiert sind. Simon Kluth und ich sind völlig überzeugt von dem Konzept. Denn ein Gegenpol zur klassischen Hochkultur ist dringend nötig.

 

Der Composer Slam findet heute, 20 Uhr, im Musiksaal der Universität Eichstätt statt.